Bottrop. Schon 1969 und 1994 schufen Bottroper Konditoren Torten zum Stadtjubiläum. Rolf Wiethege verbrauchte 380 Eier. Torte passte nicht durch die Tür.
. Wenn beim Stadtfest am 2. Juni auf dem Berliner Platz eine große Torte zum Stadtjubiläum angeschnitten wird, setzt Rino Macchione eine Bottroper Tradition fort. Denn bereits zum 50. Stadtjubiläum hatte das Stadtcafé Jackelen an der Gladbecker Straße Jubiläumstorten im Angebot.
Der Bottrop Schriftzug prangte auffällig über dem Rathaus aus Marzipan. Und die Torten schienen ein Renner zu sein. Denn sie lagen damals in großer Zahl in der Auslage des Traditionshauses an der Gladbecker Straße, wie das Bild des bekannten Bottroper Pressefotografen E.G. Schweizer zeigt.
Torte musste zerlegt werden, damit sie ins Rathaus passte
In ganz anderer Größenordnung bewegte sich de bekannte Konditormeister Rolf Wiethege ein Vierteljahrhundert später. Zum 75. Stadtjubiläum schuf er, angeregt durch Volksbank und Einzelhandelskollegen von der unteren Kirchhellener Straße einen mehrstöckigen Traum aus Marzipan, Buttercreme und Schokolade. „Damit der unbeschädigt ins Rathaus gelangen konnte, musste mein Mann alles erst wieder auseinandernehmen“, erinnert sich Karin Wiethege.
Die enorme Zahl von 380 Eiern, die für dieses süße Wunderwerk verbraucht wurden, ist den Eheleuten, die mittlerweile Anfang 80 sind, bis heute in Erinnerung geblieben. „Im Rathaus wurde die Torte dann wieder zusammen gesetzt“, so Karin Wiethege.
Dass Oberbürgermeister Schmitz, Politiker und Verwaltungsmitarbeiter sie alleine gegessen haben, glaubt sie allerdings nicht. Und natürlich thronte auf der oberen siebten Etage des kalorienreichen Kunstwerks Bottrops bürgerliches Wahrzeichen: das Rathaus aus Marzipan.
Mit ihren Ehemann Rolf Wiethege hatte sie bis 1996 die Konditorei an der Kirchhellener Straße geführt. Ein traditionsreiches Haus, das Wietheges 1969 von einer Nachfahrin der Konditorenfamilie Mennekes übernommen hatte.
Bereits damals deutete sich das Cafésterben in der Stadt an. Menekes hatte sich zuvor schon etwas verkleinert. Außer Eiscafés gibt es in der Innenstadt heute kein einziges Café mehr.
Vom Sterben der Cafés
Die Zeit der Caféhauskultur und handgemachter Konditorenware scheint abseits großer Metropolen vorbei zu sein. Das trifft nicht nur auf Bottrop, sondern auf die meisten Ruhrgebietsstädte zu. Die Häuser, die sich überhaupt noch gehalten haben, kämpfen gegen die Übermacht von Back-Shops oder Coffee-to-go-Ketten. In Bottrop leben Café-Orte wie Beckhoff, Bergendahl, Siebeck, Wiethege, Jackelen oder Spengler nur noch in der Erinnerung.