Bottrop/Essen. Die Ehefrau (46) sei schuld an den Familienproblemen gewesen. Das erklärte S. vorm Schwurgericht. Töchter hätten sehr unter der Situation gelitten.
Er ist ein Mann des Wortes. Frank P., 55 Jahre alt und von Beruf Journalist, sollte es eigentlich wissen, wie Konflikte ohne Gewalt zu lösen sind. So wie seine Ehefrau, eine Familientherapeutin. Doch am 10. Oktober 2015 griff er laut Anklage zu einem Brotmesser, um die 46-Jährige zu töten.
Mord wirft die Anklage dem Bottroper vor. Er habe es nicht akzeptieren wollen, dass sie ihn nach 22 Ehejahren verlassen wollte. Von niedrigen Beweggründen spricht Staatsanwältin Valeria Sonntag, der Angeklagte sei auch nicht bereit gewesen, ihr einen angemessenen Anteil des Familienvermögens abzugeben.
Wie eine Vorzeigefamilie
Ein bürgerliches Ehe-Drama. Nach außen wirkte das Ehepaar S. mit seinen 15 Jahre alten Zwillingstöchtern wie eine Vorzeigefamilie. Ein freistehendes Einfamilienhaus, eine Eigentumswohnung, viele Urlaube und Ausflüge. Finanziell plagten den freien Journalisten, der für Unternehmen Öffentlichkeitsarbeit betrieb, wohl keine Probleme.
Und dann diese Tat, für die Frank S. am Montag zum Prozess die Verantwortung übernimmt: “Ich habe dem Menschen, den ich am meisten geliebt habe, das Leben genommen.” Er blendet in dieser Erklärung, die er schriftlich verfasst hat und zeitweise unter Tränen vorliest, noch aus, zu welcher Brutalität er offenbar fähig war.
Mit BH und Krawatte ans Bett gefesselt
Weil seine Ehefrau erst spät nach Hause gekommen sei, soll es um 21 Uhr abends zum heftigen Streit gekommen sein. Er soll sie mit einem Brotmesser angegriffen und ans Bett gefesselt haben, mit BH und Krawatte. Dann soll er auf die wehrlose Frau eingestochen und die Halsschlagader durchtrennt haben.
Bevor Frank S. am Montag zur eigentlichen Tat kommt, vergehen Stunden. In allen Einzelheiten beschreibt der Journalist die Vorgeschichte, erzählt dem Gericht, wie es zur Krise in seiner Ehe gekommen sei.
"Die Töchter und ich, wir waren fix und fertig"
Auf den Kern reduziert, gibt er seiner Ehefrau die Schuld, die sich als gelernte Krankenschwester und Sozialpädagogin ab 2012 beruflich umorientierte und zur Familientherapeutin ausbilden ließ. In dieser Phase der Ehe sei beruflich und privat viel Belastendes auf sie beide zugekommen. Er hätte gar nicht mitbekommen, dass seine Frau in dieser Zeit ein Verhältnis mit einem anderen Mann anfing. In einem langen Brief hätte sie ihm geschildert, dass sie in der Ehe unzufrieden sei und nicht weiter wisse.
Konsequenzen daraus zog sie nicht. Daran hätte sich lange nichts geändert. Er hätte ihr oft gesagt, dass sie sich entscheiden und gehen solle: “Die Töchter und ich, wir waren fix und fertig.”
Angeklagter erklärt an Selbstmord gedacht zu haben
Dass er ihren Tod geplant hätte, bestreitet Frank S. vor Gericht. Tatsächlich hätte er an Selbstmord gedacht. Er ist mittlerweile am Tattag angekommen, hat schon drei Stunden geredet. Doch statt zur eigentlichen Attacke auf seine Ehefrau zu kommen, erzählt er ausführlich, wie er noch für den Geburtstag der Zwillinge, die am nächsten Tag 16 wurden, einkaufte.
Er erzählt von einem weiteren Streit mit der Ehefrau und wie er sich hingesetzt hätte, seinen Abschiedsbrief zu formulieren. Vier Stunden hätte er daran gesessen und Bilanz gezogen. Dann sei ihm die Erkenntnis gekommen, dass eigentlich “der gemeinsame Freitod die beste Lösung” sei.