Wer seine Alkoholsucht in den Griff bekommen will, der findet seit 50 Jahren Hilfe beim Kreuzbund. Dabei werden auch die Angehörigen eingebunden.

„Gemeinsam sind wir stark“, stand als Leitmotiv am Sonntag über der Jubiläumsfeier des Kreuzbundes , einer Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und deren Angehörige, die seit 1969 in Bottrop vertreten ist. Inzwischen gibt es im gesamten Stadtgebiet zehn Gruppen, eine davon eine reine Frauengruppe. An jedem Tag findet irgendwo ein Gruppenabend statt. Das wichtigste Kriterium bleibt das „Gruppengeheimnis“, alles was dort besprochen wurde, bleibt auch in der Gruppe. Dazu muss sich jedes Gruppenmitglied verpflichten.

Mitglieder und Gäste feierten am Sonntag das 50-jährige Bestehen des Kreuzbundes in Bottrop, hier Pfarrer Ingo Mattauch, geistlicher Beirat des Kreuzbundes, bei seinem Grußwort.
Mitglieder und Gäste feierten am Sonntag das 50-jährige Bestehen des Kreuzbundes in Bottrop, hier Pfarrer Ingo Mattauch, geistlicher Beirat des Kreuzbundes, bei seinem Grußwort. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Gruppensprecherin Almuth ist seit 26 Jahren trocken, weiß aber „man muss immer dranbleiben, man bleibt ein Leben lang Alkoholikerin.“ Ein Gruppenmitglied sei noch nach 15 Jahren rückfällig geworden. „Man begreift und lernt, dass man das alles für sich tut, man muss so stark werden, dass man Rückschläge verkraften kann,“ ergänzt ihre Nachbarin. Ein Gruppenmitglied hat ihren Umgang mit Alkohol als grenzwertig empfunden: „Habe ich Alkohol missbraucht oder bin ich Alkoholikerin?“ Nach einem halben Jahr in der Gruppe weiß sie, dass man gemeinsam viel für sich selbst klären kann: „Ich weiß jetzt für mich wo ich stehe.“

Gruppe bedeutet Rückhalt in vielen Lebenslagen

Die Gruppe kann einen großen Rückhalt nicht nur bei akuter Krankheit bedeuten. Monika (58) ist seit 18 Jahren trocken, hat die Gruppe für einige Jahre ohne Rückfall verlassen. Nach dem Tod ihres Mannes „traute ich mir selbst nicht mehr über den Weg.“ Seitdem ist sie wieder zurück in der Gruppe und weiß nicht, „was mir ohne die Unterstützung passiert wäre“. Gruppe sei nicht nur das wöchentliche Gespräch am Gruppenabend, es hätten sich Freundschaften entwickelt, man habe gemeinsame Hobbys und verbringe die Freizeit miteinander. Das „Wir“ steht immer im Vordergrund , das „Miteinander und die Gemeinschaft“ seien wesentliche Bausteine des Erfolgs, um sein oft zerstörtes Leben mit Familie ,Arbeit und Umfeld wieder in Griff zu bekommen.

Immer wieder betonten die Betroffene, welche Auswirkungen die Sucht auf das Umfeld habe, die Angehörigen seien oft gleichermaßen betroffen. Markus (52) unterstützt seine alkoholkranke Frau. Die positiven Erfahrungen der Gruppenstunden habe die Verhaltensweisen seiner Frau und damit auch die Beziehung grundlegend verändert.

Angehörige, die oftmals co-abhängig sind, finden beim Kreuzbund ebenfalls Hilfe

Günter hatte vor 33 Jahren erhebliche Probleme, drohte wegen seiner Sucht alles zu verlieren, familiär wie beruflich. Gemeinsam mit seiner Frau Claudia, die zwar nicht süchtig, aber als „Co-Abhängige“ hart betroffen war, besuchte Günter die Gruppenstunden beim Kreuzbund, die ihm die Augen geöffnet hätten „wo ich damals stand.“ Durch die gemeinsame gemeisterte harte Zeit regulierte sich das Leben wieder, aber Günter resümiert: „Die Zeit war wichtig für mein jetziges Leben.“

Auch der Vorsitzende des Kreuzbund-Stadtverbandes, Gerhart Löbert, ist seit mehr als zwei Jahrzehnten trocken, überrascht aber auch mit einer unerwarteten, ungewöhnlichen Perspektive: „Ich bin froh , Alkoholiker gewesen zu sein, ich hätte sonst so viele Erfahrungen nicht machen können.

Kreuzbund in Bottrop ist unter dem Dach der Caritas organisiert

Viel Prominenz aus Politik und Verwaltung feiert im Bonifatiusheim im Fuhlenbrock mit. Oberbürgermeister Bernd Tischler erinnerte als Schirmherr an die vielfältige Arbeit des Kreuzbundes, bei der „jeder die Hilfe erhalte, die für ihn nötig sei.“ Vorsitzender Löbert erinnerte daran, dass zur Gründungszeit die Alkoholsucht nicht immer ernst genommen wurde und mit „hör mit dem Saufen auf “ wenig hilfreich kommentiert wurde. Die Sucht sei auch oft aus Scham vertuscht worden. Ein großer Fortschritt sei die Anerkennung als Krankheit gewesen aber auch die Tatsache, dass Menschen dazu stünden, „sich nicht mehr verstecken müssen.“ Man dürfe sich nicht ausgrenzen lassen und stattdessen in der Mitte der Gesellschaft stehen.

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Seinen Ursprung hat der Kreuzbund in der katholischen Kirche und ist deshalb auch unter dem Dachverband der Caritas, deren Direktor Andreas Trynogga auch zu den Gratulanten gehörte.

Hier gibt es Infos und Ansprechpartner

Die Geschäftsstelle des Stadtverbandes befindet sich im „Haus der Vielfalt“ an der Gerichtsstraße. Eine offene Sprechstunde gibt es jeden Freitag von 10 bis 12 Uhr, Im Antonius Krankenhaus Kirchhellen findet diese Sprechstunde an jedem zweiten Mittwoch von 17 bis 18.20 Uhr statt.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter: https://kreuzbund-stadtverband-bottrop.de oder oder unter der 3729486.