Bottrop. Benjamin Eisenberg kämpft wie Tausende andere Künstler mit Absagen. Kein Auftritt, keine Gage. Für den Kabarettisten wäre jetzt Hochsaison.
Der Kabarettist, zumal der politisch informierte, nimmt den Politiker in die Mangel, zumindest aber aufs Korn. Wenn ein Benjamin Eisenberg, der ja immer wieder auch „Mutti“ parodiert, jetzt voll hinter einer Rede der Kanzlerin steht, obgleich sie ihm sogar wie eine verkappte Drohung an die Bevölkerung vorkommt, muss es ernst sein. „Klar“, sagt Eisenberg, „Angela Merkel drohte, das Land wegen des Coronavirus komplett dich zu machen, zu recht. Auch wenn das für mich praktisch einem Arbeitsverbot gleichkommt.“ Merkel liege mit ihrer Einschätzung angesichts der Krisensituation völlig richtig, sagt Eisenberg, auch wenn es ihm und Tausenden Kollegen das Wasser abgräbt. Im Grunde hätte es schon vor Wochen eine totale Absage für alles geben müssen und nicht dieses Herumeiern, wie es sich NRW bis zuletzt immer noch erlaubt habe. Andere hätten längst viel härter durchgegriffen.
Nicht alle haben Rücklagen - Der Sommer könnte bereits schwierig werden
Die Kehrseite der Medaille: „Wer als Selbstständiger keine Rücklagen hat, dem steht bald schon das Wasser bis zum Hals“, so Eisenberg. Künstlerinnen, Sänger, Tänzerinnen, Musiker oder Comedians blicken auf Wochen oder Monate, in denen niemand etwas zu lachen haben wird. Auch er überlegt, wie es weitergeht, wenn das Coronavirus alle vielleicht noch über Monate im Griff hat. In seiner Branche sorgt man im Winterhalbjahr für das Sommerloch vor. „Das ist nun nicht möglich“, sagt der Kabarettist. Und es gebe natürlich auch Kollegen, die einfach gar nichts zurücklegen könnten. Da heißt es „The Show must go on“ und zwar ständig, damit das tägliche Leben überhaupt weitergeht.
In Bottrop trifft es zunächst die beliebte Show „Comedy im Saal“. Die „Ladies Night“ von diesem Wochenende wird nach geholt. Aber die regulären Termine im April, eventuell auch im Mai, werden erst einmal ausfallen. Für April besonders schade, denn mit Ingo Oschmann hätte ein ziemlich prominenter Kollege die Show aufgemischt. Jetzt hoffen Eisenberg aber auch die evangelische Kirchengemeinde als Veranstalterin auf einen Nachholtermin.
Nicht alles kann unbegrenzt nachgeholt werden
Das Problem: Nicht alles kann unbegrenzt nachgeholt werden. Einmal sind die Terminkalender der meisten Künstler durchgeplant. Und welcher Besucher kann oder will schon drei oder vier Nachhol-Shows in einer Woche sehen. Vielleicht fällt auch sein Bühnenjubiläum am 7. Juni in der Kulturkirche ins Wasser. Eine große Show mit vielen Bekannten, deren Erlös je zur Hälfte für die Kulturarbeit der evangelischen Gemeinde und der Kulturkirche gehen soll.
Neben der künstlerisch-kreativen Arbeit geht es um existentielle Themen: Wer zahlt Ausfallgagen oder gibt es einen Ausgleich für entgangenen Einnahmen. Was passiert, wenn Veranstalter in Schieflage geraten? Fragen, an die sich auch Benjamin Eisenberg erst langsam herantastet. Bis jetzt gebe ja bereits Hilfszusagen in Milliardenhöhe, die auch für freiberufliche Kunstschaffende gelten sollen. Die Kulturministerien des Bundes, der Länder aber auch die Gema für Musikschaffende arbeiten oder die Künstlersozialkasse arbeiten an Hilfsprogrammen (siehe Info-Box). Nur dürfte man mit der konkreten Umsetzung nicht mehr allzulange warten.
Planungen für die kommende Wintersaison laufen weiter
Auch Benjamin Eisenberg spürt jetzt schon Einbußen. „Für März und April hatte ich viele Auftritte, die nun alle abgesagt wurden.“ Wirtschaftlich mache er sich für die nächsten zwei, drei Monate noch keine Sorgen, aber wenn die Krise länger anhalte, womöglich bis Ende des Jahres oder darüber hinaus, sehe es wohl überall düster aus. Zurzeit setzt er aber auf die kommende Herbst- und Wintersaison, für die er bereits plant. Außerdem bereitet er sich derzeit auf seine Disputation an der Uni vor, mit der seine Promotion dann ihren Abschluss finden soll. Das Thema ist dem Literatur- und Sprachwissenschaftler Eisenberg wie auf den Leib geschneidert: „Wie entsteht Sprachkomik“. Dann hat die Stadt neben Doktor Stratmann einen weiteren promovierten Kabarettisten: Dr. Eisenberg.
Aktuelle Infos zum Thema für Künstler und die allgemeine Situation in Bottrop
Das Land NRW hat für Künstlerinnen und Künstler, denen die Einnahmen wegbrechen, ein Corona-Notprogramm geplant. Es soll ein unbürokratisches Überbrückungsgeld von 2000 Euro geben.
Mehr Infos gibt es u.a. bei der GEMA, bei kulturretter.de, bei der Facebook-Gruppe #kulturerhalten, beim Deutschen Kulturrat.
Die Künstlersozialkasse informiert ebenfalls über die aktuelle Corona-Situation.
Mehr Infos über die aktuelle Situation in Bottrop gibt es auf: www.waz.de/bottrop.