Bottrop. Die Lage auf den Bottroper Intensivstationen ist noch entspannt. Doch auch in Bottrop werden die Patienten jünger. Das sagen Intensivmediziner.

Die Corona-Situation auf den Bottroper Intensivstationen in Knappschaftskrankenhaus (KKH) und Marienhospital (MHB) ist derzeit entspannt. Während in anderen Städten die Zahl der Corona-Patienten immer weiter zunimmt und teils Intensivbetten knapp werden, wird derzeit in jedem der beiden Bottroper Häuser je nur ein Covid-Patient intensivmedizinisch betreut. Das entspricht gerade einmal fünf Prozent der verfügbaren 40 Intensivbetten in Bottrop. Zum Vergleich: In Oberhausen liegt die Quote bei 28 Prozent, in Essen bei 13 und im Kreis Recklinghausen bei 24 Prozent. Der Duisburger Krisenstab bezeichnet die Situation in den Kliniken dort als „angespannt“.

„Wir haben hier bei uns einen Patienten aus einer Nachbarstadt aufgenommen, weil es dort schon keine entsprechenden Kapazitäten mehr gab“, erläutert Dr. Stephan Morrosch, leitender Oberarzt für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am KKH. Das sei in dem Fall aber auch von der Behandlungsmethode abhängig, die nicht in allen Kliniken durchgeführt werde. Der Patient am KKH benötige nämlich eine ecmo-Behandlung. Das bedeutet, dass das Blut außerhalb des Körpers des Patienten mit Sauerstoff angereichert werden muss. Außerdem wird dort das Kohlendioxid entzogen. „Man kann es vielleicht am ehesten mit einer Dialysebehandlung vergleichen, nur dass hier das Blut nicht von Harnstoffen gereinigt wird.“

Intensivmediziner sehen für Bottrop derzeit noch eine kontrollierte Lag

Auf den übrigen Stationen im KKH und im MHB werden insgesamt 17 Coronapatienten behandelt – Stand Montagmittag. Für Bottrop spricht Morrosch – bezogen auf die aktuelle Situation – von einer „völlig kontrollierten Lage.“ Ähnlich schätzt auch Dr. Michael Nosch, Leiter der Klinik für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin am MHB, die Situation in Bottrop ein. „Wir sind gut gerüstet und haben keine Sorge, die Bottroper Bürger nicht versorgen zu können.“ Zumal beide Häuser noch Kapazitäten haben. „Wir können von jetzt auf gleich elf Patienten aufnehmen, wir müssten dann lediglich Personal umschichten“, sagt Nosch. Am KKH gibt es zusätzlich 13 Intensivbetten in Bereitschaft, die zu aktivieren hätte aber Auswirkungen auf den Betrieb des restlichen Hauses, weil Personal anders eingesetzt werden müsste – etwa auch aus dem OP-Betrieb.

Doch selbstverständlich sehen auch die Bottroper Mediziner die Situation in anderen Bereichen des Landes. Entsprechend hat Stephan Morrosch eine klare Meinung zum Lockdown. „Die zögerlichen Maßnahmen, wie sie bis jetzt durchgeführt wurden, haben sicher dazu beigetragen, dass die Situation nun so ist, wie sie ist“, sagt der Intensivmediziner. Eine frühere und strikte Maßnahme hätte zu einem schnellen Erfolg geführt, so seine Einschätzung.

Corona-Patienten im Krankenhaus sind vielfach zwischen 50 und 60 Jahre alt

Die teilt er mit seinem Kollegen vom MHB. „Wir hätten einen richtigen Lockdown schon im Januar gebraucht und dann bis Ostern“, sagt Michael Nosch. Inwieweit in der aktuellen Situation ein Lockdown nötig sei und gar eine Ausgangsbeschränkung, da sei er ambivalent. Denn die Leute steckten sich drinnen an und seiner Erfahrung nach seien es vor allem private Treffen, die zu Infektionen führten. Vielmehr hadert Nosch mit der Impfkampagne. Gerade die müsste auf Hochtouren laufen und verspreche den besten Schutz. Daher regt er an, doch auch Kliniken und Klinikärzte ins Impfprogramm aufzunehmen. Und überhaupt frage er sich, warum nur Ärzte impfen dürfen. „Intensivpflegekräfte können das auch. Das alles würde ja dann trotzdem unter Aufsicht eines Arztes stattfinden.“

Was Nosch auch beobachtet: Die meisten Corona-Patienten, die nun im Krankenhaus behandelt würden, seien zwischen 50 und 60 Jahre alt. Viele ältere seien ja bereits geimpft, so dass es nun jüngere Menschen trifft. Eine Beobachtung, die die Mediziner in vielen Krankenhäusern des Landes machen. „Das ist eine Folge unserer Impfreihenfolge von alt nach jung“, erläutert der Mediziner.

Pflegekräfte und Ärzte in den Bottroper Kliniken sind inzwischen vielfach geimpft

Aber nicht nur ältere Menschen sind vielfach geimpft, auch die Ärzte und Pflegekräfte auf den Intensivstationen. Das sei ein großer Unterschied zur zweiten Welle, sagen beide Ärzte. Damit falle zumindest etwas Anspannung weg. Denn gerade etwa beim Intubieren sei das Aerosolaufkommen besonders hoch. „Und da habe ich mir natürlich Sorgen gemacht, dass ich nichts nach Hause in meine Familie trage“, erinnert sich Morrosch an die belastende Situation vor den Impfungen.

Impffortschritt

Insgesamt haben in Bottrop bisher 27.306 Menschen die erste Impfung erhalten. Das ist der Stand Sonntag, den die Kassenärztliche Vereinigung regelmäßig veröffentlicht. Hinzu kommen 7888 Zweitimpfungen für Bottrop.

Die größte Zahl der Impfungen entfällt dabei auf das Impfzentrum. Hier haben 20.563 Bottroper ihre Erst- und 4407 Bottroper ihre Zweitimpfungen erhalten. 3925 Erstimfpungen (3478 Zweitimpfungen) entfallen auf die mobilen Teams in den Seniorenheimen. In den Bottroper Arztpraxen wurden bisher 2818 Erst- und drei Zweitimpfungen verabreicht.

Unabhängig davon, da sind sich beide Mediziner wieder einig, sei die Belastung für Mitarbeiter auf den Intensivstationen hoch. Denn neben Corona gibt es viele andere Fälle und Krankheiten, die dort versorgt werden müssen. „Wenn bei 100 die Überlastung einsetzt, dann sind wir bei 80“, so Noschs Einschätzung.