Bottrop. Der Bottroper Reinhard Kamps sammelt seit Jahrzehnten Briefmarken. Kein Wunder, dass er auch Produkte besitzt, die in der Pandemie entstanden.

Reinhard Kamps hat Post von einem Kollegen aus Österreich bekommen. Das ist eigentlich nichts Außergewöhnliches. Als sich der Philatelist allerdings den Brief genauer anschaut, ist er überrascht. Darauf zu sehen ist eine Sonderbriefmarke aus Klopapier. Die österreichische Post hat diese Marke am 30. Oktober des vergangenen Jahres ausgegeben. Die Post bezeichnet die Aktion „als ironische Anspielung auf die Hamsterkäufe“.

Man erinnert sich an die Bilder zum Beginn der Pandemie als Toilettenpapier in Massen über die Ladentheke ging. In Kooperation mit einem österreichischen Hersteller für Klopapier wurde geplant und getestet. Die Verarbeitung gestaltete sich schwierig, wie die Post zur Ausgabe erklärt. Das Toilettenpapier ist nämlich zu weich und reißt, sobald es in Kontakt mit Feuchtigkeit kommt. Eine Nassklebung kam nicht in Frage. Letztlich löste das Problem eine Selbstklebefolie aus Naturfaserpapier, die sich auf der Rückseite des Toilettenpapiers befindet.

Sonderbriefmarke aus Klopapier: Die österreichische Post hat diese Marke am 30. Oktober ausgegeben.
Sonderbriefmarke aus Klopapier: Die österreichische Post hat diese Marke am 30. Oktober ausgegeben. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Bei der Anfertigung zeigt sich die Liebe zum Detail. Optisch ist der Druck groß wie ein WC-Blatt, sogar die typische Perforierung und die gepunktete Struktur sind vorhanden. Der aufgedruckte Babyelefant soll helfen, den Abstand zu Mitmenschen einzuschätzen. Denn in Österreich galt zum Zeitpunkt der Ausgabe ein Mindestabstand von einem Meter.

Man muss nicht das gesamte WC-Blatt verschicken, eine kleine Marke ist eingestanzt. Das Porto beträgt 2,75 Euro, dazu kommt ein Zuschlag von 2,75 Euro für einen karitativen Zweck. Die Gesamtauflage umfasst 300.000 Stück.

Nun nennt Reinhard Kamps diese exklusive Sondermarke sein Eigen und bekommt einen Platz in seiner ohnehin schon umfangreichen Sammlung. Der Experte erklärt: „Früher benötigte man für die Briefmarke ein spezielles Briefmarkenpapier wegen möglicher Fälschungen.“ Mittlerweile sei es aber erlaubt, dass die Marke aus anderen Materialien besteht. Die österreichische Sonderbriefmarke aus Klopapier befindet sich bei ihm in bester Gesellschaft. Denn er besitzt zum Beispiel auch welche aus Seidenpapier und Kunststoff, hergestellt aus recycelten PET-Flaschen.

Der Verein wollte sein 90-jähriges Bestehen feiern

Briefmarkensammler kommen momentan eher selten in den Genuss, einen persönlichen Blick auf seine Klopapier-Marke zu werfen. Schuld ist Corona. Tauschtage und Stammtische mit mehreren Personen können nicht stattfinden. Und Auktionen sind nur digital möglich. Besonders traurig: Im vergangenen Jahr hätte der Briefmarkensammler-Verein Bottrop sein 90-jähriges Bestehen gefeiert. In der Alten Börse an der Kirchhellener Straße sollte die Veranstaltung über die Bühne gehen.

Briefmarkensammler Reinhard Kamps besitzt  mehrere Corona-Sondermarken.
Briefmarkensammler Reinhard Kamps besitzt mehrere Corona-Sondermarken. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Wir hätten eine echte Rarität ausstellen können“, sagt Reinhard Kamps. „Den berühmten Hiroshima-Brief“. Er überlebte den Atombomben-Angriff von 1945, weil er in einem Tresorraum einer Bank in der japanischen Stadt lagerte. „Der Brief ist noch heute stark verstrahlt“, erklärt Kamps. Deswegen befindet er sich in einer Bleimanschette und hinter dickem Panzerglas. Den Briefumschlag mitsamt Marke ist im Besitz des Bundes Deutscher Philatelisten. In Bottrop hätte er zum 90. Jubiläum ausgestellt werden sollen, flankiert von Stellwänden mit Hintergrundinfos. „Alles war in trockenen Tüchern“, sagt Kamps. Doch die Pandemie machte das Jubiläum zunichte.