Bottrop/Essen. . Der Essener soll in Bottrop gezielt auf Menschen losgefahren sein. Eine Frau wurde schwer verletzt. Polizei vermutet Fremdenhass als Motiv.

Bei einer Amokfahrt in der Bottroper Innenstadt hat ein 50-jähriger Autofahrer einen Menschen schwer und drei weitere leicht verletzt. Nach Zeugenangaben soll er am Berliner Platz gezielt auf Fußgänger losgefahren sein. Danach flüchtete er. Eine 46 Jahre alte Frau, die von seinem Auto erfasst worden war, schwebte am Neujahrstag zeitweilig in Lebensgefahr. Nach einer Notoperation hat sich ihr Zustand stabilisiert, erklärt eine Pressesprecherin der Polizei.

Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler am Tatort. Er sagte die Eröffnungsfeier zum Stadtjubiläum am Berliner Platz ab.
Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler am Tatort. Er sagte die Eröffnungsfeier zum Stadtjubiläum am Berliner Platz ab. © Kai Süselbeck

Kurz darauf wurde er in Essen festgenommen. Auch dort hatte er versucht, Menschen anzufahren.

NRW-Innenminister Herbert Reul war in Bottrop und sagte am Nachmittag: „Es könnte auch noch andere Tatorte geben.“ Die Polizei überprüft jetzt auch andere Unfälle aus der Silvesternacht. Gemeinsam mit Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen machte sich der Innenminister Reul am Berliner Platz ein Bild der Lage. Zum Stand der Ermittlungen sagte er: „Ein Deutscher ist bewusst in eine Gruppe von Menschen gefahren, die er für Ausländer hielt.“

Auch in Essen versucht, Menschen umzufahren

Die Ermittler sprechen mittlerweile von insgesamt vier Tatorten und mindestens fünf Verletzten. Der Mann habe in der Silvesternacht in der Nachbarstadt Essen noch ein viertes Mal probiert, in Menschengruppen zu fahren. Auch ein Kind sei verletzt worden.

Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler hat deshalb das für Neujahr geplante Eröffnungskonzert zur Feier des 100. Stadtgeburtstages abgesagt. Die bereits aufgebaute Bühne auf dem Berliner Platz stand unmittelbar neben der Absperrung, hinter der die Polizei am Tatort noch ermittelte.

Polizei riegelte alle Zufahrten ab

Vier Stunden lang hätte die Stadt dort mit dem „Rockorchester Ruhrgebeat“ den Einstieg in das Stadtjubiläum feiern wollen. Statt dessen stehen Polizeiwagen auf der Paßstraße, weitere Streifenwagen riegeln alle Zufahrten zum Berliner Platz ab. Und auf dem Platz herrscht Totenstille, als der Oberbürgermeister auf die Bühne geht und ankündigt: „Ich habe keine guten Nachrichten.“

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Manche erfahren erst jetzt von der nächtlichen Amokfahrt mit fremdenfeindlichem Hintergrund. „Heute ist uns nicht zum Feiern zumute“, sagt Tischler - und erntet spontanen Applaus für die Konzertabsage. Auch die Musiker, sagt Tischler, hätten Verständnis gezeigt. „Das können wir jetzt nicht machen. Eine junge Frau ringt im Krankenhaus um ihr Leben, und wir machen hier Party.“

Erste Attacke auf der Osterfelder Straße

Nach ersten Angaben der Polizei Münster, die die Ermittlungen übernommen hat, war der 50-jährige Mann mit seinem PKW kurz nach Mitternacht auf der Osterfelder Straße offensichtlich absichtlich auf einen Menschen zugefahren, um ihn mit dem Fahrzeug zu treffen. Der Fußgänger konnte sich retten.

Anschließend bewegte sich der aus Essen stammende Autofahrer mit seinem silberfarbenen Mercedes weiter in Richtung der Bottroper Innenstadt. Auf dem Berliner Platz fuhr er erneut auf eine Menschengruppe zu. Hier wurden mindestens vier Personen, darunter syrische und afghanische Staatsangehörige, zum Teil schwer verletzt. Anschließend flüchtete der Fahrer in Richtung Essen, wo das Fahrzeug auf der Straße Rabenhorst von Polizisten angehalten werden konnte. Die Beamten nahmen den Fahrer vorläufig fest.

Auto-Attacke auch in Essen

Zwischenzeitlich hatte der Fahrer auch in Essen versucht, mit seinem Wagen gezielt in eine Menschengruppe zu fahren, die an einer Bushaltestelle an der Schlossstraße wartete.

Amokfahrt in Bottrop

Tatort Bottrop: In der Silvesternacht...
Tatort Bottrop: In der Silvesternacht... © Heinrich Jung
... ist ein 50-Jähriger mehrfach in Gruppen feiernder Menschen gefahren – unter anderem auf dem Berliner Platz. Insgesamt...
... ist ein 50-Jähriger mehrfach in Gruppen feiernder Menschen gefahren – unter anderem auf dem Berliner Platz. Insgesamt... © Heinrich Jung
... wurden nach Angaben der Polizei acht Menschen verletzt. Motiv für die Amokfahrt...
... wurden nach Angaben der Polizei acht Menschen verletzt. Motiv für die Amokfahrt... © dpa
... soll Fremdenhass sein.
... soll Fremdenhass sein. © Heinrich Jung | Heinrich Jung
Der 50 Jahre alte Deutsche soll seinen Wagen auf seiner Fahrt nicht nur in Bottrop, sondern auch in Essen bewusst mehrfach auf feiernde Menschen zugesteuert haben.
Der 50 Jahre alte Deutsche soll seinen Wagen auf seiner Fahrt nicht nur in Bottrop, sondern auch in Essen bewusst mehrfach auf feiernde Menschen zugesteuert haben. © Heinrich Jung
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU, 2. von links) sagte nach den ersten Vernehmungen des Festgenommenen:
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU, 2. von links) sagte nach den ersten Vernehmungen des Festgenommenen: "Es gab die klare Absicht von diesem Mann, Ausländer zu töten." © Heinrich Jung/FUNKE Foto Services
Unter den Verletzten sind Syrer und Afghanen. Staatsanwaltschaft und Polizei sprachen von einem
Unter den Verletzten sind Syrer und Afghanen. Staatsanwaltschaft und Polizei sprachen von einem "gezielten Anschlag". © Heinrich Jung
NRW-Innenminister Herbert Reul (Mitte), Oberbürgermeister Bernd Tischler (rechts daneben) und Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen (links) in Bottrop am Ort des Unglücks
NRW-Innenminister Herbert Reul (Mitte), Oberbürgermeister Bernd Tischler (rechts daneben) und Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen (links) in Bottrop am Ort des Unglücks © Heinrich Jung
Vor Ort beantwortete Innenminister Reul Fragen.
Vor Ort beantwortete Innenminister Reul Fragen. © Heinrich Jung
Polizei am Tatort in Bottrop rund um den Berliner Platz.
Polizei am Tatort in Bottrop rund um den Berliner Platz. © Heinrich Jung
Am Tatort in Bottrop.
Am Tatort in Bottrop. © Heinrich Jung
Polizei am Tatort in Bottrop rund um den Berliner Platz.
Polizei am Tatort in Bottrop rund um den Berliner Platz. © Heinrich Jung
Polizei am Tatort in Bottrop rund um den Berliner Platz.
Polizei am Tatort in Bottrop rund um den Berliner Platz. © dpa
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Bottrops OB Bernd Tischler vor Ort.
Bottrops OB Bernd Tischler vor Ort. © Kai Süselbeck
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Bereits bei seiner Festnahme äußerte sich der Fahrer mit fremdenfeindlichen Bemerkungen. Die Ermittlungsbehörden gehen derzeit von einem gezielten Anschlag aus, der möglicherweise in der fremdenfeindlichen Einstellung des Fahrers begründet ist. Zudem liegen den Ermittlungsbehörden erste Informationen über eine psychische Erkrankung des Fahrers vor.

>> STADT WILL KONZERT NACHHOLEN

Zuschauer beim Konzert: Mit einem geänderten Programm bestritt das Männerquartett 1881 nach der Amokfahrt in Bottrop dennoch seinen Auftritt am Berliner Platz.
Zuschauer beim Konzert: Mit einem geänderten Programm bestritt das Männerquartett 1881 nach der Amokfahrt in Bottrop dennoch seinen Auftritt am Berliner Platz. © Heinrich Jung / FUNKE Foto Services

Mit dem vierstündigen "Neujährchen" hätte die Stadt eigentlich einsteigen wollen in den Veranstaltungsreigen zum 100. Stadtgeburtstag. Geplant waren neben dem Konzert des „Rockorchesters Ruhrgebeat“ der Auftritt des Männerquartetts 1881.

Der Chor absolvierte auch seinen Auftritt mit einem geänderten Programm. Man habe die Veranstaltung nicht komplett absagen wollen, begründete Stadt-Sprecher Andreas Pläsken. Der Auftritt des Rockorchesters soll im Lauf des Jubiläumsjahrs nachgeholt werden. (mit dpa)