Bottrop. . Langzeitarbeitslose sollen öffentliches Grün sauber halten. Bund zahlt für sie hohe Lohnkostenzuschüsse. Oberbürgermeister kündigt 60 Stellen an.
Die Stadt wird bis zu 60 Menschen einstellen, die seit Jahren arbeitslos sind. Das hat Oberbürgermeister Bernd Tischler bei einem Besuch der WAZ-Redaktion angekündigt. Die sogenannten Hartz-IV-Empfänger sollen das Stadtgrün sauber halten. In Bottrop gibt es nach Erkenntnissen der Linken fast 1400 solcher Langzeitarbeitslose.
Die Stadt bekommt für sie in den ersten fünf Jahren nun hohe staatliche Lohnkostenzuschüsse. Zu Beginn übernehme der Bund sogar alle Kosten, hatte ÖDP-Ratsherr Johannes Bombeck schon während der Etatberatung des Rates für das kommende Jahr in einem WAZ-Gespräch hervorgehoben. Die Öko-Demokraten forderten, dass die Stadt diese Chance unbedingt ergreifen solle. Mindestens 20 Stellen wollte die ÖDP für die Pflege des Grüns und des Erscheinungsbildes der Stadt reservieren.
Arbeit bedeutet Anerkennung und Teilhabe
Darüber geht der Oberbürgermeister jetzt weit hinaus. Tischler will sein Konzept im nächsten Jahr dem Rat vorlegen. Möglich macht dies ein neues Gesetz. Das sogenannte „Teilhabechancengesetz“ soll den Langzeitarbeitslosen den Weg in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ebnen. „Wir schaffen dazu einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt mit individuellen Unterstützungs- und Betreuungsangeboten“, erklärte SPD-Bundestagsabgeordneter Michael Gerdes.
Das Förderprogramm soll Menschen nach siebenjähriger Arbeitslosigkeit den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt erleichtern. „Es ist richtig, Arbeit zu fördern statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren“, befürwortet der Abgeordnete das Vorhaben. Arbeit sei mehr als Broterwerb. Sie bedeute ja auch Anerkennung und soziale Teilhabe. „Alle Menschen müssen die Chance bekommen, durch ihre Arbeit für sich selbst zu sorgen“, bekräftigte der Bottroper.
Linke spricht sich für höhere Löhne aus
Lohnkostenzuschüsse bis zu 100 Prozent erhalten in den ersten fünf Jahren neben Kommunen auch soziale Einrichtungen und privatwirtschaftliche Unternehmen. Allerdings schmelzen diese Zuschüsse Jahr für Jahr um zehn Prozentpunkte ab. Die SPD lege besonderen Wert darauf, dass sich die Lohnkostenzuschüsse an Tariflöhnen orientieren, teilte der Bundestagsabgeordnete mit. Damit werde es keinen Wettbewerbsnachteil für tarifgebundene Arbeitgeber geben.
Genau das kritisiert wiederum die Linke. Die Lohnzuschüsse dürften eben nicht in Höhe der Tariflöhne stehen bleiben. „Die Lohnhöhe muss mindestens zwölf Euro pro Stunde betragen, damit sich die Menschen tatsächlich selbst finanzieren und auch ausreichende Rentenansprüche aufbauen können“, sagte Sprecher Niels Holger Schmidt. Für die Stellen müssten außerdem Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt werden, damit die Langzeitarbeitslosen nach der Beendigung der geförderten Stelle bei der Stadt nicht sofort wieder zu Hartz-IV-Empfängern werden, sondern wie andere Beschäftigte Arbeitslosengeld bekommen.
Wiedereinstieg wird auch früher möglich
Die Linkspartei forderte im Rat vergeblich, den sozialen Arbeitsmarkt in Bottrop finanziell besser auszustatten und früher zugänglich zu machen. 700.000 Euro wollten die Linken dafür ausgeben. „Wir wollen Menschen schon nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit eine Chance zum Wiedereinstieg geben, nicht erst nach sieben Jahren“, sagte Sprecher Schmidt.
Er wies darauf hin, dass der Oberhausener Rat eine ähnliche Verkürzung gefordert hatte. So setzten sich SPD, Grüne und FDP in der Nachbarstadt dafür ein, Hartz-IV-Empfänger schon nach vierjähriger Arbeitslosigkeit Zugang zum sozialen Arbeitsmarkt zu gewähren. Wie die Bottroper Linke forderte auch das Parteienbündnis in Oberhausen, dass für diese Beschäftigten reguläre Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt werden.
Bestehende Förderung verbessert
Vor Beginn dieser Debatte hatte Bundestagsabgeordneter Gerdes jedoch schon auf ein zweites Instrument hingewiesen. Um Arbeitslosigkeit früher bekämpfen zu können, werde eine bereits bestehende Fördermöglichkeit verbessert. Ihr Ziel sei es, Menschen nach zweijähriger Arbeitslosigkeit zu fördern. Allerdings sind die Lohnkostenzuschüsse dann deutlich niedriger. Sie liegen bei 75 Prozent im ersten und 50 Prozent im zweiten Jahr.