Bottrop. Anlieger warnen vor Sperrung der funktionierenden Geschäftsstraße für den Autoverkehr. Sie erfuhren das aus der Zeitung. Offener Brief an den OB.

„Wir sind stinksauer, niemand hat mit uns überhaupt einmal darüber geredet!“ Bernd Sporkmann. Dem zweiten Vorsitzenden der IG-Marktviertel, ist der Ärger selbst hinter dem Mund- und Nasenschutz über den SPD-Vorschlag zur Sperrung der Poststraße in der Innenstadt anzumerken. Die Sozialdemokraten hatten in der Bezirksvertretung Mitte den Antrag eingebracht, zumindest an den Markttagen Teile der Poststraße und der Adolf-Kolping-Straße für den Autoverkehr zu sperren (die WAZ berichtete). Auch der neue alte Bezirksbürgermeister Klaus Kalthoff verspricht sich davon eine bessere „Verbindung vom Berliner Platz zum Wochenmarkt und eine weitere Belebung der Innenstadt und der Gastronomie in dem Bereich“ .

Geschäftsstraße wäre dann über kurz oder lang tot

Von Belebung könne keine Rede sein, gerade die Poststraße, eine der letzten noch funktionierenden Einkaufsstraßen ohne Leerstände, wäre dann über kurz oder lang tot. So sehen das nicht nur die zwölf Geschäftsleute, die jetzt einen offenen Brief an Oberbürgermeister Bernd Tischler geschrieben haben, der auch der WAZ vorliegt. Auch vier Ärzte, die ihre Praxen dort haben, oder die Westfalia Apotheke schlagen mit Alarm. „Viele Kunden kämen bei einer Sperrung gar nicht bis zum Arzt, wir merken ja, wie viele sich anschließend bei uns in der Apotheke ein Taxi bestellen oder Angehörige anrufen, um abgeholt zu werden“, sagt Christiane Grolla. Bernd Sporkmann vom gleichnamigen Hörstudio oder Annegret Willink, Geschäftsführerin von Optik Frey sehen das genauso.

Weit entfernt vom Verkehrschaos: Fußgänger, Radler und Autos scheinen auf der Poststraße selbst an einem Markttag genügend Platz zu haben. Anlieger bezeichnen die Straße als funktionierendes System.
Weit entfernt vom Verkehrschaos: Fußgänger, Radler und Autos scheinen auf der Poststraße selbst an einem Markttag genügend Platz zu haben. Anlieger bezeichnen die Straße als funktionierendes System. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„An den vorgeschlagenen Sperrtagen, den Markttagen mittwochs und samstags, machen wir einen Großteil unserer Umsätze, dann ist mehr Publikumsfrequenz da und was eine Sperrung wirtschaftlich für uns bedeutet, merken wir, wenn Kirmes oder andere große Veranstaltungen stattfinden“, sagt Willink. Dann nämlich ist die Poststraße zu. Zwischendurch kommen Cornelia Amlang von „Moden Pier“ oder Hans-Dieter Köster von „Köster Men’s Fashion“ über die belebte aber nicht verstopfte Poststraße zu ihren Händlerkollegen. Lange können sie nicht bleiben, überall herrscht selbst am trüben Mittwochmorgen im Dezember reges Treiben. „Wenn die die Straße dichtmachen, bin ich weg“, sagt Köster, der seit über 40 Jahren dort seinen Laden betreibt. Kollegin Amlang nickt. Das wäre der Tod für diese letzte Straße in der City, die noch Flair hat. Und das kommt natürlich auch durch eine Belebung durch alle Verkehrsteilnehmer einschließlich der Autofahrer. Das findet auch Bernd Sporkmann, selbst bekennender Radfahrer.

Nicht in ein funktionierendes System eingreifen

Um Radler zu sehen, muss man an diesem Vormittag schon Geduld mitbringen. Auf 20 Autos oder 10 Minuten Wartezeit nicht ein Radler. Die Gehwege sind breit, erlauben sogar bei lebhaftem Fußgängertrieb genügend Corona-Sicherheitsabstand. Autos parken vorschriftsmäßig, zwei der Behindertenparkplätze direkt um die Ecke an der Adolf-Kolping-Straße sind belegt. „Auch die wären ja nicht erreichbar, wenn man die Sperrung einrichtete“, sagt Bernd Sporkmann, Sprecher der Anlieger. Selbst wenn die Straße bis zur Tiefgarage des Hansa-Centrums geöffnet bliebe: Was wäre das für ein Halte- und Wendeverkehr, der dann wirklich Dreck in die Luft blasen würde, so Sporkmann weiter. Das Kernargument der Anlieger bleibt aber: Warum in ein funktionierendes System eingreifen - oder möchte man ohne Not auch auf der Poststraße bald Leerstände produzieren ?