Bottrop. Die alte Flagge der 3. Kompanie ist zerschlissen, daher haben die Schützen eine neue entworfen. Doch das wichtigste Detail kommt vom Goldschmied.
Die Fahnenoffiziere der 3. Kompanie der Alten Allgemeinen Bottrop sind nun wirklich nicht zu beneiden. Zwar sind sie künftig für eine nagelneue schicke Flagge verantwortlich, die bringt jedoch einige Kilo mehr auf die Waage als das Vorgängerstück. Beim Marschieren kann die neue Flagge auf der Schulter sicher richtig schwer werden.
„Schuld“ daran ist unter anderem Goldschmied Willi Triffterer. Denn er setzt der neuen Flagge, besser dem neuen Flaggenmast eine besondere Krone auf. Er hat in seiner Werkstatt eine Schwalbe angefertigt, die die neue Flagge zieren wird. So bleibt auch diese Tradition erhalten.
Die Schwalbe auf dem Fahnenmast ist das Maskottchen der Kompanie
Aber der Reihe nach: Schon seit Jahrzehnten thront auf dem Flaggenmast der 3. Kompanie eine Schwalbe. Mit den Jahren ist das Tierchen zu einer Art Kompanie-Maskottchen geworden. Als nun klar war, dass die Dritte eine neue Fahne braucht, gab es eine Bedingung: Nicht ohne Schwalbe.
Doch es sei eben gar nicht so einfach, für so einen Fahnenmast eine Schwalbe zu finden. Zu kaufen gab es einen so außergewöhnlichen Schmuck jedenfalls nicht mehr. Die alte Schwalbe auf den neuen Mast ummontieren, das erwies sich als unmögliches Unterfangen. Zumal die Jahre an der Schwalbe auch nicht spurlos vorüber gezogen sind. „Zuletzt sah sie eher aus wie eine Mischung aus Schildkröte und Schwalbe“, beschreibt Willi Triffterer den nicht mehr ganz taufrischen Zustand des Maskottchens.
Bottroper Goldschmied begibt sich mit dieser Arbeit auf Neuland
Der Goldschmied – selbst Mitglied der Dritten Kompanie – hat sich deshalb daran begeben, einen neuen Schmuck für den Fahnenmast zu entwerfen. Auch für ihn Neuland, wie er zugibt, seien die Arbeiten, mit denen er sich sonst beschäftigt, doch in der Regel filigraner.
Aus Ton hat er zunächst die Schwalbe geformt, diesen Entwurf dann gebrannt, und eine Gießerei in Berlin hat nach diesem Vorbild dann einen Bronzeguss angefertigt. Gut zwei Kilo bringt die massive Fahnenspitze nun auf die Waage – und ist eindeutig als Schwalbe erkennbar. Die charakteristische Flügelform, ebenso das Gefieder am Schwanz sind gut ausgeprägt.
Für die 3. Kompanie ist es erst die vierte Fahne überhaupt
Einige Arbeitszeit hat der Goldschmied in sein neues ungewöhnliches Werk gesteckt. Denn nicht nur die Form musste angefertigt werden, auch der eigentliche Bronzeguss forderte noch viel Hingabe. Die Schwalbe musste entgratet und in Form gebracht werden. Und dass sie nun auf dem neuen Flaggenmast derartig strahlt und glänzt, ist das Ergebnis fleißiger Polierarbeit.
Dass die Anschaffung einer neuen Kompanie-Fahne derart aufwändig werden würde, mag manchen Schützen überrascht haben. Doch allzu häufig werden derartige Wahrzeichen ja nicht ausgetauscht. Für die 3. Kompanie ist es erst die vierte Fahne. Die erste war von 1775, zuletzt wurde 1956 eine neue angefertigt. Doch die war nicht mehr zu retten. Die feine Seidenfahne war durchgescheuert, und auch talentierte Schneider konnten da nichts mehr retten.
Stadtwappen sowie die alten Wappen Bottrops und Kirchhellens prangen auf der Fahne
Also hat sich ein Team um eine Neuanschaffung gekümmert. Die trägt jetzt auch der Stadtentwicklung Rechnung. Auf der neuen Fahne findet sich nämlich jetzt auch das aktuelle Bottroper Stadtwappen. Diese Kombination aus dem alten Kirchhellener und dem alten Bottroper Wappen gab es 1956 schließlich noch nicht. Groß prangt das Wappen auf der Flagge, darunter etwas kleiner die beiden Vorgänger – quasi die Verbindung von gestern und heute.
Das sei einer von mehreren Entwürfen gewesen, der sich am Ende durchgesetzt habe, sagt Christian Kewitsch. Die Idee, auch noch einen Adler mit einzubringen, habe man verworfen. „Das wäre dann zu überladen geworden.“ Stattdessen also die Wappen, dazu eingestickt die Jahreszahlen, zu denen die jeweiligen Flaggen angeschafft wurden.
Neues Aushängeschild besteht aus edlem besticktem Samt und kommt aus Bayern
Das neue Aushängeschild der Kompanie besteht – anders als das vorherige – aus schwerem bestickten Samt. Eine Firma in Bayern hat das edle Stück angefertigt, und die Materialauswahl trägt wiederum ihren Teil dazu bei, dass die Fahnenoffiziere künftig einiges mehr zu schleppen haben. Doch schließlich soll auch diese Fahne die Kompanie über Jahrzehnte begleiten. Denn Tradition ist den Schützen wichtig.
Das zeigt auch die andere Seite der Fahne. Sie ist der bisherigen nachempfunden. Aus einer Eichenwurzel treiben neue Zweige, dazu die Aufschrift: „Aus alter Wurzel neue Kraft.“ Finanziert wurde die neue Fahne vor allem aus Spenden der Mitglieder. Ralf Schönberger: „Wir haben zuletzt bei einer Veranstaltung eine ganz besondere Spardose aufgestellt, da konnten nur Scheine eingeworfen werden.“
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Klar, dass die Schützenbrüder nun das Werk gern in echt sehen würden. Doch die geplante Fahnenweihe – sie sollte in Anwesenheit aller Kompanien beim Bataillonsfrühschoppen stattfinden – musste wegen Corona abgesagt werden. „Aber wir suchen einen neuen Termin und wollen diese Ereignis gemeinsam feiern“, sagt Andreas Pläsken, der Vorsitzende der Alten Allgemeinen.
Vorgängerfahnen werden ausgestellt
Schützen sind traditionsbewusst. Da liegt es nahe, dass die alte Fahne nicht entsorgt wird. Zumal auch die Leiterin des Stadtarchivs, Heike Biskup, ein großes Interesse an der Fahne habe, so Andreas Pläsken. „Denn es gibt nicht so viele Symbole, an denen sich sich Stadtgeschichte festmachen lässt.“
Die Fahne von 1886 hat ihren Platz im Heimatmuseum, die Fahne von 1956 könnte womöglich einen Platz im Rathaus finden, in dem neuen Raum der Vereine, der in der ehemaligen Verwaltungsbibliothek entsteht.