Bochum. Die Bogestra weitet ihr Angebot aus. Das „Netz 2020“ wird am 15. Dezember eingeführt: mit mehr Fahrzeugen, mehr Haltestellen und mehr Fahrern.

Kürzere Taktzeiten, mehr Direktverbindungen, zusätzliche Haltestellen und eine bessere Orientierung für die Fahrgäste durch ein Farbleitsystem für den Schienenverkehr. Das sind die Eckpunkte für das „Netz 2020“ der Bogestra. Mit der „größten Fahrplanumstellung seit gut 40 Jahren“, so Bogestra-Vorstand Jörg Filter, will das Verkehrsunternehmen vom 15. Dezember an, dem Tag der Umstellung, ein neues Kapitel im öffentlichen Nahverkehr aufschlagen.

Mit einer großangelegten Kampagne sollen die Kunden auf die Veränderungen vorbereitet werden. Erklärt wird die „neue Bogestra“ nicht nur auf der eigens eingerichteten Internetseite „www.wirbringendichhin.de“, mit fünf Magazinen allein in Bochum und 200.000 Exemplaren der neuen Linienfahrpläne, die Anfang Oktober verteilt werden sollen. Vorstand Filter verspricht auch, dass die Kunden in den Stadtteilen und Quartieren bei Info-Veranstaltungen, Stammtischen und anderen Gelegenheiten ausführlich informiert werden. Und er sagt: „Wir sind voll überzeugt von unserem neuen Netzangebot.“

Das Ziel: Gut vier Millionen Fahrten mehr

Drei Prozent mehr Fahrgäste binnen drei Jahren möchte das kommunale Unternehmen befördern, statt 143 Millionen im Vorjahr also 2022 etwa 147,2 Millionen. Die meisten davon sollten es wohl in Bochum sein. Denn vor allem hier, wo derzeit jährlich etwa 77 Millionen Kunden unterwegs sind, wird sich vieles ändern: Angepasst an den veränderten S-Bahn-Takt fahren Bahnen nicht mehr im Zehn-Minuten-Takt, sondern alle 7,5 Minuten, und werden mehr als 50 neue Haltestellen eingerichtet. Insgesamt werden die Fahrzeuge im gesamten Betriebsgebiet zwischen Gelsenkirchen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis 1,5 Millionen Euro Kilometer mehr zurücklegen – die meisten davon in Bochum.

Bogestra-Vorstandsmitglied Jörg Filter freut sich auf das neue Netzangebot. Am 15. Dezember wir das „Netz 2020“ eingeführt.
Bogestra-Vorstandsmitglied Jörg Filter freut sich auf das neue Netzangebot. Am 15. Dezember wir das „Netz 2020“ eingeführt. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Zwar würden einige Linien etwa zu den Randzeiten nicht mehr so häufig bedient. Aber es falle kein Angebot weg, versichert Jörg Filter. „Es werden Linien umbenannt und es gibt auch neue Streckenführungen.“ Um das zu erreichen, wurden zehn neue Straßenbahnen angeschafft, wird es 25 neue Busse geben, allein fünf davon im nächsten Jahr für die erste rein elektrisch betriebene Buslinie, und sitzen 120 neue Fahrerinnen und Fahrer an Lenkrad und Hebel. Fünf Millionen Euro mehr Personalkosten und umgerechnet jährlich einige Millionen Euro Investitionskosten lässt sich die Bogestra das kosten.

Auch die Stadt nimmt Geld in die Hand. Etwa drei Millionen Euro jährlich, so Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), werde Bochum die Aufwertung des ÖPNV kosten. Aus seiner Sicht ist das der richtige Weg, um den Anforderungen an den ÖPNV einer Großstadt gerecht zu werden. Preise oder ein einfacheres Tarifsystem im Revier – beides aus seiner Sicht dringend erforderlich – könne die Stadt allein nicht senken oder auf den Weg bringen. „Aber in Sachen Angebot können und wollen wir etwas tun.“

Mobilitätsangebote aus einer Hand

Für Kunden gerade in einer Großstadt sei es wichtig, zu wissen, dass es nur kurz dauere bis die nächste Bahn oder der nächste Bus kommen. Und: Bochum habe Wert darauf gelegt, dass diverse Mobilitätsangebote, angefangen von Bus und Bahn über Lastenräder und E-Scooter bis zum Carsharing, über eine einzige App buchbar sind: die Mutti-App der Bogestra.

Direktverbindung von Wattenscheid zur Ruhr-Uni

Etwa fünf Jahre lang hat sich die Bogestra mit dem neuen Nahverkehrsplan beschäftigt. Nach Analysen mit Hilfe eines externen Gutachters, Verkehrszählungen und der Auswertung von Kundenwünschen haben die Streckenplaner das neue Netz ausgearbeitet.

Durch die Umbenennung einiger Linien werden in Zukunft nahezu alle Bahnen und Busse durch reine Ziffernkombinationen gekennzeichnet. Einzige Ausnahme: Die U35 bleibt die U35. Außerdem gibt es noch drei Schnellbusse: SB33, der künftig Wattenscheid mit der Ruhr-Uni verbindet, SB37 (Hauptbahnhof Bochum - Ennepetal) und SB67 (Ruhr-Uni – Wuppertal).

Um ein halbes Jahr verzögern wird sich die Einführung der ersten reinen elektrisch betriebenen Buslinie in Bochum. Die Ausschreibung zum Kauf der fünf Busse für die Linie 354 stehe kurz bevor, so Bogestra-Vorstand Jörg Filter. Mitte 2020 werde es die E-Bus-Linie geben.

Drei Monate bleiben noch, bis das „Netz 2020“ steht. Die 120 neuen Fahrer seien bereits eingestellt, so Bogestra-Vorstand Jörg Filter. Die zusätzlichen Haltestellen werden in der nächsten Zeit eingerichtet, die „Umflaggung aller Haltestellen vorbereitet. Jetzt gehe es vor allem darum, das künftige Netz bekannt zu machen.

Eines der neuen Gesicht der Bogestra: Sarah Waschke (32) aus Weitmar und einige andere Bogestra-Kunden werben auf Plakaten für das neue Angebot des Nahverkehrsunternehmens.
Eines der neuen Gesicht der Bogestra: Sarah Waschke (32) aus Weitmar und einige andere Bogestra-Kunden werben auf Plakaten für das neue Angebot des Nahverkehrsunternehmens. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Dabei sollen Frauen und Männer aus dem großen Kreis der Bogestra-Kunden helfen – wie etwa Sarah Waschke. Die 32-jährige Heilerziehungspflegerin aus Weitmar ist eines der Gesichter, mit denen die Bogestra in ihrer Kampagne für den ÖPNV von morgen wirbt. „Ich bin sehr zufrieden mit dem neuen Angebot“, sagt die junge Frau, die – wie sie erzählt – wegen ihrer grünen Haare als „Freak mit Ausstrahlung“ ausgesucht wurde.