Die nächste Unwetterwarnung vor Starkregen ist da. Baudezernent Klaus Müller erklärt, warum dann wieder auch neue Kanäle überlaufen können.

Massive Unwetter können auch neugebaute Kanalsysteme überfordern. Darauf weist die Stadt hin mit Blick auf eine neue Unwetterwarnung für Bottrop vor Starkregen bis Donnerstag und eine Anfrage der AfD zu den neuen Kanälen etwa an der Schneiderstraße und den erheblichen Überflutungen am ersten Juliwochenende in Kirchhellen.

Baudezernent Klaus Müller betont, dass der letzte Starkregen im Dorf lokal außergewöhnlich große Niederschlagsmengen brachte und deshalb kein Maßstab für die Kanalisation sein kann: „Kein Regenereignis ist wie das andere und immer wieder treten extreme, meist lokal begrenzte Starkregen auf.“ Dies wurde auch für das Regenereignis vom 4. Juli an den Messstellen der Emschergenossenschaft registriert.

„Jahrhundertregen“ am Flugplatz

Wie punktuell und unterschiedlich die Belastung sein kann, zeigen Messungen am Flugplatz Schwarze Heide und in Feldhausen. Am Flugplatz gab es einen extremen Starkregen (Starkregenindex 9 von 12 auf der Skala der Emschergenossenschaft) mit einer statistischen Wiederkehrzeit deutlich seltener als einmal in 100 Jahren, also einen der berüchtigten „Jahrhundertregen“. An der Messstelle Feldhausen wurde hingegen gar kein Starkregen gemessen.

In den geltenden Regelwerken ist beschrieben, dass bei der Dimensionierung der Kanalisation regelmäßig auch Zustände berücksichtigt werden, in denen die Rohrgröße einfach nicht mehr ausreicht, um das ankommende Wasser abzuführen. Es wird dann bewusst im Kauf genommen, dass es bei seltenen Ereignissen zu Schäden kommen kann.

Überstau und Überflutung: Der Unterschied

Dabei wird unterschieden zwischen dem Überstau und der Überflutung. Der Überstau wird definiert als temporärer Austritt von Wasser aus der Kanalisation auf die Straße. Dieser Zustand darf laut Regelwerk recht häufig erfolgen, in Wohngebieten beispielsweise knapp einmal in drei Jahren. Ein Schaden darf aber durch einen solchen Überstau nicht entstehen.

Bei einer Überflutung tritt das Wasser nicht nur aus der Kanalisation an die Oberfläche aus, sondern es können dadurch auch Schäden entstehen. Sie ist definiert als ein „Zustand, bei dem Schmutzwasser und/oder Regenwasser aus einem Entwässerungssystem entweichen oder nicht in dieses eintreten können und entweder auf der Oberfläche verbleiben oder in Gebäude eindringen.“ Eine Überflutung darf nach den Regelwerken deutlich seltener auftreten als der Überstau. Für Wohngebiete beispielsweise im langjährigen statistischen Mittel seltener als einmal in 20 Jahren.

Messreihen aus der Vergangenheit

Knackpunkt der Regelungen: Ausschlaggebend für die Dimensionierung sind nicht Prognosen für künftige Starkregenfällen. Die Auslegung der Kanalisation beruht im Gegenteil auf zurückliegenden Messreihen. In der Statistik werden die Regenereignisse ihrer Stärke nach sortiert und überprüft, in welchen Abständen sich vergleichbare Ereignisse wiederholen. Bei schwächeren Regen geschieht dies öfter, bei stärkeren seltener. Da es sich bei dieser Wiederkehrzeit jedoch um eine statistische Auswertung handelt, können theoretisch sogar an zwei Tagen in Folge Ereignisse eintreten, die statistisch gesehen jeweils nur einmal in 100 Jahren auftreten. Diese Ereignisse würden wiederum in zukünftige Statistiken einfließen.

Außerdem muss die Stadt noch Unterschiede machen zwischen dem Norden und Süden der Stadt: Wenn demnächst der Bottroper Süden von einem Starkregen betroffen wäre, dürfte das Ereignis nicht mit dem vom 4. Juli in Kirchhellen in Verbindung gebracht, sondern müsste mit den im Süden gefallenen Niederschlägen verglichen werden.

Emschergenossenschaft appelliert an Eigentümer

„Wasserverbände und Kommunen kümmern sich um den Umbau des Ruhrgebietes zur so genannten Schwammstadt“, sagt Andreas Giga, Leiter der Serviceorganisation der Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“bei der Emschergenossenschaft. „Aber private Hausbesitzer müssen ebenfalls etwas tun, um sich vor Starkregen zu schützen.“ Denn jeder Hausbesitzer ist selber dafür verantwortlich, dass sein Keller nicht überflutet wird.Zwar stehen die Kommunen beim Thema Starkregen in der Vorsorgepflicht, aber nur gemeinsam mit Eigentümerinnen und Eigentümern sei eine wirksame Starkregenvorsorge in allen Bereichen möglich. Maßnahmen für Immobilien- oder Grundstückseigentümer sind der Einbau von Pumpen oder von Rückstauverschlüssen.