Bottrop. Marco Ortmann ist der einzige Azubi in dieser Branche in ganz Bottrop. Der Tod ist im Berufsalltag allgegenwärtig – und immer individuell.

Die meisten Menschen verdrängen das Thema. Für Marco Ortmann gehört der Tod zum täglichen Berufsalltag. Seit zwei Jahren macht der 24-Jährige eine Ausbildung zum Bestatter. „Es ist etwas Besonderes, diesen Beruf auszuüben, das macht nicht jeder“, begründet Marco Ortmann seine ungewöhnliche Berufswahl. Und tatsächlich ist er derzeit auch der einzige Auszubildende zur Bestattungsfachkraft im Stadtgebiet. Seinen dunklen Anzug trägt er bewusst und mit Würde.

Marc Ortmann wollte zunächst Erzieher werden

Die hygienische Versorgung der Verstorbenen gehört mit zu den Aufgaben eines Bestatters.
Die hygienische Versorgung der Verstorbenen gehört mit zu den Aufgaben eines Bestatters. © Thomas Gödde

Dennoch hat er einst mit dem Fachabitur in der Tasche nicht gezielt nach diesem Ausbildungsplatz gesucht. Er schlug sogar zunächst die Laufbahn des Erziehers ein. „Aber das war nichts für mich“, meint der gebürtige Kirchhellener.

Dokumentationen und ein Gespräch mit einem Bestatter weckten dann seine Neugier auf den Beruf zur Bestattungsfachkraft – so heißt der seit 2007 staatlich anerkannte Ausbildungsberuf korrekt. „Insbesondere das Prozedere der hygienischen Versorgung der Verstorbenen fand ich absolut spannend und interessant.“ Da passte es gut, dass Andrea und Gregor Stratmann für ihr Bestattungshaus in Kirchhellen einen Auszubildenden suchten.

An Sprüche wie „Na, du alter Totengräber“ gewöhnt

Klar, Freunde und Bekannte reagierten mitunter zunächst verhalten auf die außergewöhnliche Berufswahl, manche scheuten sich gar ihrem Freund noch die Hand zu geben. „Das hat sich inzwischen aber alles gelegt. Stattdessen höre ich Sprüche wie ‘Na, du alter Totengräber“, erzählt Marco Ortmann schmunzelnd. „Und meine Eltern sind sehr stolz, dass ich einen Weg gehe, den sie nie erwartet hatten.“

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Eine Schonfrist zum Einstieg in den Berufsalltag gab es nicht, der Tod gehört nun mal dazu. „Gleich am ersten Tag sah ich meinen ersten Verstorbenen und half auch gleich bei der hygienischen Versorgung“, erinnert sich der Auszubildende. Das Interesse an der Arbeit ließ die Scheu vor dem Verstorbenen erst gar nicht aufkommen.

Unangenehme Momente im Berufsalltag

„Dennoch gab es auch gleich in der Anfangszeit Momente, die nicht so angenehm waren und mich kurz an der Richtigkeit der Berufswahl zweifeln ließen“, gibt der 24-Jährige zu und nennt den Tod junger Menschen und das Kümmern um Verstorbene, die schon längere Zeit in ihrer Wohnung gelegen haben, als Beispiele. „Auch das gehört hin und wieder dazu. Aber man findet seinen persönlichen Weg damit umzugehen“, meint Marco Ortmann und stellt fest: „Sprechen hilft! Sei es mit den Kollegen im Team oder mit Freunden.“

Azubi wird nach der Ausbildung übernommen

Noch ein Jahr dauert die Ausbildung von Marco Ortmann. Auf dem Stundenplan stehen Themen wie Bestattungsformen, hygienische Versorgung, Warenkunde, Führung eines Trauergesprächs, Grabschachtung.

Andrea und Gregor Stratmann wollen ihren Azubi nach Ausbildungsabschluss übernehmen.

Obwohl es klare Vorgaben und Linien für die einzelnen Abläufe von der Überführung bis hin zur Beerdigung gibt, so „hält der Arbeitsalltag doch auch Überraschungen bereit und man muss mit allem rechnen“, meint Marco Ortmann. „Der Tod ist immer individuell, der Umgang mit den trauernden Angehörigen immer wieder anders. Bei aller Routine lasse ich stets die persönliche Note einfließen.“

Dankbarkeit gibt Kraft und Anerkennung

War er zu Beginn der Ausbildung zunächst nur als Beobachter dabei, so führt Marco Ortmann inzwischen Überführungen von Verstorbenen und hygienische Versorgung selbst durch und begleitet auch die Beerdigungen eigenverantwortlich. „Ich darf inzwischen schon viele Entscheidungen treffen und trage die Verantwortung sehr gerne.“

Trotz aller Traurigkeit, die den Berufsalltag umgibt, erlebe er doch auch viel Schönes. „Wenn die Angehörigen ihre Dankbarkeit zeigen, so gibt das immer sehr viel Kraft und bestätigt meine Arbeit.“

Natürlich hat sich im Laufe der Ausbildung die Einstellung des jungen Mannes zum Tod geändert. „Früher hab ich überhaupt nicht drüber nachgedacht. Der Tod meiner Oma hat mich als Kind überfordert und erschreckt“, erzählt Ortmann. „Aber heutzutage hat der Tod an Schrecken verloren. Ich denke, wenn mich der Tod irgendwann trifft, kann ich mit guten Gedanken einschlafen.“