Bottrop. Erste Ratsvertreter wollen die sitzungsfreie Zeit beenden. Zumindest der Rat wäre aber zu groß, um die Corona-Regeln einhalten zu können.
Der komplette Bottroper Stadtrat wird wegen der Corona-Krise so schnell nicht wieder tagen. Denn es gibt in der Stadt kaum Räumlichkeiten, in denen die Ratsmitglieder die Abstandsregeln einhalten könnten. "Die Kontaktsperre gilt vorerst bis zum 3. Mai", unterstrich Stadtsprecher Andreas Pläsken für den örtlichen Corona-Krisenstab. "Es wäre nicht ratsam, Ausnahmen für die Ratsparteien zu schaffen, wenn den Bürgern zur selben Zeit noch starke Einschränkungen abverlangt werden", sagte er.
Die ersten Ratsparteien dringen allerdings darauf, die sitzungsfreie Zeit bald wieder zu beenden. So wendet sich die ÖDP dagegen, die bevor stehende Öffnung der Schulen für die Abschlussklassen ohne eine Beratung mit den Ratsvertretern vorzunehmen. ÖDP-Fraktionsvorsitzende Marianne Dominos erkennt zwar ausdrücklich an, dass Schuldezernent Paul Ketzer eine Telefonkonferenz mit den schulpolitischen Sprechern der Ratsparteien einberufen wird, doch sie meint auch, dass dies nicht den politischen Diskurs ersetze. Die Ratsfrau führt von den Folgen der Kontaktbeschränkungen für Familien bis zu den absehbaren Finanzproblemen der Stadt nach der Corona-Krise weitere Themen an, bei denen die Meinung der Ratsvertreter in den Fachgremien des Stadtrates gefragt sei.
Ältestenrat hat sich auf sitzungsfreie Zeit verständigt
Auch DKP-Vertreter Michael Gerber fordert schon länger eine Wiederaufnahme der Beratungen im Stadtrat und den Ausschüssen. Ginge es nach der DKP, tagte der Rat bereits wieder am 28. April. „Wenn das Möbelzentrum Ostermann wieder geöffnet hat, ebenso Baumärkte oder Gartencenter, gibt es keine Begründung, warum der Rat, seine Ausschüsse und Bezirksvertretungen weiterhin einer Zwangspause unterliegen sollten", meint Ratsherr Michael Gerber. In einigen Nachbarstädten seien die Beratungen in den Ratsgremien nicht einmal unterbrochen worden.
Der DKP-Vertreter warf Oberbürgermeister Bernd Tischler sogar vor, die kommunale Demokratie zu beschädigen, weil Tischler nicht sofort auf den DKP-Vorstoß reagiert habe. Allerdings hatte nicht der Oberbürgermeister, sondern der Ältestensrat, in dem Vertreter aller Ratsparteien versammelt sind, die Sitzungsunterbrechung des Rates mit großer Mehrheit empfohlen. Allein die DKP war dagegen. Stadtsprecher Pläsken erklärt daher auch, dass OB Tischler die sitzungsfreie Zeit gar nicht allein für beendet erklären könne. "Darauf müsste sich dann schon eine Mehrheit im Ältestenrat verständigen", sagte er. "Und dann ist noch die Frage, was der Corona-Krisenstab davon hält", betonte er.
Rat kann Kompetenzen auf Hauptausschuss übertragen
Zumindest aus der Raumnot gibt es für den Stadtrat allerdings einen Ausweg. "Der Rat könnte seine Kompetenzen auf den Hauptausschuss übertragen. Das würde dann auch von der Landesregierung so akzeptiert", erklärte der Stadtsprecher. Da die Mitgliederzahl in Hauptausschuss weit geringer als im Rat sei, ließen sich dann auch geeignete Räumlichkeiten für dessen Sitzungen finden. Bisher zeichne sich aber eine Mehrheit dafür im Ältestenrat nicht einmal ab, betonte Pläsken. Er verwies darauf, dass zum Beispiel auch die Grünen wegen der Pandemie auf der sitzungsfreien Zeit großen Wert gelegt habe.
Ohnehin sind sich schon die Vertreter der kleineren Ratsparteien in dieser Frage nicht einig. Die Linkspartei zum Beispiel widerspricht der DKP-Forderung ganz entschieden. "Das birgt für Gremienmitglieder und zwar nicht nur solchen, die Risikogruppen angehören, ein völlig unzumutbares Risiko", meint Sprecher Niels Schmidt. DKP-Vertreter Gerber ist von seiner ursprünglichen Forderung, die Zahl der Gremienmitglieder zu verringern, um die Abstandsregeln einhalten zu können, unterdessen wieder etwas abgerückt. Stattdessen bringt er nun den Saalbau als Tagungsort ins Gespräch.
Im Saalbau befindet sich das Corona-Behandlungszentrum
Darin aber befindet sich auch das örtliche Corona-Behandlungszentrum. Der Linke Schmidt kommentiert Gerbers Idee daher so: "Es kann im Sinne des Schutzes vor
der weiteren Ausbreitung eines potentiell lebensbedrohlichen Krankheitserregers wohl nicht ernsthaft diskutiert werden, dass eine möglichst große Zahl von Mandatsträgern regelmäßig Nähe zu Menschen sucht, die an dem Virus erkrankt sind".