Bottrop. Die Corona-Krise trifft Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten hart. Die Praxen sind offen, doch Patienten fehlen. Ein Therapeut erzählt

Sie sollen den Menschen auch in Zeiten der Corona-Pandemie helfen - doch in der Branche der Heilberufe bangt jetzt so mancher um seine Existenz. Physiotherapeuten, Logopäden oder Ergotherapeuten haben ihre Praxen trotz Kontaktsperre in der Regel zwar geöffnet, damit medizinisch notwendige Therapien durchgeführt werden können. Doch viele Patienten wissen das gar nicht. Oder sagen aus Angst vor einer möglichen Ansteckung mit dem Virus ihre Termine ab.

Physiotherapeut Wolfgang Allkemper beschreibt die aktuellen Herausforderungen so: "Wir haben unsere gesamte Praxisstruktur innerhalb von 14 Tagen umgekrempelt, in alle Richtungen." Gekämpft werden müsse an vier Fronten: Zum einen gelte es, den gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen und Patienten zu helfen. Dann müssten die Patienten geschützt und die Fürsorgepflicht für die Mitarbeiter wahrgenommen werden. Und gleichzeitig muss mit finanziellen Einbußen umgegangen werden. Denn: "Die Einbrüche sind da, das sieht man bei den Abmeldungen".

Behandelt werden darf nur noch auf Verordnung

Die Kunden, die sich sonst privat vielleicht eine Massage gönnen, fallen schonmal gänzlich weg. Behandelt werden darf nur noch auf Verordnung. Aber auch diese Patienten, die zum Beispiel nach einem Beinbruch wieder laufen lernen sollen oder chronische Beschwerden haben, bleiben ja aus eingangs genannten Gründen oftmals fern. Allkemper versucht, sie durch Anrufe und Aufklärung zurückzugewinnen.

Wichtig ist dann sicherlich, die verschärften hygienischen Maßnahmen zu schildern. Die fangen damit an, dass Patienten mit Erkältungssymptomen nicht hereinkommen dürfen, sondern zum Arzt geschickt werden. Diejenigen, die in die Praxis kommen, werden erst einmal zum Händewaschen geschickt. Die Wartestühle haben 1,50 Meter Abstand zueinander, die Lektüre wurde entfernt (damit es sich niemand zu lange gemütlich macht), die zeitliche Organisation optimiert. In jedem Behandlungsraum dürfen sich die Patienten nochmals die Hände waschen, und "der Behandler hat das ja sowieso schon immer gemacht".

Therapie auf Abstand, wo immer das geht

Wenn möglich, wird eine Therapie auf Abstand durchgeführt. Geht es zum Beispiel um die Nachbehandlung eines gebrochenen Beins, um sportliche Übungen, sei kein Körperkontakt notwendig. Wo dieser sich nicht vermeiden lässt, stehen nicht nur dem Behandler zum Schutz Mund-Nasen-Maske, Handschuhe und eine Brille zur Verfügung. "Auch der Patient kriegt eine Maske auf", erläutert Allkemper. Und zwar: von Mitarbeiterinnen selbst genähte! "Wir haben natürlich auch welche bestellt, aber man bekommt ja keine. Also machen wir sie selbst." Jeder Patient nimmt seine Maske mit heim, wäscht sie durch und soll sie zum nächsten Termin wieder mitbringen.

Ein neuer Hygieneplan erhöhe zudem den Turnus der Desinfektion von Flächen und Trainingsgeräten. "Mit diesen Standards werden wir auch im Herbst noch arbeiten, davon bin ich fest überzeugt", sagt Allkemper.

Vorsorglich Kurzarbeit angemeldet

Er habe eine große Praxis mit langer Warteliste, so dass wegbrechende Behandlungen aktuell auch etwas kompensiert werden könnten. "Aber das sind dann Behandlungen, die einem später fehlen", unterstreicht Allkemper.

Vorsorglich habe er für seine Belegschaft (zehn Therapeuten, fünf Praxisorganisatoren) für April Kurzarbeit angemeldet. Wie viel in den nächsten Wochen zu tun sein wird, lässt sich einfach schwer abschätzen. Die staatliche Finanzhilfe für Kleinunternehmen hat der Selbstständige ebenfalls im Blick, und auch mit dem Vermieter hat er schon gesprochen. Denn: "Man muss alle Varianten andenken. Ich weiß ja zum Beispiel auch nicht, ob wir nicht vielleicht doch noch die Praxis komplett schließen müssen."