Essen/Bottrop. . Der Apothekerprozess droht zu platzen, weil eine Ermittlungsakte im Internet stand. Die Verteidiger wollen jetzt die Aussetzung der Verhandlung.

Der Apothekerprozess gegen Peter Stadtmann vor dem Landgericht Essen droht zu platzen. Weil nach Informationen der Verteidigung eine der Ermittlungsakten seit Monaten im Internet steht, verlangen die Rechtsanwälte des Bottroper Apothekers die Aussetzung des Verfahrens. Dann müsste die XXI. Strafkammer die Verhandlung neu beginnen. Vermutlich müsste sie auch den Haftbefehl gegen Stadtmann (47) aufheben oder außer Vollzug setzen.

Den Aussetzungsantrag stellten die Verteidiger am Montag. Sie verdächtigen das „Recherchezentrum Correctiv“, das nach eigenen Angaben für unabhängigen Journalismus steht, den Band 10 der Hauptakte im Oktober 2017 ins Internet gestellt zu haben: „305 Js 330 16 HA Bd 10 GeschwäRzt – Document Cloud“. Wenige Minuten nach dem Antrag stand sie nicht mehr im Netz.

Haftbefehl und Stellungnahme der Verteidigung

Sie enthält wichtige Dokumente, etwa den Haftbefehl gegen Stadtmann mit persönlichen Details sowie Teile der Beweiswürdigung. Außerdem sollen dort die Stellungnahmen von Stadtmanns Verteidigern zur Anklage zu lesen sein. Die Anwälte befürchten, dass einige der Zeugen und Gutachter, die bislang vernommen wurden, die Akte gelesen und ihre Aussage darauf eingestellt haben könnten. Hätten das Gericht oder die Verteidigung dies vorher gewusst, hätten sie sich anders auf die Vernehmung vorbereiten und andere Fragen stellen können.

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Das Reporter-Büro „Correctiv“ hatte seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Stadtmann, der laut Anklage Krebsmedikamente gepanscht haben soll, detailliert über den Fall berichtet. Dabei hatte es die in Verdachtsfällen straf- und presserechtlich vorgeschriebene Unschuldsvermutung nicht gerade in den Vordergrund gestellt.

Geschwärzte Passagen in der Internetakte

Die geschwärzten Passagen in der Internetakte deuten nach Ansicht der Anwälte darauf hin, dass „Correctiv“ sie von der Nebenklage, also den Anwälten der betroffenen Patienten, erhalten hat. Wer wesentliche Bestandteile einer Strafakte vor Verlesung veröffentlicht, macht sich strafbar. Geprüft werden muss aber auch, ob die zuvor in der „Daten-Cloud“ gespeicherte Akte tatsächlich frei zugänglich oder zuletzt von anderer Seite „gehackt“ wurde.

Wie das Verfahren gegen Stadtmann weitergeht, entscheidet sich vermutlich am Donnerstag.