Kirchellen. Im Naturschutzgebiet gelten strenge Regeln. Eine Streife der Stadt Bottrop setzt sie durch und kassiert Verwarngelder. Nicht alle sind einsichtig.
Ein Freibadbesuch wäre wahrscheinlich billiger gewesen. 25 Euro muss das Paar zahlen, statt seine Handtücher auf der Liegewiese im Schwimmbad auszubreiten, hatte es sich eine lauschige Bucht am Heidesee ausgesucht. Der liegt aber mitten im Naturschutzgebiet, die Wege dort dürfen nicht verlassen werden und das Baden im See ist erst recht verboten.
Und so kramt der Herr in Badehose nun nach seinem Portemonnaie und drückt Heike Lüning, Abteilungsleiterin beim Fachbereich Umwelt und Grün der Stadt, das Verwarngeld direkt in die Hand. Gemeinsam mit ihren Kollegen aus dem Fachbereich, Heinz-Dieter Faust und Marvin Juchem, kontrolliert Heike Lüning die teils versteckten Buchten am See. Aber auch Hundehaltern und Spaziergängern schaut die Streife auf die Finger. Denn Hunde müssen im Naturschutzgebiet angeleint sein, das Rauchen im Wald ist verboten.
Der Kommunale Ordnungsdienst ist mit dabei
Unterstützt wird die Streife von Sandra Hill und Christian Reimann vom Kommunalen Ordnungsdienst. In ihrer in Teilen durchaus martialischen Uniform sollen sie ertappte Übeltäter davon abhalten, ausfällig oder gar handgreiflich zu werden. Denn nicht alle, die sich nicht an die Regeln halten, bleiben so gelassen wie das Paar aus dem Münsterland.
Wobei: Auch das hat eine Ausrede parat. Man habe überhaupt nicht schwimmen wollen, beteuert der Mann – auch wenn Badehose und Bikini eine andere Sprache sprechen. Letztlich spielt das aber auch keine Rolle. Das Verwarngeld wird schon dafür fällig, dass das Paar die offiziellen Wege verlassen und sich in die Bucht gelegt hat. Von Bekannten hätten sie erfahren, dass es am Heidesee schön sei. Dass das Baden nicht erlaubt ist, hätten sie nicht gewusst.
Chipstüten, Schnapsflaschen, Pamper und andere Hinterlassenschaften
Ein Blick in die Bucht zeigt: Auch wenn das Paar aus dem Münsterland am Donnerstagnachmittag allein hier lagert, auch andere nutzen die lauschigen Plätzchen gern. Chipstüten, Schnapsflaschen, Pampers, eine leere Packung Insektenschutzmittel und andere Hinterlassenschaften direkt am Seeufer sprechen eine deutliche Sprache. Ein verkohltes Stück Holz auf dem Pfad zur Bucht deutet gar auf ein Lagerfeuer hin – aktuell gelte Waldbrandstufe zwei, sagt Heinz-Dieter Faust und ärgert sich über so ein verantwortungsloses Verhalten.
Schon steuert die Truppe die nächste Bucht an. Auf dem Trampelpfad wird einem fast übel – so stark ist der Fäkaliengestank, der einem in die Nase steigt. Da braucht es nicht mehr viel Fantasie um zu ahnen, warum die vielen Papiertaschentücher im Unterholz liegen. Aber wenigstens hat es sich in dieser Bucht heute niemand bequem gemacht.
Schilder zeigen, was alles nicht erlaubt ist am See
Schilder direkt am Parkplatz, zu Beginn des Rundwegs um den See und auch an anderen Zuwegungen zeigen deutlich – in Schrift und Piktogramm – was hier im Naturschutzgebiet nicht erlaubt ist. Trotzdem, die Trampelpfade durchs Unterholz sind inzwischen breit ausgetreten, wirken fast wie offizielle Weg. Würden mehr Schilder genau an solchen Abzweigungen helfen? Heike Lüning glaubt es nicht.
Mit dem Forstamt habe die Stadt stattdessen darüber gesprochen, die Abzweigungen durch Bäume, Grünschnitt und Gehölze unpassierbar zu machen. Das sei in der Vergangenheit schon häufiger geschehen, Rückstände davon sind auch jetzt noch sichtbar – niedergetrampelt und beiseite geräumt von denjenigen, die zum Ufer wollen. Und: Alle Zugänge können so nicht verschlossen werden. Es gibt offizielle Angelbuchten, die Mitglieder des Angelvereins dürfen sie nutzen, „denn der See muss befischt werden.“
Der See ist ein FFH-Gebiet
Heike Lüning blickt sich in der Bucht um, schaut aufs Wasser. Dass es die Menschen hierherzieht, dass das Wasser lockt, sie könne es verstehen, dennoch gilt: „Der See ist FFH-Gebiet und streng geschützt.“ Für solch ein Flora-Fauna-Habitat gelten eben Regeln und die müsse die Stadt durchsetzen. Das Baden – egal ob von Hunden oder Menschen – gefährde die empfindliche Armleuchter-Alge. Genau wegen dieser sei aber der See so streng geschützt. Bis der geplante Badesee in Kirchhellen tatsächlich öffnet, bleibt ihr und ihren Kollegen nichts anderes, als die Leute auf den Tenderingsee bei Dinslaken hinzuweisen. Das ist ein offizieller Badesee.
Seit zwei Jahren nun sind Stadt und Forstamt im Sommer regelmäßig auf Streife am Heidesee. „Wir wollen einfach aufklären, warum diese Regeln hier gelten“, sagt Heike Lüning. In den vergangenen Jahren haben es die Verantwortlichen daher bei Ermahnungen belassen. Dieses Jahr werden auch Verwarngelder fällig. Für diejenigen, die sich korrekt verhalten, kein Problem. Im Gegenteil, einige begrüßen die Kontrollen gar. So auch ein Paar, das auf einer Bank am Ufer sitzt. „Das ist schon wichtig. Wir haben letztens hier sogar eine Gruppe mit Schlauchboot gesehen.“
Auf dem Boden liegen auch zahlreiche Zigarettenkippen
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Rund zehn Buchten steuern die städtischen Mitarbeiter an dem Nachmittag an. Abgesehen von dem Paar aus dem Münsterland erwischen sie heute niemanden. Auch Raucher sind nicht unterwegs. Dass das an anderen Tagen auch anders ist, dafür reicht ein Blick auf die Kippen, die am Boden liegen.
Dann trifft die Streife doch noch eine Großmutter mit ihrer Enkelin. Sie sind abseits des Weges unterwegs, stehen auf einem Bauwerk am Seeufer, das tatsächlich entfernt an eine Aussichtsplattform erinnert. Doch auch um hierhin zu kommen muss man die offiziellen Wege verlassen. Heike Lüning belässt es in dem Fall jedoch bei einer Ermahnung.
Heinz-Dieter Faust deutet an dieser Stelle auf Höhlen im Bereich der Uferböschung. Für Laien sehen sie aus wie große Mauselöcher. „Das sind Nisthöhlen des Eisvogels“, erklärt der Mitarbeiter des Fachbereichs Umwelt und Grün.
Rauchen im Wald kann richtig teuer werden
25 Euro werden fällig, wenn man verbotenerweise im See badet. Die gleiche Summe muss bezahlen, wer seinen Hund im See baden lässt. Auch wer seinen Hund ohne Leine ausführt, muss zahlen wenn er erwischt wird.
Das Rauchen im Wald ist ebenfalls verboten und wird mit einem Verwarngeld geahndet. Ab Waldbrandstufe 3 kostet das Vergehen dann sogar 75 Euro.