Bottrop. Friedrich Göbel stellt sich den alten und neuen Mitarbeitern. Chefeinkäuferin erläutert Ideen. Betriebsrätinnen knüpfen erste Kontakte.

Die Nachricht von der Insolvenz sei für alle ein Schock gewesen, aber dass Mensing in Bottrop ganz schließt, habe sich eigentlich niemand wirklich vorstellen können. Das sagen jedenfalls Martina Wenz, Jennifer Nelain aber auch Sandra Schlautmann nach der Betriebsversammlung und dem ersten Besuch des neuen Chefs, Friedrich Göbel in Bottrops traditionsreichem Modehaus. Sie arbeiten seit 13 beziehungsweise seit drei Jahren bei Mensing und sehen dem Wechsel zu Sinn positiv-entspannt entgegen. Sie erzählen vom enormen Zuspruch der Kunden nach dem Bekanntwerden der Mensing-Insolvenz. Zum Teil hätten sogar Leute eingekauft, die sich Mensing sonst nicht hätten leisten können. "Nur, um dem Geschäft zu helfen und damit es in Bottrop bleibt", sagt Jennifer Nelain. Denn für die Innenstadt sei dieser Anker enorm wichtig.

31 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gefragt

Überhaupt scheint von Spannungen keine Spur. Alles gleicht eher einem abschließenden Aufatmen bei den 31 ehemaligen Mensing-Mitarbeiterinnen und ihren Kollegen, als Sinn-Chef Friedrich Göbel am Dienstagmorgen die Pläne skizziert, die das Unternehmen am Bottroper Standort umsetzen möchte. Vor allem gelingt es dem Unternehmer, mögliche Bedenken zu zerstreuen, was künftige Arbeitsbedingungen, Bezahlung oder auch mit der Zeit erworbene Anwartschaften der Mitarbeiter betrifft. "Wir übernehmen Sie alle, es sei denn, Sie wollen kündigen", bekräftigt Göbel, wie schon kürzlich im Gespräch mit dieser Zeitung. "Sie arbeiten sogar zwei Stunden weniger als bisher, die Bezahlung wird sehr, sehr ähnlich sein, Vollzeit bleibt Vollzeit, unbefristet bleibt unbefristet und auch umgekehrt." Schreiben mit den neuen Bedingungen an alle Mitarbeiter seien bereits unterwegs. Danach würden die neuen Arbeitsverträge vorgelegt.

Zwei Stunden weniger Arbeit bei Vollzeit

Wie zur Bekräftigung sind Verkaufsleiter Gerhard Schmalholz, Haupteinkaufschefin Susanne Strauß und die Vorsitzende des Sinn-Gesamtbetriebsrats, Annegret Schüring, vor Ort und steigen gern in den Fragenmarathon ein. Mit diesem Jahr zahle Sinn auch wieder Weihnachts- und Urlaubsgeld, zum Teil in Gutscheinen, zum Teil in bar - und nein: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden nicht willkürlich in diese oder jene Filiale geschickt, sondern blieben den einzelnen Standorten fest zugeordnet.

Chef setzt auf viel Tageslicht im Modehaus

Bleibt die Kinderabteilung, wie wird der Laden nach dem Umbau aussehen, gibt es einen Dresscode? Neben Arbeitsbedingungen, Bezahlung und dem Verbleib im angestammten Haus werden die Fragen immer konkreter - bis zur Frage nach der Schaufenstergestaltung und nach den Kundengetränken. "Nein, wir rupfen nicht alles heraus, sondern wollen den Laden übersichtlicher gestalten, damit die Kunden schnell finden, wonach sie suchen", sagt Friedrich Göbel. Leblose Schaufester seien seiner Meinung nach ,out'. Er setze vielmehr auf bewegte Bilder, die auch auf aktuelle Aktionen hinweisen. Das ziehe Leute eher in den Laden, als eine Schaufensterpuppe, so der Geschäftsmann, der immer wieder eine Lanze für möglichst viel Tageslicht im Modehaus bricht. "Was läuft bleibt" so der Chef mit Blick zum Beispiel auf die Kinderabteilung.

Aber letztlich müsse man sich die Markenschwerpunkte hier noch genauer ansehen, einen Kompletteinblick habe sie sich noch nicht verschaffen können, sagt Susanne Strauß, verantwortlich für den Gesamteinkauf bei Sinn. "Zu 80 Prozent überschneiden sich die vorhandenen Marken mit dem Sinn-Sortiment und wir hören immer hin, wo die Interessen und Schwerpunkte in den einzelnen Filialen liegen und darauf reagieren wir", so die Chefeinkäuferin. Fest steht, dass es neue original Shop-in-Shop-Systeme wichtiger Marken geben werde - und natürlich Kundenaktionen. Ob das aber Modeschauen im herkömmlichen Sinn sein müssten, lässt Susanne Strauß bewusst offen.

Zu etwa 1500 Kollegen von Sinn kommen nun knapp 300 Ex-Mensing Leute

Auf der Ebene der Arbeitnehmervertretung haben Annegret Schüring, Vorsitzende des Sinn-Gesamtbetriebsrats, und Heike Lightburn für das Bottroper Team bereits Kontakte geknüpft. "Ich glaube, zusammen mit den Bottropern sind wir ein gutes Team, es passt", so Schüring, die zu den bisherigen 1500 Sinn-Mitarbeitern nun etwa 300 neue Kolleginnen der ehemaligen Mensing-Häuser vertritt. Und Heike Lightburn betont: "Der Betriebsrat ist kein Feind der Geschäftsführung, wir ziehen an einem Strang - für Angestellte und das Unternehmen."

Info

Wenn möglich und die Corona-Situation es zulasse, möchte Friedrich Göbel das Bottroper Haus am 18. März unter dem neuen Namen "das macht SiNN" wieder öffnen. Vielleicht gibt es zuvor noch einen Teil-Räumungsverkauf.