Ralf I. herrscht über die Alte Allgemeine. Doch die Zeit der Einzelkämpfer sei vorbei, sagt er, ein König brauche Unterstützung auf dem Thron.

„Ich bin vergeben! Ralf I.“ - so steht es auf dem kleinen Täfelchen auf dem Tisch im Hürter. Als König der Alten Allgemeinen Schützengesellschaft hat man eben seien Platz im Kompanielokal sicher. Hier treffen wir auch seine Majestät Ralf I. (Schönberger) Vor gut zwei Wochen hat er auf dem Donnerberg den Vogel von der Stange geschossen und herrscht nun über die Bottroper Traditionsgesellschaft. Mit am Tisch sitzt nicht nur Königin Beate I. (Kewitsch). Auch die beiden Ehepartner Eva Schönberger und Christian Kewitsch sind da. Das Besondere in dem Fall: Auch die umgekehrte Konstellation wäre denkbar gewesen.

Auf den Schultern trugen die Mitglieder der dritten Kompanie ihren König nach dem Volltreffer ins Festzelt. Foto:
Auf den Schultern trugen die Mitglieder der dritten Kompanie ihren König nach dem Volltreffer ins Festzelt. Foto: © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

Denn auch Christian Kewitsch war angetreten, die Königskrone zu erobern. Hätte er Erfolg gehabt, wäre nun Eva Schönberger Königin. Und auch jetzt stellt das Quartett klar: „Wir sind zusammen angetreten, wir bringen es auch zusammen zu Ende.“ Dass am Ende Ralf den finalen Schuss setzt, sei auch Glück gewesen, wie er selbst zugibt. „Wir können beide nicht schießen.“ Tatsächlich hätten sie beide auch einen „Elfmeter“ vergeben, bevor der Vogel letztlich fiel.

Klar, am Ende gibt es nur einen König und eine Königin, doch aus Sicht von Ralf I. ist die Zeit der Einzelkämpfer auf dem Schützenthron vorbei.

Die Entscheidung fiel im Sauerland

Christian Kewitsch (l.) gehörte zu den ersten Gratulanten. Foto:
Christian Kewitsch (l.) gehörte zu den ersten Gratulanten. Foto: © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

Die Entscheidung, quasi als Team anzutreten und die Krone für die dritte Kompanie zu erobern, sei im sauerländischen Bödefeld gefallen, erinnert sich Ralf I. „Wir haben ziemlich schnell für uns entschieden, dass wir antreten“, erinnert sich Christian Kewitsch. Dann galt es, die Ehefrauen zu überzeugen. „Eva hat sich da schneller entschieden als ich“, gibt Beate Kewitsch zu. Generell gelte es zu überlegen, ob man zwei Jahre lang derart im Mittelpunkt stehen wolle und auch die vielen Verpflichtungen wahrnehmen wolle. Ein Entscheidungsprozess, der sich auch im Eröffnungstanz beim Krönungsball widerspiegelte – wie Eingeweihte erkennen konnten. Es erklang nämlich Roland Kaiser mit „Warum hast Du nicht ,Nein’ gesagt?“.

Trotz der kleinen Anspielung, bereut hat es noch keiner der Vier. Denn: „Wir sind alle in Bottrop geboren, sind in der Stadt verwurzelt. Und dann auch noch im Jahr des Stadtjubiläums Schützenkönig zu werden, das ist etwas ganz Besonderes“, sagt Eva Schönberger. Und dass die Alte Allgemeine immer noch einen besonderen Klang in der Stadt hat, das haben alle Beteiligten auch bemerkt. Die ersten Tage nach dem Volltreffer sei er immer wieder drauf angesprochen worden und man habe ihm gratuliert, sagt der Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Das zeige schon, dass die Feste der Traditionsgesellschaft im Stadtleben immer noch einen besonderen Stellenwert hätten. Auch Christian Kewitsch – er ist Zahnarzt – wurde nach dem Fest regelmäßig angesprochen. „Meine Patienten haben mich immer gefragt, warum ich nicht getroffen habe.“

Gegründet im Jahr 1876

Die Alte Allgemeine wurde im Jahr 1876 gegründet. Damals fand das erste Schützenfest der Gesellschaft statt. Der damalige Amtmann Gustav Ohm hatte die Tradition neu ins Leben gerufen.

2016 feierte die Alte Allgemeine dann ihr 140-jähriges Bestehen. 2026 steht dann der 150. Geburtstag an. Turnusmäßig findet in dem Jahr kein Schützenfest statt. Wie das Jubiläum dann gefeiert werde, werde noch geplant, so Ralf I.

Beide Männer sind übrigens erst durch ihre Frauen zu der Schützengesellschaft gekommen. Beate Kewitsch stammt – wenn man so will – aus einer Schützendynastie. Schon ihre Eltern und auch Onkel waren Mitglieder der Alten Allgemeinen, so gesehen hatte Christian Kewitsch keine andere Wahl. Bereut hat er es in den 25 Jahren seiner Mitgliedschaft nicht. Und auch Eva Schönberger war schon vor der Hochzeit mit Ralf im Kreis der Schützen aktiv, vor dem Ja-Wort musste auch der Zukünftige eintreten.

Wobei: Das Mitmachen ist das Eine, warum aber will man König werden? Es gehe ihm um die Gesellschaft, sagt Ralf Schönberger, er sei angetreten, um sie zu repräsentieren. Schließlich sei die Alte Allgemeine Schützengesellschaft nicht irgendein Verein. Es sei schon etwas Besonderes, diese Gesellschaft repräsentieren zu dürfen. Und ihre Bedeutung zeige sich ja auch bei den Einladungen, die nun auf das Königspaar warten – etwa zu den Kompaniefesten. Aber auch beim Fest selbst sei der hohe Stellenwert noch einmal klar geworden, immerhin waren zahlreiche Häuser in der Stadt in grün-weiß beflaggt.

Ein echter Gänsehaut-Moment vor dem Rathaus

Auch interessant

Christian Kewitsch hatte seinen ganz persönlichen Glücksmoment: „Als wir in den Kutschen auf den Rathausplatz fuhren und viele Bottroper da standen und zugeschaut haben und uns gut 300 Schützen mit einem ,Gut Schuss’ begrüßt haben, da hatte ich Gänsehaut.“

Froh ist das Quartett auch, dass die Alte Allgemeine keine Nachwuchssorgen habe. „Viele neue und auch junge Mitglieder treten in die Gesellschaft ein“, sagt Ralf I. Er freut sich darüber, dass sie mitmachen und auch ihre Ideen einbringen. So bleibe die Gesellschaft lebendig und biete Aktivitäten für alle Mitglieder an.

Nach dieser Maßgabe wurde auch der Thron besetzt. Schließlich gehören neben den Majestäten auch noch Hofdamen als Gefolge dazu. „Wir haben dafür Leute ausgewählt, mit denen wir meinen, Spaß zu haben und mit denen wir gemeinsam planen können“, sagt Ralf I. Und zu planen gibt es einiges, nicht zuletzt das Königsfest. Das sei der Höhepunkt jeweils im schützenfestfreien Jahr.

Bleibt noch eine Frage: Wo bewahrt der König die Reste des Schützenvogels auf? Endgültig geklärt sei das noch nicht, sagt Ralf I. „Wir haben ein Gartenhaus, wahrscheinlich werden sie da ihren Platz finden“, ergänzt Eva Schönberger.