Bottrop. . Ende des Jahres schließt die Bottroper Zeche Prosper-Haniel. Dann endet die Bergbau-Ära. Eine Gruppe WAZ-Leser durfte noch einmal unter Tage.
Nicht einmal die eigene Unterwäsche dürfen die WAZ-Leser anbehalten. Stattdessen liegt im Schrank in der Kaue ein Päckchen, in dem neben dem klassischen Grubenhemd auch Unterwäsche eingerollt ist: Feinripp in mausgrau, die Hose mit Eingriff. Sicherlich gewöhnungsbedürftig, insbesondere für die Frauen in der Gruppe, doch es dient nun mal der Sicherheit. Denn je nach Material kann sich sogar die Unterwäsche statisch aufladen, und schon ein kleiner Funken kann eine Katastrophe auslösen in einem Bergwerk.
Dieses Detail zeigt schon den Aufwand, der nötig ist, um tatsächlich einfahren zu dürfen. Ein Aufwand, der längst nicht allen Teilnehmern der WAZ-Grubenfahrt im Vorfeld klar war. Denn bis tatsächlich die ersten Schritte in 1200 Metern Tiefe getan werden, vergeht einige Zeit. Doch dann ist die Sicherheitseinweisung vorüber, alle Teilnehmer sind umgezogen, so dass es endlich losgehen kann.
Zwölf Meter pro Sekunde
Der Korb ist da, alles einsteigen. Mit zwölf Metern pro Sekunde saust der Förderkorb mit der Lesergruppe in die Tiefe, vorbei an den verschiedenen Sohlen, bis hinunter auf die siebte.
Von hier aus sind es fast dreieinhalb Kilometer bis zum Abbaubetrieb. Doch die Gruppe hat Glück. Während die Mitarbeiter den Weg täglich zu Fuß zurücklegen müssen, werden die Besucher gefahren. Die Einschienenhängebahn – quasi die Bottroper Variante der Schwebebahn – steht schon parat und fährt die Gruppe bis zum Abbaubetrieb.
300 Meter Fußweg
300 Meter müssen die Gast-Bergleute dann doch noch zu Fuß zurücklegen. Und schnell wird klar: Es gibt 300 Meter – und es gibt 300 Meter unter Tage. Der Boden ist uneben, teils matschig-rutschig; es geht durch ein Gewirr von Druckluftschläuchen, und schließlich muss noch eine Maschine überwunden werden – mittels zwei Leitern.
Nun steht die Gruppe vor dem Streb. 42 Grad heiße Luft strömt heraus, dazu eine Luftfeuchtigkeit von 85 Prozent. Der Schweiß rinnt in Strömen – allein beim Rumstehen. In dem Moment dürften alle froh sein, dass sie hier nicht auch noch arbeiten müssen. An diese Extreme ist niemand gewöhnt.
Kein Zeitgefühl
Geduckt geht es hinein in den Streb, um schließlichknieend den Hobel zu verfolgen, der sich durch das Gestein arbeitet und die Kohlebrocken abbricht. Zuerst kommt eine Nebelgischt, dann rauscht der Hobel heran, und es folgt die Staubwolke. Kein Wunder also, dass am Ende des Tages die Gesichter der Teilnehmer ziemlich schwarz sind. Gut 35 Minuten vor Ort, eine Zeit, die den Teilnehmern viel kürzer vorkommt. Dann geht es mit der Bahn zurück zum Schacht und schließlich wieder ans Tageslicht.
Die Dimension unter Tage habe sie überrascht, sagt Bettina Bischoff am Ende. Zwar gab es vorher Informationen – etwa, dass das Bergwerk eine Strecke von über 100 Kilometern umfasst. Doch das alles selbst zu erleben, ist eben etwas anderes. „Ich hatte wirklich falsche Erwartungen, auch was die Kleidung betrifft. Und ich war überrascht, wie schwer das Outfit ist“, gibt Bettina Bischoff zu. Enge und Temperatur habe man zwar aushalten können, sagt Jutta Engländer-Giavarra, „aber wenn man sich vorstellt, da arbeiten zu müssen...“ Der Respekt vor den Bergleuten und deren immer noch harte Arbeit war am Ende jedenfalls bei allen Teilnehmern noch einmal gestiegen. Günter Ploczicki: „Ich kannte vom Fußball viele Bergeleute und habe hier jetzt erst gesehen, was die geleistet haben. Sie sind in meiner Achtung nun noch einmal gestiegen.“
Ein gann besonderes Erlebnis
Einig waren sich die WAZ-Leser auch, dass es ein ganz besonderes Erlebnis war – und wohl auch eine der letzten Gelegenheiten, schließlich endet der Bergbau zum Jahresende. „Ich wollte die Gelegenheit unbedingt nutzen“, sagt Karsten Sczech. Er habe sich früher sogar mal auf eine Stelle unter Tage beworben, dann aber eine andere angenommen. So war die Neugierde groß, ebenso die Freude darüber, dass es geklappt hat.