Bottrop. Frisöre freuen sich, wieder arbeiten zu dürfen. Manche suchen auch Personal. Gastronomen erwarten klare Ansagen. Neiddebatten sind aber tabu.

Der 1. März ist für die Frisöre wie Weihnachten. „Am Mittwochabend saßen wir vor dem Fernseher und warteten auf die Ansage aus Berlin, zum Glück geht es jetzt weiter.“ Bei Annemarie Rogge ist die Erleichterung selbst durchs Telefon spürbar. Seit 26 Jahren gehört ihr der Salon an der Hansastraße, in dem sie vorher bereits seit 1974 gearbeitet hat. Corona, und dann vor allem der zweite Lockdown hat sie, wie so viele ihrer Kolleginnen und Kollegen aber auch die anderen betroffenen Branchen in der Stadt, mürbe gemacht.

Verschärfte Platzregelungen

Seit Donnerstagmorgen klingeln die Telefone. „Termine für die erste Märzhälfte sind inzwischen kaum noch zu bekommen und wir rechnen mit Arbeitszeiten bis zehn Uhr abends“, sagt die Frisörmeisterin, die lange auch stellvertretende Innungsmeisterin in Bottrop war. Seit dem Zusammenschluss mit Gelsenkirchen hat ihre Kollegin Heike Ingendoh aus der Boy dieses Amt übernommen. Wie alle anderen Betriebe muss auch Annemarie Rogge noch strenge Coronabestimmungen umsetzen. Dazu gehören zum Beispiel mindestens zehn Quadratmeter Raum pro Kundin, das Tragen von FFP-2-Masken für Mitarbeiterinnen und Kunden und natürlich die Beachtung der ohnehin strengen Hygienevorschriften. Fazit: Von ihren 12 Plätzen im Salon dürfen ab März höchstens fünf besetzt sein. Gearbeitet wird nur nach Voranmeldung und die Rückverfolgung der Kundschaft müsse auch gewährleistet sein.

Nun kann Annemarie Rogge ihre fünf Mitarbeiterinnen und die Auszubildende wieder aus der Kurzarbeit holen. Und vor allem: „Die vielen älteren Kundinnen sind so erleichtert, viele sind gar nicht mehr in der Lage, die nötige Pflege selbst durchzuführen, da wurden schon Familienangehörige eingespannt, bei manchen sogar die Putzhilfe, wie ich gehört habe.“ Da gehe es schließlich auch um die Gesundheit der Menschen. Dass ihre Vermieterin die Miete zuletzt um die Hälfte reduziert habe, habe ihr sehr geholfen. Staatliche Hilfen seien bei ihr aber bislang nicht angekommen.

Warten auf Termine

Auch im „Hairroom“ von Olaf Zimmermann an der Gladbecker Straße laufen seit Donnerstagmorgen die Drähte heiß. „Der März wird eng, aber es ist ja gut so, dass es wieder anläuft.“ Der Frisörmeister versucht gerade, noch eine weitere Vollzeitkraft zu bekommen. „Dann wären wir zu sechst im Laden und könnten voll durchstarten.“ Neben dem Mode- betont auch Zimmermann den Pflegeaspekt des Frisörbesuchs. Es gebe Kundinnen, die kämen normalerweise zwei Mal pro Woche nut zum Waschen und zur Haarpflege. Das sei nun zweieinhalb Monate nicht möglich gewesen.

Gastronomie legt Stufenplan vor - bislang vergeblich

Die einen dürfen öffnen, die anderen nicht. Von einer Neiddebatte haben aber weder die Frisöre bislang etwas gehört, noch andere, zum Beispiel in der Gastronomie. „Allerdings vermissen wir staatlicherseits eine tragfähige Perspektive für unsere Branche“, sagt Tina-Große Wilde, Hotelbesitzerin und Gastronomin auf dem Eigen. Die Bottroperin gehört dem Präsidium des Hotel- uns Gaststättenverbands Dehoga für Westfalen an. „Dort haben wir bundesweit längst detaillierte Stufenpläne unter Berücksichtigung der verschiedenen Inzidenzwerte ausgearbeitet, aber eine Reaktion darauf gab es bislang nicht.“ Auch die letzte Corona-Sitzung in Berlin habe ihre gesamte Branche da nicht weitergebracht. „Wir aber auch anderen Branchen, wie der Einzelhandel, brauchen jetzt konkrete Beschlüsse, wie es weitergehen soll.“ Man könne Betriebe, genauso wenig wie Schulen, nicht von heute auf morgen an- und ausknipsen.