Stahlhausen. . Ehemalige Schlesier arbeiten ihre Geschichte auf. Eine Ausstellung im Stadtteilzentrum Q1 in Bochum-Stahlhausen zeigt Portraits und Biographien.
Dorothea und Holger Knopp haben beide seit jeher einen deutschen Pass. Und doch können sie Flüchtlinge gut verstehen. Denn auch sie mussten ihre Heimat Schlesien vor langen Jahren aus der Not heraus verlassen.
Zusammen mit acht weiteren Menschen erzählen sie in der Ausstellung „Ferne Heimat – Senioren aus Schlesien im Ruhrgebiet“ ihre Geschichte. Derzeit macht die Wanderausstellung im Stadtteilzentrum Q1 Station.
Die Schicksale schildern
Bereits seit zwei Jahren touren die Plakate durch das Ruhrgebiet und bringen den Besuchern die Auswanderung aus Schlesien näher. Im Westend werden sie jedoch in einen neuen Zusammenhang gebracht. „Gesellschaft hat immer schon aus Flüchtlingen bestanden“, betont Friederike Müller, Geschäftsführerin des Ifak. Dass die Thematik keine neue ist, auch Deutsche schon umsiedeln mussten, darauf wollte auch Piotr Suder aufmerksam machen, der die Ausstellung ins Q1 holte.
Auf den Transparenten sind Geschichten, Fotos und Zitate abgedruckt – komprimierte Menschenschicksale. Sie geben kurze Einblicke in den Werdegang der Ausgewanderten, in ihre Zeit in Schlesien wie auch ihre Zeit in der neuen Heimat; sie wissen über Positives wie Negatives zu berichten. Und auch die eine oder andere Anekdote findet sich in den geschriebenen Zeilen.
Studierende der Sozialen Arbeit an der Evangelischen Hochschule kamen zu den Senioren nach Hause, interviewten sie und kamen so in den Dialog mit der Geschichte.
Erinnerungen an dunkle Stunden in der Heimat
Zwei der Portraitierten sind Dorothea und Holger Knopp. Vor allem Frau Knopp erinnert sich an dunkle Stunden in der schlesischen Heimat: „Wir sind für Lebensmittel angestanden, wurden auf der Arbeit besonders beobachtet und dürften über Nacht kein deutsch mehr sprechen.“ Doch nach ihrer Auswanderung wurde es nicht besser.
Denn obwohl sie Deutsche waren, wurden sie, wegen ihrer Herkunft, als polnische Ausländer behandelt und zum Beispiel in der ersten Schulklasse in Duisburg beschimpft: „Ich war damals fix und alle“, erzählt sie.
Auch Holger Knopp erinnert sich noch gut an seine Zeit in Schlesien: „Als ich sechs Jahre alt war, hat meine Mutter mich in die Schule gebracht. Aber ich habe kein polnisch verstanden.“ Damit war er nicht der einzige: Rund 80 Prozent der Schüler waren Deutsche.
Doch ihnen allen wurde eine polnische Lehrerin vorgesetzt, die ihrerseits nicht deutsch sprach. 1957 entschied sich Holger Knopps Mutter, nach Deutschland auszuwandern.
Beide haben in Bochum eine zweite Heimat gefunden. Und etwas Gutes hatte der mühsame Weg ins Ruhrgebiet dann doch: Einmal im Jahr sind die Eltern des Paares auf ein Heimattreffen nach Essen gefahren. „Da haben wir uns dann kennengelernt“, sagt Dorothea Knopp lächelnd.
>>> Info: Ausstellung besser nachmittags besuchen
- Noch bis zum 7. April ist die Ausstellung im Q1, Halbachstraße 1, zu sehen. Es empfiehlt sich ein Besuch am Nachmittag, da morgens im Raum Sprachkurse stattfinden.
- Zehn Biographien von Herner und Bochumer Zugezogenen aus Schlesien werden auf den Transparenten erzählt. Porträts ergänzen die Ausstellung.
- Das Projekt entstand in Zusammenarbeit der Evangelischen Hochschule RWL und der offenen Altenarbeit der „Inneren Mission – Diakonisches Werk Bochum“ in Kooperation mit dem LWL-Industriemuseum Zeche Hannover.