Bottrop. . Zwei Pioniere erinnern an die Anfangszeit am Campus Bottrop. Der Studienbetrieb startete im Herbst 2009 mit 36 Studierenden im Berufskolleg.
Vor genau zehn Jahren, am 1. Mai 2009, ist die Hochschule Ruhr West mit ihren Standorten in Mülheim und Bottrop offiziell durch das Land Nordrhein-Westfalen gegründet worden. Zum Wintersemester 2009/10 startete der Studienbetrieb – mit gerade mal 36 eingeschriebenen Studierenden am Campus Bottrop, damals noch beheimatet im Berufskolleg. Professor Gerd Bittner (69) und Professor Dr. Marcus Rehm (52) zählen zu den Pionieren an der HRW. Zum Zehnjährigen erzählen sie im Rückblick von einer Zeit voller Aufbruchstimmung und Gestaltungsmöglichkeiten.
Gebürtiger Bottroper wollte beim Aufbau dabei sein
„Der Gründungspräsident der HRW Prof. Dr. Eberhard Menzel hatte die Matrikelnummer eins – und ich die Nummer zwei“, meint Prof. Bittner mit einem Lächeln. Als gebürtiger Bottroper wollte er beim Aufbau einer neuen Hochschule in seiner Stadt unbedingt dabei sein; wechselte von der Fachhochschule Gelsenkirchen an die HRW. „Unsere Aufgabe war es, auf der grünen Wiese aufzubauen. Und mein Schwerpunkt war in Bottrop“, erzählt Bittner, der 2012 Vizepräsident für Lehre und Studium wurde und seit 2015 im Ruhestand ist.
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Prof. Dr. Rehm, der im Herbst 2009 startete, habe sich die Matrikelnummer drei quasi mit Prof. Dr. Markus Schneider (Mülheim, Maschinenbau) geteilt: „Ich bin dazu gestoßen. Das Institut rund um das Thema Energie – den Namen Energiesysteme und Energiewirtschaft hatten wir damals noch nicht – habe ich aufbauen dürfen.“ Er war dann auch der Gründungsdekan vom Fachbereich eins, zum dem in Bottrop als zweites das Institut Informatik gehört.
Der Mint-Schwerpunkt war gesetzt
Denn als man am Anfang überlegte, wo soll der Zug für diese neu gegründete Hochschule mit Mint- Schwerpunkt (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) hin gehen, „waren wir relativ schnell der Meinung, dass zu Bottrop Energie gehört“, betont Bittner. Darüber hinaus „haben wir dafür geworben, dass das Thema Informatik her kommt. Wir wollten für Bottrop einen Innovationstreiber haben.“ Anfangs standen nur die Überschriften – die galt es mit Leben zu füllen.
Als der erste Studiengang für Bottrop stand – Wirtschaftsingenieurwesen-Energiesysteme – „mussten wir sehen, dass genügend Schüler kommen“. Also haben die Verantwortlichen konsequent den Kontakt zu Schulen aufgebaut. „Am Ausgang der Pipeline steht die Industrie. Professor Rehm und ich haben Firmen besucht und für den Studiengang geworben.“ Auf dass Studierende über Praxissemester und Bachelorarbeiten mit Unternehmen zusammenkommen. Was zudem gut bei der Industrie angekommen sei: Bei der Ausarbeitung der Studiengänge wurden ihre Anforderungen berücksichtigt.
Umzug an die Tannenstraße
Inhaltlich hatten die Pioniere Gestaltungsspielräume. Räumlich galt es zunächst, mit Interimslösungen zu leben. Nach einem Jahr im Berufskolleg bezog die HRW die einstige Overbergschule an der Tannenstraße, die dann noch mit Containern erweitert wurde. Labore für den Lehrbetrieb wurden auch in diesem Provisorium eingerichtet. „Das mutete manchmal schon seltsam an“, so Rehm. „Ich habe in der Unistadt Aachen studiert und das sehr genossen. Hier habe ich mich schon zwischendurch gefragt: Warum studieren die jungen Leute bei uns?“ WAZ-Berichte aus dieser Zeit verraten, dass sie die Übersichtlichkeit und die Studieninhalte schätzten. Sie wurden auch aktiv. „Ein Student hat privat einen Imbisswagen an die Tannenstraße gestellt“, erinnert sich Bittner.
Der Neubau an der Lützowstraße wurde ab 2012 vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW realisiert, 2014 bezogen. „Professor Rehm hat sich reingehängt: Wenn wir schon das Thema Energie in Bottrop haben, dann muss das Gebäude auch rocken“, so Bittner. „Daraus ist dann der Energy Campus geworden“, ergänzt Rehm – zum Lernen am Objekt. Seiner Vorstellung nach hätte es auch auf ein Null-Emissionen-Haus rauslaufen können.
Campus Bottrop soll Erweiterung bekommen
Anfangs hatte man laut Rehm mit rund 800 Studierenden in Bottrop geplant. Inzwischen sind dort 1600 junge Menschen eingeschrieben. Dazu kommen rund 80 Beschäftigte. Damit ist die HRW in der Stadt so erfolgreich, dass die Hochschulleitung eine Erweiterung in Bottrop verwirklichen möchte.
„Wohin geht die Reise?“ fragt auch Rehm. Er gibt diese Antwort: „Ich bin ein Verfechter davon: Macht die Prozesse effizienter!“ Zudem gilt es, inhaltlich dran zu bleiben; Stichwort Digitalisierung. „In der Energiewirtschaft und in der Informatik wird es nicht langweilig“, bemerkt Rehm. Bittner ergänzt. „Wir sind in beiden Bereichen auf einem fahrenden Zug, und den können wir sehr gut bedienen.“