Bottrop-Kirchhellen. André Wülfing zeigt den Roman „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ im Kirchhellener Kulturzentrum als packendendes Ein-Mann-Theater.

„Jetzt brauchen wir erst einmal eine Pause“, raunt André Wülfing lächelnd nach dem ersten Teil seiner Erzählung ein. Jetzt präsentierte er dem Publikum im Kulturzentrum Hof Jünger die Geschichte des Romans „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ von Bestseller-Autor Eric-Emmanuel Schmitt. Einige im Publikum hatten den Roman gelesen oder kannten die Verfilmung, die 2003 mit Omar Sharif in der Rolle des Ibrahim in die Kinos kam.

Paris wurde auf der minimalistischen Bühne lebendig

Dennoch: Ein wenig einlassen musste man sich auf den Stoff, den Wülfing als Erzählung umgearbeitet hatte. Dabei erzählte der Dortmunder den Stoff jedoch nicht nur einfach in Form einer Rezitation, sondern machte ihn vielmehr als Ein-Mann-Theater erfahrbar. Mit wenigen Mitteln und einem minimalistischen, aber doch vollkommen ausreichenden Bühnenbild, sowie stimmlicher Abwechslung und gekonnter Gestik entführte André Wülfing das Publikum in die Pariser Straße Rue Bleue und lässt dort die Hauptfigur des Jugendlichen Moses, Momo genannt, und den Kolonialwarenhändler Monsieur Ibrahim lebendig werden.

André Wülfing brachte eine Theaterfassung von Eric-Emmanuel Schmitts Roman „Monsieur Ibrahim und die Blume des Koran“ ins Kulturzentrum Hof Jünger.
André Wülfing brachte eine Theaterfassung von Eric-Emmanuel Schmitts Roman „Monsieur Ibrahim und die Blume des Koran“ ins Kulturzentrum Hof Jünger. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

So gewährt er Einblicke in die arabische Seele des Händlers Ibrahim, der sich Momo annimmt, da dieser unter der schlechten Beziehung zu seinem Vater leidet. Momos Vater, dessen depressive Stimmung Wülfing durch kurze, strenge Sätze rüberbringt, quält Momo immer wieder dadurch, dass er ihn mit seinem – wie sich später herausstellt – imaginären Bruder Popol vergleicht, der sich anders als Momo tadellos verhält.

Genauso nuanciert spricht Wülfing den Monsieur Ibrahim und legt der Figur den sanften, weisen Charakter, die sie ausmacht, in die Stimme, kann aber prompt zur jungenhaften Stimme des Momo wechseln. So entsteht ähnlich wie bei einem Hörbuch die Illusion eines Dialogs. Genauso schafft es André Wülfing, die anderen Figuren zu inszenieren. Seien es die Prostituierten aus der Rue de Paradis, die Momo besucht, oder Brigitte Bardot, der Monsieur Ibrahim für 40 Franc eine Wasserflasche verkauft. Auch die Reise ins Heimatland, die Monsieur Ibrahim mit Momo antritt, nachdem Momos Vater, dessen Eltern von Nationalsozialisten deportiert wurden, Suizid begangen hat, schafft Wülfing mit nur wenigen Mitteln – aus dem Verkaufstisch wird kurzerhand ein Auto – fantasievoll anzudeuten.

Leider waren kaum die ersten Reihen des Kulturzentrums besetzt. Sicherlich hätte die Leistung von André Wülfing mehr Publikum verdient. Applaus gab es für die unterhaltende Erzählung allerdings reichlich.