Der Online-Getränkehandel hat ein Lager im Süden Bottrops eröffnet. Gestartet wird dort mit 100 Mitarbeitern – 400 sollen es einmal werden.

Der aufstrebende Getränke-Lieferdienst „Flaschenpost“ setzt im Ruhrgebiet einen weiteren Akzent. Nach der Eröffnung von Standorten in Bochum, Duisburg, Dortmund und Essen hat das Start-up aus Münster im Juli auch ein 6500 Quadratmeter großes Lager in Bottrop bezogen. Bislang sind am Standort Am Rhein-Herne-Kanal rund 100 Mitarbeiter beschäftigt. „Aber wir schätzen, dass wir hier zukünftig bis auf 400 Mitarbeiter kommen“, sagt Regionalleiter Patrick Buchholz.

Man sieht hier offenbar Potenzial für das Flaschenpost-Geschäftsmodell. Das hat zum Ziel, dass die Ware die Kunden nach der Online-Bestellung innerhalb von zwei Stunden erreicht. Von Bottrop aus soll mit anfangs 30 bis 40 Fahrzeugen bis Gelsenkirchen, Gladbeck, Oberhausen, Dinslaken und Mülheim ausgeliefert werden – in Kooperation mit dem Duisburger Standort. Um die Zeitvorgabe möglichst einzuhalten, sind alle Prozesse eng getaktet. Nach Bestellungseingang wird die Ware kommissioniert und für die Verladung auf den Lieferwagen bereit gestellt. Über eine Anzeigetafel – und ein akustisches Signal - erhalten die Fahrer ihren Aufruf; auf ihrem Handheld, also einem Taschencomputer, sind jeweils fertige Touren zusammengestellt. „Alles läuft elektronisch“, so Buchholz.

70.000 Getränkekisten stehen parat

Fahrer Ferdi Kolanc belädt den Lieferwagen für die nächste Tour.
Fahrer Ferdi Kolanc belädt den Lieferwagen für die nächste Tour. © Nina Stratmann

Pro Fahrzeug würden etwa sieben bis acht Kunden beliefert. Laut Unternehmen können es sogar bis zu 14 sein. Auf die Frage nach der Umweltfreundlichkeit eines solchen Lieferdienstes fügt Buchholz an: „Wir können viele Einzelfahrten von Einzelkunden vermeiden.“ Genutzt werden Dieselfahrzeuge. Nach Angaben des Unternehmens seien auch alternative Elektro-Antriebe im Test, müssten sich aber erst beweisen.

Allein auf der Kommissionierfläche in der hohen Halle – Flaschenpost ist bei der Spedition Rottbeck untergekommen – stehen rund 70.000 Getränkekisten parat, berichtet der Regionalleiter. Über 1000 verschiedene Produkte seien es. Dabei kann der Kunde zwischen PET- und Glasflaschen wählen. Buchholz sieht dabei den ökologischen Gedanken: „Wir können viel auf Glas umschwenken, weil die Kunden das ja nicht mehr tragen müssen. Wir konnten an unseren Standorten auch schon merken, dass es sich etwas verschoben hat Richtung Glas.“ Aber noch verlange der Markt nach PET. Pfand wird übrigens von Flaschenpost gleich wieder mitgenommen.

Lieferdienst hat sein Portfolio erweitert

Sein Portfolio hat der Getränkelieferdienst inzwischen erweitert, auch Toilettenpapier, Reinigungsmittel, Snackboxen oder Eiswürfel kommen per Lieferwagen ins Haus. Alles wird ohne Gebühr gebracht. Und wie sieht die sonstig Preisgestaltung aus? „Wir haben Marktpreise“, sagt Buchholz. „Aber wir gehen nicht regionalen Angeboten hinterher.“

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Die Mitarbeiter seien in allen Beschäftigungsvarianten eingestellt, berichtet Buchholz. Fest angestellt Vollzeit oder halbtags, in Studenten- oder 450-Euro-Jobs. „Ein Vorteil bei uns: Der Mitarbeiter kann sagen, wann er arbeiten möchte. Und wir gucken nach der passenden Schicht.“ Zugestellt werde nämlich zwischen 9 und 23 Uhr.

Und wie sieht der typische Kunde aus? „Den gibt es quasi nicht“, meint Buchholz mit einem Lächeln. Das seien Studenten ohne Auto ebenso wie die Veranstalter von WG-Parties, normale Haushalte in Mehrfamilienhäusern, Rentner oder Firmen.

Getränkehändler haben eigene Konzepte

Getränke auf Bestellung an die Tür liefern – die Idee ist nicht neu und wird auch von Bottroper Firmen umgesetzt. Nur in anderer Ausprägung. Seit 25 Jahren zum Beispiel ist Christian Zieglarz nach eigenen Angaben im Getränke-Liefergeschäft.

Unternehmen weist Kritik zurück

Jüngst berichteten die Ruhrnachrichten in Dortmund von einem anonymen Mitarbeiter-Brief an die Geschäftsleitung, in dem Missstände wie Lieferfahrzeuge teils ohne Klimaanlage, unbezahlte Überstunden oder Selbstkostenbeteiligung bei Unfällen beklagt würden.

Auf Nachfrage der WAZ teilt Flaschenpost mit, dass Wagen ohne Klimaanlagen die absolute Ausnahme bilden und in Bottrop alle Auslieferungsfahrzeuge damit ausgestattet sind. Überstunden würden voll vergütet und direkt mit der Lohnabrechnung des Monats ausgezahlt. Wie oft welche für Bottroper Fahrer anfallen wurde nicht gesagt. Eine Selbstbeteiligung von bis zu 200 Euro könne dem Unfallverursacher in Fällen von nachweisbar fahrlässigem Handeln in Rechnung gestellt werden. Dabei würden die Kosten immer zwischen der Flaschenpost und dem Mitarbeiter geteilt.

Und so funktioniert das bei dem 55-Jährigen: „Der Kunde ruft an, und einen Tag später liefere ich aus.“ Vormittags sei er im Laden, nachmittags ab 14 Uhr fahre er zu den Kunden. „Ich mache das alleine. Die Kunden, die ich habe, sind zufrieden.“ Sie „zahlen einen geringen Aufpreis“; dafür nehme er weniger im Einkauf.

Im Getränkemarkt können Kunden telefonisch bestellen

Das Geschäft bestehe seit Ende der 1960er Jahre, vor ihm betrieben von seinen Eltern. Zu Zieglarz’ typischen Kunden zähle die ältere Generation, die nicht mehr schleppen könne. Und junge Leute, die für Feiern Kommissionsware ordern; versorgen könne er sie auch mit Fassbieren, Zapfanlagen und Stehtischen.

Vier Getränkemärkte – Didi Durstig und Trink und Spare – gehören neben fünf Rewe-Lebensmittelgeschäften zum Bottroper Traditionsbetrieb Einkaufszentrum EKZ Triebe. Einen Lieferdienst gibt es aber ausschließlich am Trink und Spare-Standort im Fuhlenbrock. Ist die Ware dort telefonisch bestellt, wird sie meistens am Tag darauf gebracht, berichtet Monika Triebe. An Großkunden wie Betriebe sowieso. Und als Privatkunde könne man gegen Gebühr auch kleinere Mengen geliefert bekommen, „wenn das Kontingent da ist“. Grundsätzlich gelten im Lieferdienst keine Angebotspreise, erklärt Monika Triebe.