Bottrop. Kurzarbeit und wegbrechende Einkommen bleiben nicht folgenlos. Schuldnerberatung und Verbraucherzentrale verzeichnen verstärkt Anfragen.
„Der Andrang bei uns ist immer hoch, aber er wird größer“, sagt Marion Kemper, Leiterin der Schuldnerberatung Bottrop, die Menschen in finanziellen Notlagen zur Seite steht. Und: „Es kommen mehr Anfragen, die die Corona-Krise als Grund benennen. Das spüren wir deutlich.“ Sie rechnet auch noch mit einem weiteren Anstieg in den kommenden Wochen. Denn die Auswirkungen etwa von Kurzarbeit oder krisenbedingter Arbeitslosigkeit seien in den Beratungsstellen ein viertel bis halbes Jahr später erst richtig zu spüren.
„Wenn zum Beispiel plötzlich Kurzarbeit eintritt und man weniger Geld zur Verfügung hat, dadurch Raten nicht bezahlt werden können, die Miete ein Problem wird, dann dauert es zwei, drei Monate, bis man in großen Schwierigkeiten ist“, so Marion Kemper.
„Durch Corona bricht alles zusammen“
Manche kannten vor Corona keine großen finanziellen Probleme und konnten zum Beispiel Raten stets begleichen. Für manche war’s immer schon knapp. Andere sind bereits überschuldet und bekommen nun zusätzliche Schwierigkeiten. „Es sind viele, die schon Probleme haben und sich mühen, durch eine Arbeitsstelle Verbindlichkeiten abzutragen. Jetzt durch Corona bricht alles zusammen“, berichtet Kemper. So seien vielleicht nur noch befristete Stellen zu haben oder in der krisengebeutelten Gastronomie 20-Stunden-Jobs, von Kurzarbeit ganz zu schweigen. „Arbeitgeber sind vorsichtig geworden“, so Kemper.
Hilfsprogramme sind aufgelegt worden, zum Beispiel für Solo-Selbstständige. Doch teils seien die 9000 Euro gar nicht erst bei den Klein-Unternehmern angekommen, sondern aufgrund von Altschulden von den Banken für Gläubiger festgehalten worden. „In der Vergangenheit mussten die Leute dann zwei, drei Monate auf das Geld warten, bis sie dran kamen. Man musste für eine Freigabe über die Gerichte sorgen, bis klar war: Die Soforthilfe ist nicht dazu da, alte Schulden zu begleichen, sondern um die Existenz des Betriebs zu sichern.“
Dies alles sei ein ganz neuer Bereich für die Schuldnerberatung, „wir haben sonst wenig mit Selbstständigen zu tun“, sagt Kemper. Sie nennt ein weiteres Beispiel: „Die Altenpfleger bekommen jetzt ihre Prämien gezahlt, die sind pfändungsfrei – das spricht sich nicht bei jedem sofort rum.“
Corona-Hilfe für Mieter ist ausgelaufen
Die kurzfristig vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, Mieten zu stunden ohne eine Kündigung zu befürchten, besteht seit Juli nicht mehr. Marion Kemper glaubt: „Die langfristigen Folgen der Corona-Krise werden erst noch kommen.“
Beim Team der Verbraucherzentrale in Bottrop wiederum haben die Anfragen zum Thema Stromsperren zugenommen. „Es passiert locker zweimal in der Woche, dass wir Familien hier stehen haben, die uns sagen: Unser Strom wird abgestellt“, berichtet Beraterin Anette Abraham. Die in diesem Zusammenhang nur dazu raten kann, entsprechende Mahnungen nicht liegen zu lassen und früh die Beratung zu kontaktieren, „dann können wir immer noch Lösungswege aufzeigen.“
Zudem hat Anette Abraham beobachtet: „Die Verbraucher warten auf das Geld für stornierte Reisen und fragen danach.“ Womöglich durch Kurzarbeit sei das Geld in der Haushaltskasse knapper geworden, und so müssten die Verbraucher mit dem eigentlich für den Urlaub Ersparten nun rechnen.