Bottrop. Besuch in einem Bottroper Wohnangebot für Menschen mit geistiger Behinderung. Der Infektionsschutz hat hier viele Aspekte.
Der Besuch im Hans-Reitze-Haus beginnt: mit einem Covid-19-Schnelltest, routiniert durchgeführt von Heilerziehungspflegerin Sandra Jedynak in einem Raum, der von außen zugänglich ist. Erst als der negative Befund feststeht, geht’s hinein in das Wohnheim für Menschen mit geistiger Behinderung bzw. psychischen Auffälligkeiten. Die 24 Menschen, die hier in vier Wohngruppen miteinander leben, gilt es vor einem Corona-Ausbruch zu schützen. Ein Meilenstein in dieser Hinsicht: Das Diakonie-Haus gehörte zu den ersten Wohnheimen in Bottrop, in denen geimpft wurde. Die Durchimpfungsquote von Bewohnern und Mitarbeitern liegt bei 69,44 Prozent. „Und noch weitere Mitarbeiter rücken nach“, sagt Hausleiterin Andrea Smula.
Einiges ist möglich, was Bewohner im Bottroper Wohnheim schon vermissten
Einiges ist dadurch wieder möglich, was die Bewohner schon vermissten. Die zuvor strikte Trennung der Wohngruppen bzw. Etagen etwa ist aufgehoben. „Jetzt darf wieder jemand aus der unteren Etage zeitlich unbegrenzt seinen Freund oben besuchen“, so Smuda. Essen muss man nicht mehr ausschließlich in der eigenen Gruppe, Einkaufsgänge sind kein Problem. „Die Bewohner gehen gerne einkaufen – natürlich mit Maske und Handdesinfektion. Viele haben das Händewaschen jetzt auch gut verinnerlicht.“
Zuvor wurden persönliche Kontakte nach außen stark zurückgeschraubt, bei den Besuchern wurden Symptome abgefragt und Fieber gemessen, anfangs wurden draußen Besucherzelte aufgestellt. „Stand jetzt ist: Besucher dürfen mit FFP2-Maske aufs Zimmer“ – für etwa eine halbe Stunde, so Bereichsleiterin Corinna Ahrens.
Zu den Impfungen werden also in dem Haus, in dem zeitweise zwei Corona-positive Bewohner Zimmer-Quarantäne hatten, weitere Schutzmaßnahmen beibehalten. Wie der Schnelltest. Ahrens: „Aktuell testen wir alle Bewohner, die im Elternhaus übernachten, am Tag der Rückkehr und nach drei Tagen noch einmal.“ Zudem etwa die gruppenübergreifenden Nachtwachen, Mitarbeiter bei Bedarf einmal im Monat oder bei Symptomen.
Bewohner müssen in ihrem Zuhause keine Masken tragen
Ins Haus kommende Therapeuten haben weiter Maskenpflicht. Die Bewohner selbst bewegen sich im Haus aber ohne Maske – „das ist hier ihr Zuhause.“
Coronaschutzmaßnahmen umzusetzen sei im Bereich der geistigen Behinderung eine besondere Herausforderung, verdeutlicht Diakonie-Sprecher Michael Horst an einem Beispiel: „Viele Menschen mit geistiger Behinderung sind von großer Emotionalität. Das drückt sich auch körperlich aus.“ Ahrens: „Früher haben wir die Bewohner auch in den Arm genommen. Jetzt müssen wir sagen: Das geht nicht.“ Spielerisch müsse man ihnen das begreifbar machen, damit sie sich nicht abgelehnt fühlen.
Nach der zweiten Impfung besuchen Bewohner aus dem Hans-Reitze-Haus seit gut einer Woche wieder die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Zwischenzeitlich war das nicht möglich, stattdessen machten Werkstatt-Mitarbeiter den Bewohnern Angebote vor Ort im Haus. Auch, um das hiesige Personal, das nicht auf eine 24-Stunden-Betreuung ausgerichtet ist, zu entlasten.
Arbeit in den Bottroper Werkstätten wieder aufgenommen
Nach einer (zweiten) Schließungsphase ab Mitte Dezember sind die Diakonie-Werkstätten seit dem 18. Januar wieder in Betrieb. Während laut Geschäftsbereichsleiter Arnd Schreiner der Landschaftsverband Westfalen-Lippe noch im September gefordert habe, dass alle Beschäftigten in Vollzeit in die mit Hygienekonzept ausgestatteten Werkstätten zurückkehren sollen, sei der LWL inzwischen zurückgerudert. „Aufgrund hoher Infektionszahlen sollen die Werkstätten überzeugen, dass alle, die können, noch zu Hause bleiben“, so Schreiner. Hilfreich sei, dass die Menschen in den Wohnangeboten inzwischen durchgeimpft seien. Neueste Entwicklung: „Das ganze Personal und alle Beschäftigten sollen mindestens einmal in der Woche einem Schnelltest unterzogen werden.“ Das sei, personell und räumlich, eine Herausforderung. Bisher habe man in den Werkstätten anlassbezogen getestet.
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Corona-Fälle bei der Diakonie
Positive Corona-Fälle gab es bereits sowohl im Bereich der Diakonie-Werkstatt als auch in den Wohneinrichtungen. So wurde etwa im vergangenen November das Heinrich-Theißen-Haus der Diakonie unter Quarantäne gestellt. Grund für diese Maßnahme war, dass bei 25 Personen ein positiver Corona-Testbefund vorlag.
Insgesamt, zieht Arnd Schreiner als Geschäftsbereichsleiter der Bottroper Werkstätten ein Zwischenfazit, „sind wir bis heute gut durch die Pandemie gekommen“. Viel schlimmere Verläufe seien befürchtet worden.