Bottrop. Beim „Ringen und Raufen“ des VfL Grafenwald testen Kinder ihre Kräfte und Grenzen aus. So funktioniert die „Spaßkloppe“ unter Anleitung.
An diesem Donnerstagnachmittag toben 17 Kinder durch die Sporthalle in Grafenwald. „Toben“ trifft es in diesem Fall gut, denn auf dem Programm steht „Ringen und Raufen“. Der VfL Grafenwald bietet den Kurs für Grundschulkinder seit einiger Zeit an.
Dahinter steckt die Überlegung, dass das Raufen bei Kindern ein Bewusstsein schafft für die eigenen Grenzen und die der anderen. Außerdem können sie so auf spielerische Weise testen, wieviel Kraft sie eigentlich haben – all das unter Anleitung und unter klaren Regeln. Übungsleiter Christoph schaut da genau hin.
Griffe an den Hals, Schläge auf den Kopf oder Tritte sind tabu
Zum Auftakt lässt er die Kinder die Mausefalle machen. In Zweierteams kabbeln sich die Jungen und ein Mädchen auf den Gymnastikmatten. Einer legt sich platt auf den Bauch, der andere diagonal darüber. Dann muss der untere versuchen, sich zu befreien, den oberen abzuwerfen. Auf ein Startzeichen geht’s rund. Hat sich der untere befreit, wird getauscht.
Clio Schütz sitzt am Rand der Halle und beobachtet das Treiben. Sie kommt mit ihrem Sohn extra aus Bottrop zu dem Kurs. „Das ist ein toller Ausgleich für den Alltag, wenn die Kinder den ganzen Tag konzentriert in der Schule sitzen. Hier können sie sich richtig auspowern“, lobt sie. Es sei einfach schön zu sehen, dass Kinder hier ihre Kräfte ausprobieren können.
Am Ende wird der Mattenkönig gesucht
Das geht besonders gut beim Höhepunkt des Nachmittags. Christoph zieht die großen, schweren Turnmatten in die Mitte der Halle. Zwei Kinder knien sich gegenüber. Ziel ist es, den jeweils anderen von der Matte zu bugsieren. Dabei sind Griffe an den Hals, Schläge auf den Kopf oder Tritte tabu. Jan und Erik machen den Anfang, und noch bevor Übungsleiter Christoph den Startschuss gibt, reichen sie sich fair die Hände. Aber dann wird gedrückt, gezogen und gezerrt. Die beiden Jungen schenken sich nichts, am Ende zieht Erik in dieser Runde den Kürzeren, weil Jan ihn von der Matte geschoben hat. Sowas nannte man im Ruhrpott früher „Spaßkloppe“.
Zum Schluss der Übung wird der Mattenkönig gesucht. Alle Kinder, die möchten, dürfen auf die Matte, und dann geht’s los – bis am Ende der Balgerei nur noch einer oben bleibt: der Mattenkönig.
Im VfL Grafenwald fand sich ein Partner für das Projekt
Übungsleiter Christoph hat Raufen und Ringen auf einer Fortbildung kennengelernt und war sofort begeistert von dem Konzept. Der Kirchhellener suchte sich anschließend einen Partner, mit dem er einen solchen Kurs umsetzen kann, und fand ihn in dem Verein VfL Grafenwald.
Neben der Stärkung von Motorik, Konzentration, Selbstvertrauen und Sozialkompetenz geht es auch darum, Elemente der Selbstverteidigung mit einfließen zu lassen. Wobei keinesfalls Kampfsport gemeint sei, stellt Christoph klar. „Es geht vielmehr darum, sich mit einem bestimmten Griff aus einer Situation zu befreien.“
Durch Kampf leben vor allem Jungen ihre Körperlichkeit aus
Das Konzept dieser „Spaßkloppe“ hat Ulrich Bockstegers, langjähriger und inzwischen pensionierter Leiter des Bezirks- und Schwerpunktdienstes der Polizei, immer wieder propagiert. Gerade für Jungen sei es wichtig, durch Kampf und ihre Körperlichkeit auszuleben, erklärte er zu seinem Abschied gegenüber der WAZ. Genau deshalb hätten er und seine Kollegen solche Raufspiele in den Schulen angeboten.
Wer bekommt diese Woche den Wanderpokal?
In der Sporthalle in Grafenwald steht jetzt ein letzter Höhepunkt an. Christoph vergibt den Wanderpokal. Den darf jedesmal ein Kind mit nach Hause nehmen, das sich besonders gut verhielt, engagiert mitmachte oder auch ein besonderes Erfolgserlebnis hatte. Gespannt sitzen die Kinder mit geschlossenen Augen im Kreis auf dem Boden und strecken die Hände aus. Wer bekommt in dieser Woche den Pokal? Augen auf! Es ist Jan.
Dann will der Übungsleiter noch wissen, wie es gefallen hat. Die Antwort ist eindeutig: 17 Daumen zeigen hoch.
Übungsleiter gesucht
Christoph sucht noch Unterstützung bei der Leitung der Gruppe. Wer Interesse hat, sollte mindestens 18 Jahre alt sein. Meldungen werden unter ringen.ringen@t-online.de entgegengenommen.
Unter dieser Mail-Adresse werden auch Fragen beantwortet und es können alle weiteren Details abgesprochen werden. Zudem können sich interessierte Eltern melden, die mehr über das Kursangebot erfahren möchten.