Schulleiter und Stadt blicken sorgenvoll auf die angekündigte Rückkehr zu G9.Umstellung bringt wieder neue Unruhe in die Bottroper Gymnasien.

  • Wenn in NRW G9 wieder eingeführt wird, brauchen die Bottroper Gymnasien mehr Platz
  • Die vorhandenen Räume reichen nicht aus, um zusätzliche Klassen unterzubringen
  • Das wird hohe Kosten nach sich ziehen, ebenso wie der Bedarf an zusätzlichen Lehrern

Was für Eltern und Schüler vielleicht der pure Grund zur Freude ist, treibt Schulleitern und Kommunen Sorgenfalten auf die Stirn: Die neue Landesregierung will vom Turbo-Abi zurück zum G 9. Für die Gymnasien bedeutet dies einen erneuten Umbau, für die Kommunen Kosten.

„G 9 ist im vorhandenen Raumbestand nicht zu machen“, stellt der Erste Beigeordnete Paul Ketzer mit Blick auf die drei Bottroper Gymnasien fest. An allen drei Standorten seien Erweiterungen oder sogar Neubauten notwendig. „Da hängt so einiges dran“, warnt er mit Blick auf die Kosten.

Frage nach der Finanzierung

Und Tobias Mattheis, der kommissarische Leiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums, fürchtet: „Das wird wieder Hektik in die Schulen bringen. Eigentlich bräuchten wir jetzt mal Ruhe.“ Derzeit seien viele Fragen noch unbeantwortet, zum Beispiel wo das Geld dafür herkommen soll, die fehlenden Lehrer und der zusätzliche Platz. Seit Einführung von G 8 habe man nicht mehr benötigte Klassenräume zu Selbstlernzentrum, Beratungs- oder Fachräumen umgebaut.

Für Reinhard Schönfeld, den Leiter des Josef-Albers-Gymnasiums, kommt die erneute Änderung nicht mehr überraschend. Er verweist auf die „wahnsinnigen Anstrengungen“, die die Schulen beim Umstieg auf G 8 unternommen haben. Nun stehe man vor ähnlich großen Problemen. Es fehlen die Räume für einen zusätzlichen Jahrgang, weil die teilweise zu Fachräumen umgebaut wurden, außerdem fehle das entsprechende Personal. „Auch das Lehrmaterial ist ja komplett auf G 8 umgestellt worden.“

Fehler bei der Umstellung G 9

In seinen Augen sind bei der Umstellung von G 9 auf G 8 Fehler gemacht worden. Für seine Schule glaubt er, dass der Umstieg eigentlich gelungen war, hatte man sich doch bewusst als Halbtagsschule positioniert mit einem „hohen Grad an Zufriedenheit bei Schülern und Eltern.“

Schönfeld glaubt nicht, dass viele Gymnasien beim Abitur nach acht Jahren bleiben werden. „Das Thema ist zermahlen.“ Mit Blick auf Bottrop sagt er: „In einer kleinen Stadt mit nur zwei Gymnasien in der Innenstadt glaube ich nicht, dass eines bei G 8 bleibt und das andere umstellt.“ Schließlich bedienten beide Schulen dieselbe Klientel. Für das JAG sagt er: „Wir werden umstellen in der Hoffnung, nicht wie Laborratten in ein paar Jahren wieder etwas neues machen zu müssen.“

Lehrermarkt ist leer gefegt

Aus der Sicht der Eltern sei die geplante Rückkehr zu G 9 sicher richtig, meint Matthias Plaputta, Leiter des Vestischen Gymnasiums in Kirchhellen: „Sie entspricht dem Elternwillen.“ Als Schulleiter hat er allerdings auch die damit verbundenen Schwierigkeiten im Blick: „Die Schulen haben erfolgreich auf G 8 umgestellt, Strukturen und Lehrpläne verändert, Räume sinnvoll genutzt.“ Große Problem sieht er vor allem beim Personal. „Der Lehrermarkt ist so gut wie leer.“ Schon jetzt gebe es Schwierigkeiten bei der neuen Vetretungsreserve. Matthias Plaputta tröstet sich damit, dass noch Zeit bleibe bis zur Umstellung 2019/20.

Müssen Gesamtschulen für G9 bluten?

Die Gesamtschulen müssen sich zwar im Zuge der Rückkehr zu G9 nicht neu aufstellen, weil hier das Abitur nach wie vor nach neun Jahren abgelegt wird, trotzdem schaut Jochem von Schwerdtner mit Sorge auf die aktuelle Entwicklung. Der Schulleiter der Willy-Brandt-Gesamtschule fürchtet, dass die Rückkehr zu G9 an den Gymnasien auf Kosten der Gesamtschulen gehen. So hatten es zumindest die Macher des Volksbegehrens geplant. An Sekundar- und Gesamtschulen sollten dafür Stellen gestrichen werden.

Wie CDU und FDP die Rückkehr planen, ist noch unklar, schließlich sei das auch mit entsprechenden Kosten verbunden, warnt von Schwerdtner.

Doch er verweist auch auf die Schüler. Diejenigen, die nach acht Jahren Abitur gemacht haben, hätten dann das folgende Jahr oftmals genutzt, um zu reisen, für Auslandsaufenthalte, um sich sozial zu engagieren oder auch um sich einfach nur zu orientieren bei der Studien- oder Berufswahl. Dieses Jahr nehme man den Schülern wieder weg.

Grundsätzlich beneide er die Kollegen an den Gymnasien nun nicht. Denn die Rückabwicklung von G8 sei wiederum eine große Belastung für alle Beteiligten. „Es ist halt die Frage, ob der ganze Aufwand zielführend ist.“