Bottrop. . Seit 1995 koordiniert Andreas Gessner für den Schuhriesen Deichmann den Transport von Sneaker, Pumps und Co. zu Filialen im In- und Ausland.
Ein Job, bei dem man morgens schon weiß, wie der Tag verläuft und abends endet, wäre nie etwas für ihn gewesen. Seit 23 Jahren ist Andreas Gessner Logistikchef der Firma Deichmann und hat die Fäden in der Hand zwischen 14 Distributionslagern im In- und Ausland und Filialen in 26 Ländern. Der Terminplan ist eng und neben der Arbeit am Schreibtisch ist Gessner vor allem viel unterwegs, eilt von Büro zu Büro und jettet durch die Welt.
Nicht, dass Andreas Gessner diesen beruflichen Lebensweg beim Schuhriesen jemals geplant hätte. Aber im Grunde begleitet ihn der Firmenname Deichmann durchs Leben. „Ich bin in Bottrop geboren und in der Stadtmitte aufgewachsen. Wenn ich als Kind mit meinen Eltern von der Autobahn kam, musste man immer an Deichmann vorbei, dann rechts ab und schon waren wir zu Hause“, erinnert sich Andreas Gessner schmunzelnd.
Damals hieß die Logistik noch Lagertransport
Nach dem Abschluss der Handelsschule bewarb er sich für eine Ausbildung zum Bürokaufmann bei der Firma, „weil Handwerker - der Beruf meines Vaters - und Verkäufer nix für mich waren. Buchhaltung sollte es aber auch nicht sein“, meint Gessner und erzählt, wie er den Spagat einst schaffte: Nach der Ausbildung ging’s in die Organisationsabteilung. „Hier gab’s viele Aufgaben und ich lernte schnell das Unternehmen kennen, unter anderem auch die Logistik, die damals noch Lagertransport hieß.“
Überhaupt haben sich nicht nur Namen im Laufe der Zeit geändert, sondern auch Arbeitsabläufe und Technik. „Einst hat man viele Briefe geschrieben und telefoniert, heute gibt’s Emails und Meetings. Früher arbeitete man an einem Projekt, heute braucht man To-do-Listen. Alles ist rasanter geworden.“
Verantwortung für 14 Distributionslager
Als Standortleiter kam Andreas Gessner 1992 nach Bottrop. „Ich erinnere mich heute noch an meinen ersten Tag. Wie aus der Verwaltung in Essen gewohnt, kam ich im Anzug. Und eine ältere Mitarbeiterin musterte mich und meinte: Dich krieg ich auch noch klein“, erinnert sich Gessner lachend und erklärt, wie sehr er bis heute, die direkte und ehrliche Art der Bottroper Mitarbeiter schätzt. „Es war halt schon damals nicht üblich, im Lager einen Anzug zu tragen.“
1995 ergab sich die nächste berufliche Chance im Unternehmen: Andreas Gessner wurde Logistikchef. Heute hat er die Verantwortung für insgesamt 14 Distributionslager europaweit, fünf davon in Deutschland (dazu zählt auch Bottrop) sowie rund 1200 Mitarbeiter. „Standorte und Auslieferung in Filialen in 26 Länder müssen organisiert werden“, erklärt Gessner seine Aufgaben. „Da muss man in Ketten denken und stets Transportwege, Speditionen, Kosten, Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit im Blick haben.“ Habe er früher nur den Weg zwischen Lager und Filiale organisieren müssen, müsse er heute durch den Internethandel auch bis zum Kunden denken. „Da wird sich noch Einiges tun! Der Kunde möchte die gesamte Ware stets im Netz sehen und die Bestellung möglichst am nächsten Tag zu Hause haben.“
Filialen in der Einsamkeit
Zur besonderen Herausforderung im Arbeitsalltag des Logistikchefs wird die Versorgung der Filialen dann, wenn sie nicht gerade in einer großen Stadt liegen. „1998 eröffneten wir eine Filiale in Konin, einem winzigkleinen Ort in Polen, der auf der Karte gar nicht zu finden war“, erzählt Gessner. „Nur, wie bekommt man die Schuhe regelmäßig dorthin? Ich habe zunächst mit einem Gemüsehändler zusammengearbeitet, der den einzigen Lastwagen im Ort hatte und die Schuhe vom Bahnhof zur Filiale bringen konnte.“
Weitere Filialen in der Einsamkeit gebe es beispielsweise in Umea in Nordschweden, in Kasan (800 km von Moskau entfernt) oder im türkischen Van an der Grenze zum Iran. „Da werden Schuhe mitunter mal zusammen mit Holz oder Papier zu Filialen transportiert.“ Bei der Eröffnung der Filiale auf Mallorca mussten plötzlich die Vorschriften des Fährverkehrs berücksichtigt werden. „Denn nicht jede Fähre darf beispielsweise Schuhsprays mitnehmen.“
Mehr Schuhe als andere Männer
Die Organisation der Lager stellt eine weitere Herausforderung im Arbeitsalltag dar. „Rund 20 Millionen Paar Schuhe durchlaufen beispielsweise jährlich das Bottroper Lager. Aber es gibt Mengenschwankungen. Von Januar bis April und von Juli bis Oktober ist das Lager voll, dazwischen eher leer. Wir fangen dies mit flexiblen Arbeitszeiten auf“, erklärt der Logistikchef und erteilt Gedanken an Automatisierung eine klare Absage. „Das hätten wir auch vor 20 Jahren schon machen können, aber Mitarbeiter sind viel flexibler.“
Und was tut ein Logistikchef in seiner Freizeit? „Ich lese viel und gehe gern mit meiner Frau shoppen, die natürlich einen Faible für Schuhe und Handtaschen hat“, erzählt Gessner und gibt schmunzelnd zu: „Ich kaufe auch gern Schuhe und habe sicher mehr Schuhe im Schrank als so mancher andere Mann.“