Kirchhellen. Auf die Terminshopping-Erlaubnis nach Aufhebung der Notbremse reagieren viele Einzelhändler prompt. Besuch im Dorfkern von Kirchhellen.

Die Nachricht kam am Dienstagnachmittag: Weil die Wocheninzidenz in Bottrop sieben Tage am Stück unter dem Schwellenwert von 100 lag, dürfen die Geschäfte ab Mittwoch mit dem Click&Meet-Prinzip wieder öffnen. Die Kirchhellener Einzelhändler reagierten prompt, verbreiteten die Nachricht untereinander sowie teils in den sozialen Netzwerken und begrüßten direkt am Mittwochmorgen die ersten Kunden im Laden.

Ein Hin und Her für die Händler in Bottrop und Kirchhellen

„Wir sind flexibel“, meint Susanne Spaan, Verkäuferin im Modeladen Andy’s Young Fashion, nach gut einem Corona-Krisenjahr. Sie sagt auch: „Ich hoffe nur, es hat sich heute Morgen nichts mehr an den Regeln geändert. . .“

Ein Satz, der das Hin und Her gut beschreibt, mit dem sich die Einzelhändler – abgesehen vom Lebensmittelhandel – in der Pandemie konfrontiert sehen. Oder, wie Susanne Spaan bemerkt: „Das ist der Rhythmus, bei dem man mit muss.“ Zuletzt konnten nur bestellte Waren an der Tür herausgegeben werden. Jetzt wieder Kunden unter Auflagen in den Laden lassen zu können, begrüßt das Mode-Team: „Es ist für uns wichtig, präsent zu sein.“ Bei den Kunden spüre man, dass sie gerne im Laden gucken, stöbern, anprobieren möchten: „Nachdem das bekannt gegeben wurde, haben sich direkt welche angemeldet“, so Spaan.

Susanne Spaan, Verkäuferin bei Andy’s Young Fashion in Kirchhellen, achtet beim Terminshopping auf Einhaltung der Corona-Regeln.
Susanne Spaan, Verkäuferin bei Andy’s Young Fashion in Kirchhellen, achtet beim Terminshopping auf Einhaltung der Corona-Regeln. © Heinrich Jung | Heinrich Jung

Click&Meet-Regeln sind Händlern und Kunden schon bekannt

Terminvereinbarung per Telefon, online oder vor Ort, reduzierte Kundenzahl im Laden, Hygienemaßnahmen, Dokumentation der Kontakte: Die Click&Meet-Regeln kennen die Händler bereits aus dem März. „Das hatte bei uns sehr gut funktioniert“, blickt Regina Timmerhaus vom gleichnamigen Haushaltswarengeschäft zurück. Für sie kam die neuerliche Öffnung jetzt nicht ganz unerwartet, hatte sie doch die Entwicklung der Wocheninzidenz verfolgt.

Händlerin fordert einheitliche Entscheidungen durch die Politik

Was sie als Händlerin am meisten stört: „Es ist eine Unwucht in den Entscheidungen, die für mich nicht nachvollziehbar ist. Man wünscht sich, dass Politik einheitlich entscheidet.“ Sie verdeutlicht das an einem Beispiel: „70 Prozent unserer Kunden kommen von außerhalb.“ In Gladbeck und Dorsten konnte zuletzt schon vor Ort eingekauft werden, anders als in Bottrop hatten Nachbarstädte selbst bei einer Inzidenz über 100 Click&Meet mit einem negativen Schnelltest zugelassen. „Hier standen die Kunden dann vor der Tür und wir mussten ihnen sagen, dass wir sie nicht reinlassen dürfen“, so Timmerhaus.

Zu den ersten Kunden am Mittwoch zählen denn auch zwei Gelsenkirchenerinnen, Patricia Opel und Birgit Schiemann. Eine halbe Stunde dürfen sie mit Maske durch den Laden bummeln - und genießen es. „Wir sind oft in Kirchhellen“, sagt Patricia Opel, die über die Medien und Instagram von der Öffnung erfuhr. „Ich finde hier immer was.“

Chef der Werbegemeinschaft Kirchhellen: Perspektive für Händler fehlt

Kunden empfängt auch Juwelierin Anne Gase am Morgen im Laden: „Wir freuen uns, dass wir etwas mehr dürfen. Und hoffen nur, dass es nicht in ein paar Tagen schon wieder anders ist.“ Im Geschäft steht längst ein Luftreinigungsgerät, auch längere Beratungsgespräche drinnen sollen kein Problem sein.

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Stephan Kückelmann, Vorsitzender der Kirchhellener Werbegemeinschaft, weiß: „Die Händler sind glücklich, dass sie wieder öffnen dürfen. In Anbetracht der Infektionszahlen und fehlender Perspektive machen sie aber keine Luftsprünge.“ Er könne sich durchaus vorstellen, dass bei steigender Inzidenz (Mittwoch lag sie in Bottrop knapp über 85) „Montag oder Dienstag schon wieder die Notbremse“ gezogen werden. „Was mich ärgert: Es gibt irgendwo in der Stadt ein Infektionsgeschehen, und schon müssen die Geschäfte wieder schließen.“ Dabei sieht Kückelmann gerade bei den Corona-Konzepten in den Kirchhellener Läden ein „sehr geringes Infektionsrisiko“.

Jetzt machten sie durch die Bank das Terminshopping mit: „Jeder hat ja auch Sorgen, Kunden zu verlieren. In anderen Städten waren die Geschäfte gar nicht geschlossen. Da fühlen die Geschäftsleute hier den Druck des Wettbewerbs.“ Und wer wisse schon im Detail, was die Änderungen am Infektionsschutzgesetz künftig für – dann bundesweit einheitliche – Regeln mit sich bringe.

Freiwillige Schnelltests

Auch in Bottrop Stadtmitte öffneten die Geschäfte am Mittwoch wieder zum Terminshopping unter Auflagen. Ein negativer Corona-Test ist wegen der seit einer Woche anhaltenden Inzidenz unter dem Schwellenwert von 100 nicht Voraussetzung für den Einkauf vor Ort.

Der Bottroper Krisenstab bittet allerdings alle Kunden darum, die Schnelltestzentren in der Stadt für einen kostenlosen Bürgertest freiwillig zu nutzen. Eine Übersicht über die Anlaufstellen gibt es auf www.bottrop.de/testzentren