Bottrop . Das Projekt bekommt noch einmal fast 2,5 Millionen Euro Förderung. Inzwischen werden aber auch Zweifel laut am Erreichen der Klimaschutzziele.
Das Klimaschutzmodellprojekt Innovation City ist für Ministerpräsident Armin Laschet eines der Vorhaben, die den Strukturwandel im nördlichen Ruhrgebiet voranbringen. Das Land und der Bund bezuschussen Projekte mit dem Innovation-City-Siegel daher auch mit Millionenbeträgen. So hat die Bezirksregierung Münster der Stadt jetzt nicht ganz 2,5 Millionen Euro für weitere Projekte bewilligt, die auch dem Klimaschutz dienen. Die Klima-Redaktion des gemeinnützigen Recherche-Büros Correctiv bezweifelt indes, dass die Stadt ihre Klimaschutzziele tatsächlich auch erreichen wird.
Für den Ministerpräsidenten ist Innovation City ein Erfolgsmodell. So sagte er auf dem Emscher-Lippe-Gipfel in der Westfälischen Hochschule: „Dass die Region Emscher-Lippe Strukturwandel kann, zeigen Projekte wie Innovation City, der Emscher-Lippe-Campus oder der zügige Ausbau in Richtung Gigabit-Region. Diese Erfolge basieren in besonderem Maße darauf, dass die Menschen die Region mit vereinten Kräften und mit viel Herzblut voranbringen.“
Zweifel am Erfolg des Klimaschutzplanes
Die Klima-Redaktion von Correctiv glaubt allerdings nicht daran, dass die Stadt ihren Ansprüchen gerecht wird. So lautet ihr Fazit: „Auf Basis der vorliegenden Daten ist davon auszugehen, dass Bottrop seine CO2-Emissionen kaum um insgesamt 40 Prozent bis zu 2030 senken wird“. Das aber sei eigentlich das Ziel des sogenannten Konvents der Bürgermeister, dem auch Bottrop kurz nach Beginn des Innovation City-Modellprojektes beigetreten war. Noch größere Zweifel meldet die Correctiv-Redaktion an der erfolgreichen Umsetzung des Klimaschutzplanes an. So heißt es: „Von 65 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 2009 – wie es im Bottroper Klimaschutzplan festgehalten ist – ist noch weniger auszugehen“.
Correctiv hat aus Anlass der Demonstrationen für mehr Klimaschutz die CO2-Bilanzen von acht Ruhrgebietsstädten untersucht, darunter auch Bottrop. Die Daten erhielt das Recherche-Büro von der Stadtverwaltung. Ihre Vorhersagen für ganz Bottrop leiten die Rechercheure somit aus fünf Jahre alten Zahlen ab. Eine der Erkenntnisse vor fünf Jahren war zum Beispiel, dass die Bürger insgesamt aktiver beim Klimaschutz sind als Unternehmen. So stießen die Haushalte 2014 um 30 Prozent weniger CO2 aus als noch 1990, die Wirtschaft aber nur 17,2 Prozent weniger. Im Verkehrssektor war der CO2-Ausstoß nach Correctiv-Angaben vor fünf Jahren im Vergleich zu 1990 sogar angestiegen: um 4,38 Prozent. Im gesamten Stadtgebiet war 2014 der CO2-Ausstoß um 15,3 Prozent verringert worden.
Endgültige Bilanz kommt 2021
Die Rechercheure unterscheiden bei ihren Aussagen über Bottrop zwischen dem Pilotgebiet von Innovation City, zu dem die Innenstadt sowie die Stadtteile Batenbrock, Boy, Lehmkuhle, Ebel, Welheimer Mark und Teile von Welheim gehören, und dem gesamten Bottroper Stadtgebiet. Für das Pilotgebiet verweist Correctiv auf die bekannte Untersuchung des Wuppertaler Klimainstitutes aus dem Jahr 2015. Danach wird der CO2-Ausstoß in dem Pilotgebiet bis Ende 2020 garantiert um 37,4 Prozent verringert sein. Ziel ist aber eine Verringerung um 50 Prozent. Die endgültige Bilanz soll 2021 vorliegen. Die Stadtverwaltung ist zuversichtlich, dass dieses Ziel im Innovation-City-Pilotgebiet auch erreicht wird.
Dabei sollen auch die Millionen Euro helfen, die die Bezirksregierung für Innovation-City-Projekte frei gegeben hat. Mit dem Geld will die Stadt Freiflächen attraktiver gestalten. So sind ein kindgerechter „Erlebnispfad Wasser“ und ein generationenübergreifender Gemeinschaftsgarten geplant.
An Standorten, die stark versiegelt sind, wollen die Planer mit mobilem Grün wie zum Beispiel auf dem Berliner Platz oder an der Gladbecker Straße für Linderung sorgen. Auch den großen Spielplatz im Stadtgarten wird die Stadt umgestalten. Zur Verbesserung der CO2-Bilanz bezuschusst sie außerdem auch Modernisierungs-und Instandsetzungsprojekte privater Hauseigentümer. Die Gesamtausgaben belaufen sich auf 2,77 Millionen Euro. Bund und Land steuern dazu also um die 90 Prozent der Kosten dazu bei.
Klimaschutz-Analyse für 17 Städte
Die Innovation City Management GmbH (ICM) hat nicht nur Bottrop unter die Lupe genommen, sondern 17 Städte im Ruhrgebiet. Im Sommer wurden die Ergebnisse vorgestellt.
In den 20 untersuchten Quartieren werden derzeit jährlich knapp eine Million Tonnen CO₂ ausgestoßen. Diese Menge würde 1.440 Mal den Gasometer in Oberhausen füllen. Bei Umsetzung aller vorgeschlagenen Maßnahmen können konservativ berechnet über einen Zeitraum von fünf Jahren fast ein Drittel davon eingespart werden. Mit der Erzeugung und Nutzung von Sonnenenergie könnten die Quartiere ihren Strombedarf untereinander komplett abdecken und die gleiche Strommenge sogar noch abgeben.
Durch energetische Modernisierung ließen sich im Bereich Wärme bei Wohnhäusern theoretisch der Energiebedarf um 45 Prozent reduzieren. So könnten zum Beispiel 270.000 Fässer Heizöl eingespart werden. Bereits durch den Austausch von alten Elektrogeräten und eine Verhaltensänderung der Bewohner ist es möglich, fast 17.000 Megawattstunden im Jahr einzusparen.