Bottrop. Zum Auftakt seiner Klimawoche lädt Correctiv zu einer Diskussion mit Bottroper Experten ein, die mit Wetterveränderungen konfrontiert sind.
Im vergangenen Jahr haben dutzende NRW-Kommunen den Klimanotstand ausgerufen, darunter auch die Stadt Bottrop. Unter der Motto „Klimakrise lokal“ hat das gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv am Montag in ihr gerade erst bezogenes Ladenlokal in der Hochstraße eingeladen.
Die Veranstaltung gab den Auftakt zu vier Informationsabenden zum Thema „Klima“, und etwa 30 Bottroper waren der Einladung gefolgt, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen: Klimakrise – was spüren wir vor Ort davon?
Klimawandel, wie wir ihn in Bottrop erleben können
Bastian Schlange, Leiter der Correctiv-Ruhr-Redaktion, moderierte den Abend und stellte nach einer kurzen Einführung seine Gesprächspartner vor: Manuel Askemper, Kirchhellener Landwirt, und Thomas Kämmerling, Waldexperte vom Regionalverband Ruhr. Beide sind Akteure vor Ort, denn heute geht es nicht um globale Ereignisse wie Buschbrände in Australien und schmelzende Polkappen, heute geht es um den Klimawandel, wie wir ihn lokal erleben.
Als der Landwirt, der konventionelle Schweinemast betreibt, seine Arbeit schildert, wird deutlich, wie die jahreszeitliche Verschiebung von Trocken- und Regenzeiten und auch die Temperaturverschiebungen im Frühling und im Herbst die Ernte der Futterpflanzen beeinflussen. Nach Verlusten von 30 bis 40 Prozent in den letzten beiden Jahren hat er den Maisanbau inzwischen aufgegeben.
Nur noch jeder fünfte Baum ist als gesund zu bezeichnen
Noch dramatischer sind die Schilderungen von Thomas Kämmerling, der die Situation des Waldbestandes in der Region und vor allem auf der Kirchheller Heide beschreibt. Nur noch jeder fünfte Baum sei als gesund zu bezeichnen, und in ein paar Jahren werde es in unserer Region wohl keine Fichten mehr geben. Hinzu kommt ein massiver Befall mit Borkenkäfern, der allein in Nordrhein-Westfalen 40 bis 60 Millionen Bäume pro Jahr trifft.
Als der Experte die Gäste auffordert zu schätzen, wie viele Käfer einen Baum besiedeln, gehen die Zahlen weit auseinander. 500 vielleicht? Oder 10.000? Weit gefehlt. Bis zu 130.000 Parasiten können es sein. „Eigentlich kann der Baum sich durch die Produktion von Harz wehren“, erklärt RVR-Experte Kämmerling. „Aber dazu braucht er Wasser, und wenn die Sommer extrem trocken sind, hat der Baum keine Chance.“
Massentierhaltung und die Verantwortung der Verbraucher
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Zunächst war eine Stunde für die Veranstaltung angesetzt – am Ende dauerte sie mehr als zwei Stunden. Es wurde eine Fülle an Informationen geboten, interessiert nachgefragt und kontrovers zum Beispiel über Massentierhaltung und Verbraucherverantwortung diskutiert. Natürlich kamen viele Fragen auf: Ist das Begießen von Stadtbäumen sinnvoll? Was bedeutet Trilogie der Waldfunktion? Und was ist das Schwammwald-Phänomen? Und, besonders wichtig: Wie sieht es mit Lösungen aus?
Dabei wurde deutlich, dass es wie in vielen Bereichen beim Klimaschutz um ein Bündel von Maßnahmen geht. Zum Beispiel in der Forstwirtschaft: Artenvielfalt durch das Pflanzen robuster Bäume wie etwa Roteiche, Küstentanne und Douglasie, Zulassen verschiedener Altersklassen von Bäumen, Ermöglichen genetischer Variabilität und Verzicht auf Kahlschlag. Priorität hat aber immer der Erhalt bestehender Biotope, denn so mancher Baum lebt mehr als 200 Jahre.
So geht die Klimawoche weiter
„Leugnen ist zwecklos“ heißt es am Dienstag, 4. Februar, weiter im Programm - ein Faktencheck. Am Mittwoch, 5. Februar, geht es um das Thema Mobilität: „Der Pott bewegt sich (nicht)“. Am Donnerstag, 6. Februar, heißt in der Abschlussveranstaltung: „Aktivismus trifft Realpolitik“. Die Abendforen finden im „Salon 5“ an der Hochstraße 25 um 19 Uhr statt und sind kostenlos.
„Correctiv“ ist das erste gemeinnützige Recherchezentrum in Deutschland. Es hat seinen Sitz in Essen und einen weiterem Standort in Berlin. Seit Anfang des Jahres betreibt Correctiv den „Salon 5“ in einem Bottroper Ladenlokal. Hier wird zurzeit auch eine Jugendredaktion aufgebaut