Bottrop. Das renommierte Chorwerk Ruhr gibt am Sonntag in Liebfrauen sein Debüt bei „Orgel Plus“. Ein Gespräch mit dem Dirigenten Leiter Florian Helgath.

Das Chorwerk Ruhr gilt als der Vorzeigechor der Region. Vor 20 Jahren gab das damals neu gegründete Ensemble, damals noch unter Frieder Reinius, sein erstes Konzert. In Bottrop war das Ensemble bereits 2002 bei der Ruhrtriennale zu erleben. Jetzt geben die rund 30 Sängerinnen und Sänger in Debüt beim Festival „Orgel Plus“. Am Sonntag stellen sie in der Liebfrauenkirche unter ihrem künstlerischen Leiter Florian Helgath ihr neues Programm vor, das einen Abend zuvor in Wuppertal Premiere hat. Mit Florian Helgath, der das Ensemble seit 2011 leitet, sprach Dirk Aschendorf.

Seit acht Jahren leiten Sie das Chorwerk Ruhr und haben dieses Amt nach ihren beiden Vorgängern am längsten inne. Damals waren Sie neugierig aufs Kultur-Revier und auf den Chor. Trifft das immer noch zu?

Florian Helgath: Auf jeden Fall. Vor allem stimmt die Chemie zwischen mir und dem Chor, wenn ich das so sagen darf. Es läuft wirklich sehr gut, so gut, dass ich meinen Vertrag bis 2023 verlängert habe.

Läuft gut klingt fast schon bescheiden. Erst im Frühjahr ist das Chorwerk im Festspielhaus Baden-Baden zu Gast singt in Beethovens einziger Oper „Fidelio“ und dessen „Missa Solemnis“ mit den Berliner Philharmonikern unter deren neuem Chefdirigenten Kirill Petrenko. Bei der Ruhrtriennale kommt dann Mendelssohns „Elias“. Gibt es heute mehr Projekte als noch vor zehn Jahren?

Auf jeden Fall. Wir haben nicht nur die Konzertzahl von etwa 20 auf rund 40 pro Jahr fast verdoppelt und haben auch mehr Projekte im Repertoire.

Das Chorwerk Ruhr.
Das Chorwerk Ruhr. © Pedro Malinowski

Schaffen Sie das alles mit der Stammbesetzung, ist das ihr Erfolgsgeheimnis?

Viele Programme ja. Der feste Kern besteht aus 24 Sängerinnen und Sängern. Aber für viele Programme, auch für Baden-Baden, arbeitet der Chor in größerer Besetzung. Da haben wir eine gute Kartei, auf die wir zurückgreifen. Wichtig ist mir aber, dass die Kernbesetzung konstant bleibt. Das, und die solistische Qualität der Sänger, ist vielleicht ein Geheimnis des Erfolgs.

Wenigstens zu Anfang galt das Chorwerk als Chor der Ruhrtriennale unter dem Dach der Kultur Ruhr GmbH. Ist das heute noch so oder: Wie unabhängig sind Sie?

Sehr unabhängig. Der Chor war und ist mit der Triennale verbunden, wir stimmen uns programmatisch miteinander ab, sind in das Programm integriert, aber sonst agieren ganz selbstständig.

Das Chorwerk vergibt Kompositionsaufträge, kann auf zahlreiche Uraufführungen zurückblicken. Ist Neue Musik ein Schwerpunkt?

Das würde ich nicht sagen. Wir sind eher ein Konzertchor, der quer durch die Epochen geht, aber auch gerne Crossover-Programme macht.

Zum Beispiel?

Das „Café Beethoven“ verbindet Musik und Schauspiel oder in „Sound of Silence“ verbinden wir Musik der Renaissance mit Jazz, ist übrigens bald beim Jazz-Festival in Moers zu hören.

Das neue Jubiläumsprogramm, das jetzt in Bottrop aufgeführt wird, stellt Kirchenmusik in den Mittelpunkt...

Ja, ausschließlich. Und alle Werke stammen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, quer durch Europa, das ist vielleicht ein möglicher roter Faden. Leoš Janáčeks „Vater unser“, die Messe des Schweizers Frank Martin oder das wunderschöne „Requiem“ von Maurice Duruflé. Für ein Jubiläumsprogramm vielleicht eine ungewöhnliche Wahl, aber dieses ist vielleicht das fröhlichste, positivste Requiem, keine Spur von Hölle, Rache, Kampf oder Zorn, wie es sonst oft im „dies irae“ klingt.

Haben Sie in Bottrop schon geprobt?

Nein, es gibt Sonntag nur eine Anspielprobe, ein kleines Wagnis. Aber der Organist Peter Kofler ist schon da und stellt sich auf die fabelhafte Orgel in Liebfrauen ein. Er hat übrigens die Orte nach den Orgeln ausgesucht. Ein Instrument wie geschaffen für diese Musik, man braucht die orchestralen Möglichkeiten, die die Bottroper Orgel auf jeden Fall hat. Die Entfernung zwischen Organist und mir gleichen wir übrigens mit Kamera und Kopfhörern aus, damit auf jeden Fall die Einsätze nicht verzögert kommen.

Der Dirigent - Das Konzert

Florian Helgath (41) begann seine Sängerlaufbahn bei den Regensburger Domspatzen und studierte an der Münchener Hochschule für Musik und Theater. Seit 2011 ist er künstlerischer Leiter des Chorwerks Ruhr, seit 2017 auch der Zürcher Singakademie. Er ist regelmäßig zu Gast bei renommierten Rundfunk- und Konzertchören und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Das „Orgel Plus“-Konzert mit dem Chorwerk Ruhr beginnt am Sonntag, 12. Januar, 16 Uhr in Liebfrauen am Nordring 76 in 46240 Bottrop-Eigen. Karten an der Tageskasse. Info: www.orgelplus.de