Bottrop. . Das Bottroper Jobcenter konnte zum Jahresbeginn bereits zahlreiche Langzeitarbeitslose vermitteln. Ein neues Gesetz macht’s möglich.
„Wir sind sehr gut ins neue Jahr gestartet“, freut sich Thorsten Bräuninger, Geschäftsführer des Jobcenters Arbeit für Bottrop. „Wir konnten 45 Arbeitnehmer zum 1. Januar vermitteln.“ Jetzt haben die Beschäftigten auf dem neuen „sozialen“ Arbeitsmarkt schon ihre erste Arbeitswoche hinter sich, in der Wirtschaft, in sozialen Einrichtungen und bei der Stadt. Oberbürgermeister Tischler hatte bereits angekündigt, die Stadt wolle bis zu 60 Arbeitsplätze für Hartz-IV-Empfänger schaffen.
Möglich macht dies das neue Gesetz mit dem sperrigen Namen „Teilhabechancengesetz“, das zu Beginn dieses Jahres in Kraft getreten ist. „Wir wussten seit dem Sommer, dass es kommt“, erklärt Bräuninger, genügend Zeit also, sich vorzubereiten, auch wenn das Gesetz erst am 28. Dezember veröffentlicht wurde. Denn bis zur allerletzten Minute war um letzte Details gerungen worden.
Rund 1100 Langzeitarbeitslose
Zuschuss für zweiten Personenkreis
Um länger andauernde Arbeitslosigkeit zu verhindern, werden mit dem Teilhabechancengesetz auch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse für Menschen gefördert, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind.
Für diesen Personenkreis zahlt das Jobcenter im ersten Jahr einen Zuschuss von 75 Prozent zum Arbeitsentgelt, im zweiten Jahr von 50. Anschließend muss der Arbeitnehmer für mindestens ein halbes Jahr weiter beschäftigt werden.
„Wir sind froh über das Gesetz. Das haben sich die Jobcenter seit Jahren gewünscht“ sagt Bräuninger. Denn es nehme die Menschen in den Blick, die bislang als Langzeitarbeitslose kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hatten. „Qualifizierten Schätzungen zu Folge, kommen dafür in Bottrop 1100 bis 1150 Personen infrage“. Sie erfüllen die Grundvoraussetzung und beziehen seit mindestens sechs Jahren Hartz IV. Jeder Einzelfall müsse aber geprüft werden.
Umstritten war bis zum Schluss, ob der Lohnkostenzuschuss des Jobcenters auf Basis des Mindestlohns gewährt werden soll oder auf Basis des jeweils gültigen Tariflohns – der in manchen Branchen deutlich höher ausfällt. Die Arbeitgeber hätten dann die Differenz zwischen Mindest- und Tariflohn selber drauf zahlen müssen, nicht gerade ein Anreiz also, Langzeitarbeitslose überhaupt erst einzustellen.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenbringen
Der jetzt gefundene Kompromiss auf Grundlage des Tariflohns sieht vor, dass das Jobcenter in den ersten beiden Jahren jeweils 100 Prozent der brutto Kosten übernimmt, im dritten 90, im vierten 80 und im fünften Jahr 70 Prozent. Nach fünf Jahren besteht keine Verpflichtung, die Arbeitnehmer zu übernehmen. Für sie zahlen die Arbeitgeber eine Pauschale zur Sozialversicherung, keinen Beitrag zur Arbeitslosenversicherung.
„Für uns ist wichtig, dass wir Arbeitgeber und Arbeitnehmer überhaupt zusammenbringen können. Häufig entwickelt sich da eine Dynamik, die man vorher nicht so sieht“, erklärt Bräuninger. Die Durchhaltequote von Arbeitnehmern, die lange aus dem Job raus sind, steige, sobald sie erst einmal irgendwo in Kontakt gekommen seien. Zudem stellt ihnen das Jobcenter zu Anfang zur Unterstützung einen Coach an die Seite.
Die Arbeitnehmer können überdies qualifiziert werden, etwa durch Computerkurs oder Staplerführerschein. 3000 Euro stehen dafür pro Arbeitnehmer für die Förderdauer von fünf Jahren zur Verfügung.
Gespartes Geld fließt in den Topf
Für Firmen, die über Fachkräftemangel klagen, eröffne sich damit auch die Chance, Arbeit anders zu organisieren und Fachkräfte von einfacheren Tätigkeiten zu entlasten, für die dann Langzeitarbeitslose eingestellt werden könnten.
Das Budget des Jobcenters für den sozialen Arbeitsmarkt ist gedeckelt, wächst aber, je mehr Arbeitslose vermittelt werden. Denn nach dem Passiv-Aktiv-Transfer fließt das Geld, mit dem dann nicht mehr Arbeitslosigkeit finanziert werden muss, in den Topf zur Förderung von Arbeitsplätzen.
Wie und ob der soziale Arbeitsmarkt funktioniert, soll vom ersten Tag an evaluiert werden.