Bottrop. Hausärzte sehen eine Testwelle auf sich sich zurollen und bemängeln Bürokratieaufwand. Test- und Laborkapazitäten seien jedoch genügend vorhanden.

Ferienende, Reiserückkehrer, Schulbeginn und sinkende Corona-Disziplin: Die Covid-19-Infektionszahlen steigen auch in Bottrop wieder stärker an und damit auch die Nachfrage nach Coronatests. Die niedergelassenen Ärzte sehen sich teilweise schon mit dem Beginn einer Testwelle konfrontiert, die sicherlich auch die Kapazitäten mancher Praxen an die Grenzen bringen könnte.

Bis zu 800 Anrufe pro Tag in einer Praxis

Auf drei Punkte lenkt dabei Dr. Christoph Giepen vom Vorstand des Bottroper Ärztevereins besonders die Aufmerksamkeit. Einmal die überbordende Bürokratie, die die neuen ministeriellen Vorschriften den einzelnen Praxen aufbürden. Dann das Fehlen einer zentralen Corona-Teststelle in der Stadt. Da wäre zum Beispiel aus Sicht des Ärztevereins die Wiederöffnung des Saalbaus eine gute Lösung. Außerdem rechnet Giepen spätestens mit Beginn der normalen Erkältungs- und Grippewelle mit Chaos in den Praxen der Hausärzte - wenn nicht zuvor eine Entzerrung von zu testenden Personen und den anderen Kranken erfolgt. „Denn die werden ja durch Corona nicht weniger.“

So sah noch im April ein Wartebereich für Patienten vor dem Corona Behandlungszentrum im Saalbau aus. Im Mai wurde es wegen sinkender Zahlen geschlossen. Nun ändert sich die Situation gerade drastisch.
So sah noch im April ein Wartebereich für Patienten vor dem Corona Behandlungszentrum im Saalbau aus. Im Mai wurde es wegen sinkender Zahlen geschlossen. Nun ändert sich die Situation gerade drastisch. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Daran, dass die Tests medizinisch sinnvoll seien, lässt Giepen keinen Zweifel. Allein die Modalitäten seien so umfangreich und zum Teil unnötig kompliziert, dass man allein dafür schon eine eigene Bürokraft einstelle müsste. Vom Anrufaufkommen ganz zu schweigen. „Vor Corona hatten wir etwa 200 Anrufe pro Tag, ab März waren es gut 400 und seit die neuen Regeln im Zuge der Urlaubsrückkehrer in Kraft traten, haben wir rund 800 telefonische Anfragen am Tag. Die können wir natürlich gar nicht alle beantworten, dafür brauchten wir ein Callcenter“, so der Mediziner. Dabei steht die Praxis an der Prosperstraße, die Giepen mit zwei anderen niedergelassenen Kollegen betreibt, personell noch ganz gut da.

Vereinheitlichte Abrechnung wäre sinnvoll

Bei Erziehern und Lehrerinnen sei die Testabrechnung noch recht einfach: Die würden gelistet, mit einer Kennziffer versehen und mit der Quartalsabrechnung an die Kassenärztliche Vereinigung geschickt. Die hole sich das Geld dann vom Ministerium wieder. „Bei den Reiserückkehrern weiß noch niemand, wie überhaupt bezahlt wird, weder per Krankenkassenkarte noch per Rechnung bei Privatpatienten. Wir tragen alles erst einmal von Hand ein und schauen, wie das dann weitergeht“, so Giepen. Eine ähnliche Vorgehensweise wie bei den Lehrern wäre da sicher besser gewesen. Bei dieser Berufsgruppe befürwortet Giepen auch einen Test direkt in Schulen oder Kitas, wie er selbst es zum Beispiel kürzlich schon ausprobiert habe. Aber nicht alle Kollegen hätten dafür neben Sprechstunden und Hausbesuchen noch die Kapazität, über die er in einer Gemeinschaftspraxis verfüge. „Noch“, wie er betont.

15 Euro pro Test sind betriebswirtschaftlich nicht tragbar

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn oder sein NRW-Kollege Karl-Josef Laumann suggerierten, ein Coronatest gehe immer. Das sei einerseits gut, wecke aber auch eine große Erwartungshaltung bei der Bevölkerung, die man bald vielleicht nur schwer erfüllen könne. „In Bottrop sind wir zwar gut gerüstet und auch gut vernetzt, aber wenn die Test-Zentralstelle nicht kommt und die Bürokratie nicht vereinfacht wird, wird es schwieriger“, so der Arzt. Dass die Vergütung mit 15 Euro pro Test nicht betriebswirtschaftlich sei, lässt Christoph Giepen fast nebenbei einfließen. Angesichts von Schutzmaßnahmen, Büroaufwand und Logistik zwischen Praxis und Labor im Grund ein Verlustgeschäft für jede Praxis.

Gutes Netzwerk in Bottrop

Dass das zentrale Corona-Zentrum im Saalbau eine gute gemeinschaftliche Einrichtung in der Hochzeit der ersten Coronawelle war, bestätigt auch Dr. Christian Marga. Der Leiter des Gesundheitsamtes betont aber auch, dass es sich dabei um ein Gemeinschaftsprojekt von Stadt und Kassenärztlicher Vereinigung (KV) handelte, das nicht die Stadt, sondern die KV aufgegeben habe. Für den Betrieb eines solchen Zentrums gebe es durchaus positive Aspekte. Die Anliegen der Ärzteschaft diesbezüglich kann Marga nachvollziehen. Auch Vereinfachungen in der Bürokratie wären da sicher wünschenswert. Das Gesundheitsamt selbst sei aber keine Anlaufstelle für Menschen, die sich auf Corona testen lassen wollen oder müssen. Da empfiehlt er immer den Hausarzt als ersten Ansprechpartner. „Bei Tests ist das Gesundheitsamt für die Personen zuständig, bei denen wir ermitteln, dass sie Kontaktperson eines oder einer positiv Getesteten sind“, so Marga.

Die Gefahr, dass es in nächster Zeit bei Coronatests oder Laborkapazitäten eng werden könnte, sieht Christian Marga aber nicht. „Wir haben ein gutes Netzwerk in der Stadt und vor allem auch die Schwerpunktpraxen, an die sich jeder wenden kann.“

Das raten Ärzteverein und Gesundheitsamt - KVWL-Ärzteliste

Reiserückkehrer aber Lehrer, Erzieher oder alle, die einen Coronatest machen wollen, wenden sich an besten für Infos zunächst an ihren Hausarzt, raten Dr. Christoph Giepen aber auch Gesundheitsamtsleiter Dr. Christian Marga. Um Kapazitäten zu schonen, sollte man sich nicht bei mehreren Ärzten gleichzeitig für Tests anmelden.

Die Kassenärztliche Vereinigung hat eine Liste mit Ärzten veröffentlicht, die auf jeden Fall Coronatests durchführen: www.kvwl.de. Vollständig sei die Liste aber nicht, so Giepen. Seine Praxis sei zum Beispiel nicht darunter, obwohl sie eine von sieben Coronaschwerpunktpraxen in Bottrop sei.