Bottrop. Immer wieder passiert es, dass Notfall-Patienten aus Bottrop in Krankenhäuser in Nachbarstädte kommen. Das steckt dahinter.

Für die meisten Patienten und deren Angehörige dürfte es eine Horrorvorstellung sein. Nach einem medizinischen Notfall liegt man im Rettungswagen - und die Feuerwehr muss zunächst einmal klären, welches Krankenhaus in welcher Stadt sie anfährt, weil die Bottroper Kliniken keine Kapazitäten mehr frei haben.

So ähnlich erging es einem WAZ-Leser zuletzt. Sein Vater hatte einen Herzanfall, der Hausarzt schickte ihn ins Krankenhaus und die Feuerwehr, die den Patienten transportieren sollte, musste klären, wo es hingeht. Am Ende wurde der Vater des Lesers in einem Gladbecker Krankenhaus behandelt. Die Bottroper Kliniken hätten sich abgemeldet, die Feuerwehr habe sie nicht anfahren können, sagt der Leser. „Ich habe gar nicht gewusst, dass so etwas geht. Das darf doch eigentlich gar nicht sein.“

Wenn Geräte gewartet werden oder alle Betten voll sind, werden Ressourcen abgemeldet

Tatsächlich kommt es immer wieder vor, dass Rettungs- oder Krankenwagen die beiden Bottroper Krankenhäuser nicht anfahren können. In solchen Fällen hätten Marienhospital oder Knappschaftskrankenhaus bestimmte Ressourcen abgemeldet. Ein Beispiel etwa könnte sein, dass das Herzkatheter aufgrund von Wartungsarbeiten nicht genutzt werden kann oder schlicht keine Intensivbetten mehr zur Verfügung stünden. Auch Personalmangel aus Krankheitsgründen sei ein denkbarer Fall, um kritische Ressourcen – zumindest kurzfristig – abzumelden.

In so einem Fall müsse die Feuerwehr oder letztlich der Notarzt entscheiden, was zu tun sei, sagt Feuerwehrsprecher Christoph Lang. Denn grundsätzlich seien Krankenhäuser gesetzlich zur Erstversorgung verpflichtet. Das bedeutet: Die Feuerwehr kann jederzeit einen Patienten bringen, der muss dann versorgt werden. Es sei aber gut möglich, dass er dann nicht im Krankenhaus bleiben kann und stattdessen verlegt und damit noch einmal transportiert werden muss. „Da muss dann überlegt werden, ob man dem Patienten nicht vielleicht eine drei Minuten längere Fahrt zumuten kann, er dafür dann aber in einem Krankenhaus umfassend versorgt werden und dort auch bleiben kann“, so Lang. Hinzu kämen Fälle, in denen Patienten sofort in eine Spezialklinik in der Region transportiert werden.

Feuerwehr Bottrop kann die Einsatzbereitschaft der Kliniken der Region erkennen

Auch im Marienhospital (MHB) komme es immer mal wieder vor, dass bestimmte Ressourcen abgemeldet würden, bestätigt Dr. Michael Nosch, der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am MHB. Er ist auch stellvertretender ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes und weiß um die Probleme in so einer Situation. Aber es gebe Situationen, da geht es eben nicht anders. Die Kapazitäten einer Intensivstation etwa seien begrenzt und es gebe Tage, da seien beispielsweise Operationen geplant. Da wisse man schon im Vorfeld, dass der Patient im Anschluss ein Bett auf der Intensivstation benötige. „Dann blocke ich dieses Bett auch schon, so dass es auch wirklich zur Verfügung steht.“

Ähnlich auch die Situation am Knappschaftskrankenhaus. Über das Informationssystem Gefahrenabwehr NRW, kurz IG NRW, einem Internetportal, werde die entsprechende Ressource abgemeldet, erläutern Dr. Martin Christ, der Leiter der Kardiologie, und Klaus Limberg, der ärztliche Leiter der Zentralambulanz. Ähnlich einer Ampel steht der Status dann auf grün – verfügbar – oder rot. Nahezu alle Kliniken in NRW sind an dieses System angeschlossen – und auch die Feuerwehr. Die kann dort den Status abrufen für Bottrop, hat aber auch die Übersicht, wie es in den Nachbarstädten aussieht. Das erleichtert Notarzt und Sanitätern dann die Entscheidung, trotz Abmeldung eines der Bottroper Häuser anzusteuern oder in eine Nachbarstadt zu fahren, wo die benötigte Ressource sofort verfügbar ist.

Manchmal ist eine Ressource innerhalb kurzer Zeit wieder verfügbar

Doch wie häufig kommt es nun vor, dass Patienten in Bottrop nicht versorgt werden? Weder die Feuerwehr noch die Krankenhäuser können da konkrete Angaben machen. Allerdings komme es um diese Jahreszeit schon ein wenig häufiger vor als etwa im Sommer, so Dr. Noschs Annahme. Es sei allerdings auch schwer zu sagen, da sich der Zustand – etwa bei der Belegung der Intensivstation – schnell ändern könne, sagt Klaus Limberg. „Manchmal geht es vielleicht nur um ein oder zwei Stunden.“

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Gleichzeitig betonen die Ärzte beider Krankenhäuser – wie auch die Feuerwehr –, dass sich kein Krankenhaus komplett abmelden kann, sondern verpflichtet ist, Notfälle zu behandeln. Dem könne und werde sich auch keine Bottroper Klinik verschließen. Gleichzeitig hätten Notfallpatienten im Ruhrgebiet eben das Glück, dass es hier viele Krankenhäuser auf engem Raum gebe. So haben Rettungsdienste die Auswahl bei vergleichsweise kurzen Wegen.