Bottrop. Ab dem 10. Mai ist das Besuchsverbot aufgehoben. Seniorenheim-Betreiber suchen Lösungen. Ohne Anmeldung sollte aber niemand Angehörige besuchen.

Die Ankündigung der Landesregierung in dieser Woche, ab Muttertag (10. Mai) das generelle Besuchsverbot in Pflegeheimen aufzuheben, stellt die Heimbetreiber vor Ort vor Herausforderungen. Die Bemühungen, Besuche unter strikten Auflagen kurzfristig zu ermöglichen, laufen auf Hochtouren. Eine wichtige Botschaft ist: Ohne vorherige Absprache sollte kein Angehöriger einen Besuch planen. Und nicht alle werden schon am Muttertag ihre Lieben wiedersehen können.

Auch interessant

„Es werden nicht alle am Sonntag kommen können“, unterstreicht zum Beispiel Kerstin Schönlau, die den Geschäftsbereich Seniorenhilfe bei der Diakonie leitet. Für deren zwei Seniorenzentren in Bottrop werden nach ihrer Auskunft nun Listen erstellt, Zeitpläne gemacht und Angehörige darüber informiert, bei wem sie wegen eines Besuchstermins anrufen können. „Wir schauen auch danach, welcher Bewohner einen Besuch besonders dringend braucht“, so Schönlau.

Nur wer keine Symptome hat, darf überhaupt zu Besuch kommen

Zwei Optionen soll es geben: Maximal zwei Besucher können einen Angehörigen in einem separaten Areal treffen. „Dazu werden wir unsere öffentlichen Bereiche wie die Cafés, Foyers und Terrassen nutzen“, so Schönlau. Bewohner, die nicht mobil sind, können von einer Person im Zimmer besucht werden. Auch das will die Diakonie kurzfristig möglich machen. Insbesondere bei diesen Besuchen muss spezielle Schutzkleidung getragen werden.

Zudem gilt: Alle Besucher sollen registriert und einem Kurzscreening (Fragen zum Gesundheitszustand/ zu möglichen Kontakten zu Infizierten) unterzogen werden; nur wer keine Symptome hat, darf überhaupt kommen; ein Mund-Nasenschutz muss getragen und der Mindestabstand von 1,50 Meter gewahrt werden - Umarmungen sind also nicht möglich.

Begegnung im Garten unter einem Zelt

Angehörige sollen bei ihren Besuchen nicht ins Christohorushaus kommen.
Angehörige sollen bei ihren Besuchen nicht ins Christohorushaus kommen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Um Besuche ab Sonntag zu ermöglichen, werden wir draußen eine Begegnungsmöglichkeit unter einem Zelt schaffen“, berichtet Karl Reckmann für das Christophorus-Haus. Natürlich unter Einhaltung der geforderten Schutzmaßnahmen. Am Haus am Ehrenpark, das ebenfalls zu den Gesundheitsdiensten Reckmann gehört, sei sowieso gerade eine Sprechstunde an einem Fenster etabliert worden. Für Reckmann steht zunächst fest: „Wir wollen die Angehörigen nicht ins Heim holen.“ Die Besuche sind in einem halbstündigen Rhythmus von 10 bis 18 Uhr geplant. „Wir kontaktieren die Angehörigen“, betont Reckmann.

Von Seiten der Caritas hieß es zunächst: „Wir suchen in unseren vier Senioreneinrichtungen unter Hochdruck nach praktikablen Lösungen, die den Bewohnerinnen und Bewohnern, den Angehörigen und den Mitarbeitenden gerecht werden.“ In St. Hedwig auf dem Eigen zum Beispiel sagt Einrichtungsleiterin Katja Weijers-Kattentidt: „Wir befürworten die Öffnung im Sinne der Bewohner, aber sie stellt uns vor eine enorme Herausforderung in der kurzen Zeit.“

15-minütige Balkonbesuche am Muttertag in St. Hedwig

Auch interessant

Deshalb soll am Muttertag das am Haus sowieso geplante Programm durchgeführt werden: Nämlich von 9 bis 18 Uhr jeweils 15-minütige Balkonbesuche (sind in St. Hedwig nach Terminabsprache dank guter, abstandsreicher Lage schon länger möglich) plus kleinem Konzert.

Kritik am „Hau-Ruck-Verfahren“

Kerstin Schönlau ist auch die erste Vorsitzende des Evangelischen Verbandes für Altenarbeit in den Diakonischen Werken Rheinland, Westfalen und Lippe. Zu der Aufhebung des Besuchsverbots zum Muttertag „kann man kritisch anmerken: Das ist politisch intendiert.“ Schönlau spricht mit Blick auf die Kurzfristigkeit und die engen strukturellen Vorgaben von einer „Zumutung für die Häuser“.

Auch die Caritas in Bottrop merkte an: „Es handelt sich um ein ,Hau-Ruck-Verfahren’, das uns in dieser Kurzfristigkeit vor immense Probleme stellt.“

Für die Folgezeit wurde schon ein Erker im Eingangsbereich mit Zugang von außen ausgesucht, der nach innen mit Trennwänden dichtgemacht werden kann. Tische zwischen den Sofas sollen einen großzügigen Abstand von zwei bis drei Metern garantieren. Zimmerbesuche bei Bettlägerigen wolle man im Haus künftig auch ermöglichen, die dafür nötigen Schutzkittel müsse sie aber erst einmal bekommen, so Weijers-Kattentidt.

Alle Gesprächspartner betonen, dass für die Besuche zusätzliches Personal gebraucht wird. „Wir werden das begleiten“, sagt etwa Kerstin Schönlau. „Wir müssen dafür sorgen, dass der Abstand eingehalten wird.“