Bottrop. Das Bottroper Berufskolleg und die Janusz-Korczak-Schule nehmen als Talentschulen an einem landesweiten Schulversuch teil. Das sind ihre Konzepte
Mit dem Berufskolleg und der Janusz-Korczak-Gesamtschule sind in diesem Schuljahr zwei Talentschulen an den Start gegangen. Ausgestattet vor allem mit zusätzlichem Personal sollen dort Kinder und Jugendliche aus einem benachteiligten Umfeld zu größeren Bildungserfolgen geführt werden. Das ist die Idee hinter dem auf sechs Jahre angelegten Schulversuch des Landes. Und so füllen die beiden Bottroper Schulen diese Idee jetzt von Woche zu Woche mehr mit Leben.
Praxisorientierung im Bereich Technik
Das Berufskolleg setzt im Rahmen der Talentschule auf eine praxisorientierte Förderung im Bereich Technik. Es wurden zunächst fünf neue Klassen eingerichtet für rund 90 Schüler ohne Schulabschluss, mit Hauptschulabschluss nach Klasse neun sowie für internationale Seiteneinsteiger.
In den neuen Klassen sollen den Schülern neben grundlegenden Schulabschlüssen auch Grundkenntnisse in technischen Berufsfeldern vermittelt werden, sie arbeiten dort etwa mit Holz, Metall, Kunststoff oder Kfz-Technik.
Berufliche Orientierung
„Das dient auch der beruflichen Orientierung, dass sie herausfinden: Daran könnte ich Spaß haben“, sagt Schulleiter Guido Tewes. Das Technik-Feld werde dabei sehr breit dargestellt. Nach dem ersten halben Jahr könnten die Klassen vielleicht Schwerpunkte bilden. Zum Konzept gehöre auch, dass das praktisch Getane fachsprachlich nachgearbeitet werde, was besonders wichtig für die internationalen Seiteneinsteiger ist.
Zur Umsetzung des Förderkonzepts gib es vier zusätzliche Stellen. Ein Schulsozialarbeiter, der bei Problemen im Lebensumfeld unterstützt, konnte schon verpflichtet werden. „Zwei Referendarinnen, die jetzt noch ihre Prüfung machen, stehen schon fest“, so Tewes. Sie kommen am 1. November ans Berufskolleg; die Zeit bis dahin werde durch Mehrarbeit anderer Kollegen aufgefangen.
Handwerksmeister im Pädagogenteam
Die vierte Stelle würde Tewes gerne mit einem Handwerksmeister besetzen. „Es wurde gesagt, es könnten auch Leute ohne pädagogische Ausbildung eingestellt werden.“ Doch der entsprechende Erlass befinde sich noch in der letzten Runde.
„Die Schüler haben alle Talente“, betont Tewes. „Man muss nur gucken, dass man sie in die richtigen Bahnen lenkt.“ Zu den Extra-Ressourcen gehört neben einem zusätzlichen Fortbildungsbudget auch die Zusicherung, von kommunaler Seite unterstützt zu werden. „Die Zusammenarbeit mit der Stadt ist gut“, unterstreicht Tewes.
An der Janusz-Korczak-Gesamtschule (JKG) setzt man einen kulturellen Schwerpunkt; im Vollausbau soll die gesamte Sekundarstufe I im Talentschulprogramm drin sein. „Angefangen haben wir mit dem fünften Jahrgang“, sagt Schulleiter René Heuwieser: „Wir nutzen die Ressourcen, um freitags einen Projekttag anzubieten, wo kein Regelunterricht stattfindet.“ Vielmehr soll über ein Schuljahr etwas entwickelt und dann aufgeführt werden.
Ein Märchen auf die Bühne bringen
Konkret wird der fünfte Jahrgang ein Märchen auf die Bühne bringen. „Die Schüler machen alles selbst: Das Skript, die Musik, alles, was zur Endproduktion gehört“, so Heuwieser. Und: „Das Ganze wird vernetzt mit dem Regelunterricht.“ So sind Märchen dann Thema im Leitfach Deutsch. Auch andere Fächer sollen ins Projekt eingebunden werden.
Gestartet wird mit der Produktion mit einer Projektwoche vor den Herbstferien. „Dann können die Schüler wählen, welches Modul sie weiterverfolgen wollen“, erklärt der Schulleiter. Die Sprachbildung als fester Bestandteil von Talentschulen werde in allen Modulen aufbereitet.
Einbezogen wird zudem die digitale Bildung – sowieso ein Schwerpunkt an der JKG –, indem etwa mit der iPad-Ausstattung ein kleiner Film erstellt wird. Grundsätzlich stehen die Säulen Talentschule und Regelunterricht nicht getrennt nebeneinander, betont der Pädagoge. Vielmehr seien sie eng miteinander verwoben.
Talentschulprogramm auch im offenen Ganztag
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Drei Lehrerstellen mehr hat die JKG nun zur Verfügung, „die konnten wir auch besetzen“, sagt Heuwieser. Darüber hinaus wurde das Sozialpädagogen-Team um eine Kraft erweitert. „Für uns ist zudem ein Riesenplus, dass wir im Ganztag die Evangelische Kirche als Kooperationspartner haben. Sie begleitet das Talentschulprogramm“, etwa mit Tanz-AG, Kreativwerkstatt und Bibliotheken.
Mit kultureller Bildung habe die Schule historisch gesehen schon viel Erfahrung: „Es soll wieder einen Kulturabend geben und wir wollen den Bereich Darstellen und Gestalten weiter stärken“, kündigt Heuwieser an. Und: Talente herauszukitzeln sei über den kulturellen Ansatz gut möglich.
35 Talentschulen gibt es schon in NRW
Erklärtes Ziel der Landesregierung ist es, soziale Nachteile im Bildungsbereich zu überwinden. „Der Schulversuch soll zeigen, ob die Leistungen und Erfolge von Schülerinnen und Schülern an Schulen in Stadtteilen mit großen sozialen Herausforderungen durch besondere unterrichtliche Konzepte, zusätzliche Ressourcen und Unterstützung bei der Schulentwicklung nachweisbar gesteigert werden können“, heißt es dazu auf dem NRW-Bildungsportal.
35 Talentschulen sind bereits ernannt. 60 sollen es landesweit werden. Bis zum 13. September konnten Schulen für die zweite Runde Bewerbungsunterlagen einreichen.