Bochum. . Zwei Frauen sollen in Bochum „Lippenaufspritzungen“ ohne Berechtigungen und Qualifikation vorgenommen haben. Die Polizei sucht Geschädigte.
Zwei Bochumerinnen sollen ihren Kundinnen die Lippen aufgespritzt haben. Das dürfen nur Ärzte. Es soll zu massiven Lähmungen und Gefäßverletzungen gekommen sein. Deshalb sitzen die Frauen (26 und 29) jetzt in Untersuchungshaft. Ihnen wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.
Die Behandlungen wurden laut Polizei in Privaträumen an der Dannenbaumstraße und am Alten Werner Hellweg in Laer vorgenommen. Ob auch ein Kosmetikstudio betroffen ist, wird noch ermittelt.
„Mehrere Kundinnen klagten nach dem Aufspritzen über erhebliche Schwellungen und Entzündungen im Gesicht. Sie erstatteten Anzeige“, berichtet Polizeisprecher Frank Lemanis. Am vergangenen Mittwoch wurden die Bochumerinnen festgenommen. Das Gericht ordnete Untersuchungshaft an. „Es besteht Wiederholungsgefahr“, so die Polizei, die von weiteren Geschädigten ausgeht.
Nur Ärzte dürfen spritzen
Dr. Darius Alamouti kennt einige der Kundinnen. „Die ersten kamen Anfang des Jahres zu uns. Sie baten mich um Hilfe – wie so viele Frauen, denen ähnliches widerfahren ist“, schildert der Herner Facharzt für Dermatologie und Venerologie der WAZ. Bei den Frauen, „zum Teil noch junge Mädchen“, sei unter anderem die Nase deformiert gewesen, „die Haut war futsch“. Einige seien durch die Entstellungen psychisch schwer angeschlagen. „Eine der Frauen steht sogar in Scheidung. Ihr Mann konnte einfach nicht begreifen, was seine Partnerin da getan hat“, berichtet Alamouti, der mit seiner Praxis im August von Herne in den bis dahin renovierten Nordbahnhof am Ostring umzieht.
Alamouti hält die illegalen Behandlungen in Laer nicht für Einzelfälle. Kosmetikerinnen dürfen kein Botox und Filler (bei Lippen meist Hyaluronsäure) unterspritzen. „Dennoch passiert es täglich tausendfach. Und manche können es auch richtig gut“, sagt der Experte. Meistens blieben die Behandlungen auch folgenlos. Doch immer wieder passierten schwerwiegende Fehler. „Das Gel kann die Gefäße verschließen, die die Gesichtsregion ernähren. Das Gewebe kann dauerhaft absterben und nur mit größer chirurgischer Mühe wiederhergestellt werden.“ Das größte Risiko: „Geht etwas schief, haben wir Ärzte das nötige Gegenmittel ständig griffbereit im Kühlschrank. Kosmetikerinnen nicht. Denn es ist ein Medikament.“
Polizei sucht weitere Geschädigte
Für eine Lippenunterspritzung werden je nach Material zwischen 200 und 700 Euro veranschlagt. Das Aufspritzen erfolgt mit örtlicher Betäubung.
Das Bochumer Kriminalkommissariat 11 bittet Zeugen und mögliche weitere Geschädigte der beiden Bochumerinnen, sich unter der Rufnummer 0234/909 59 42 30 zu melden.
Derweil droht den beiden Frauen auch ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung. Laut Polizei sollen sie Einnahmen nicht beim Finanzamt gemeldet haben.
Der Facharzt appelliert ebenso wie die Polizei: Wer dem Schönheitsideal voller Lippen entsprechen will, sollte die Behandlung ausschließlich einem Arzt überlassen. „Nichts gegen Kosmetikstudios“, so Alamouti. „Aber dort sollten die Mitarbeiter nur das praktizieren, für das sie ausgebildet sind.“