Bottrop. Kaum einer will die Bons haben, nur die Bottroper Fridays-for-Future-Gruppe. Sie will die Papierflut aus Protest an die Bundesregierung schicken.
Die allermeisten Kunden wollen sie gar nicht haben: die Kassenbons, die ihnen die Verkäuferinnen jetzt immer aushändigen müssen. Serviererinnen und Verkäuferinnen in Kläseners Auszeit-Café jedenfalls legen die ausgedruckten Kassenbelege erst einmal auf die Verkaufstheke, wenn wieder einmal eine Kundin oder ein Kunde den Beleg nicht mitnehmen wollen. „Die allermeisten Kunden wollen den Bon nun einmal nicht haben, und ich kann schließlich niemanden dazu zwingen“, erläutert Kläsener-Mitarbeiterin Marita Gerfen die alltägliche Prozedur im Café am Kirchhellener Johann-Breuker-Platz. Auch in den Bottroper Supermärkten verneinen viele Kunden die Standardfrage, die deren Kassiererinnen auch schon vor der Jahreswende gestellt hatten: „Möchten Sie den Bon?“
Anfangs hätten sie und ihre Kolleginnen die Kassenbelege, die liegen geblieben waren, gesammelt und kurz aufbewahrt. „Jetzt werfen wir die an jedem Abend in den Müll“, berichtet Marita Gerfen über die von der Bundesregierung verordnete Zettelwirtschaft in ihrem Café. Damit tritt ein, was Oliver Hein, Sprecher des Bäckerei-Unternehmens „Malzers Backstube“ schon vor Wochen vorausgesagt hatte: „Diese Regelung hilft nicht weiter und schafft nur eines: Viele achtlos fallen gelassene Kassenzettel und riesige Müllberge in den Städten.“ Dabei werde doch in vielen Richtungen nachhaltig gedacht, und Plastiktüten zum Beispiel nach und nach abgeschafft. „Nun kommt von einer anderen Seite eine solche Regelung, die Unmengen an Papier vernichten wird“, kritisierte Hein noch wenige Wochen vor Einführung der Bon-Pflicht.
Aktion gegen Kassenbons beginnt am kommenden Montag
Das ruft jetzt auch die Bottroper Aktivisten der Klimaschutzgruppe „Fridays for Future“ auf den Plan. Sie bereiten eine Aktion gegen die Bon-Pflicht vor und wollen dem Bundesumweltministerium dann per Post vor Augen führen, wohin die Regelung führt: zu Bergen von Papier. Die Bon-Pflicht stamme zwar aus dem Bundesfinanzministerium, doch Umweltministerin Svenja Schulze habe sich trotz des absehbaren Umweltschadens nicht einmal dagegen ausgesprochen, kritisiert Fridays-for-Future-Sprecher Sven Hermens.
„Wir werden in Bäckereien, Cafés, Kiosken und bei kleineren Einzelhändlern Sammelboxen aufstellen, damit sie darin die absurde Menge an Kassenbons aufbewahren können, bis wir die Boxen wieder abholen. Auch die Kunden können ihre Bons da hineinwerfen“, erklärt Sven Hermens. Vom kommenden Montag, 20. Januar an, bis einschließlich Freitag, 24. Januar, werden die Sammelboxen der Fridays-for-Future-Bewegung in den Cafés und Geschäften stehen. „Wir werden die Kassenbons dann einsammeln und mit einem Anschreiben in einem großen Paket an das Umweltministerium schicken“, kündigt der Sprecher der Umweltgruppe an. „Es handelt sich dabei doch um eine zusätzliche, völlig unnötige Umweltbelastung“, kritisiert der Umweltschützer. Die Kassenbons seien ja auch noch aus einem Papier, das in den Restmülltonnen entsorgt und verbrannt werden müsse und nicht recycelt werden könne.
Minister Scholz soll gegen echten Steuerraub entschlossener vorgehen
Auch interessant
Auch die Schieflage beim vorgeblichen Schutz vor Steuerhinterziehung durch die Einführung der Bon-Pflicht erstaunt den Sprecher der Bottroper Fridays-for-Future-Bewegung. „Als ob Bäckereien, Cafés und Kioske der größte Hort für Steuerhinterzieher wären“, meint Sven Hermens. Finanzminister Olaf Scholz sollte vielmehr entschlossenergegen den milliardenschweren Steuerraub durch sogenannte Cum-ex-Geschäftevorgehen, bei denen Leerkäufer durch Mehrfacherstattungen für nur einmal abgeführte Kapitalertragssteuern große Gewinne erzielen.
Zur Bon-Pflicht meint Hermens: „Das Gesetz gehört so schnell zurückgenommen wie es gekommen ist“.
Frist für Kassen verlängert
Die Bon-Pflicht gilt seit dem 1. Januar 2020. Eigentlich sollten bis Ende 2019 auch alle Registrierkassen fälschungssicher sein. Allerdings stand bis Ende September 2019 immer noch keine Technik zur Verfügung, die das garantiert.
Daher müssen die Kassen nun erst bis September 2020 fälschungssicher gemacht werden. Die Bon-Pflicht gilt trotzdem ab dem 1. Januar.