Bochum. Gesundheitsamt bezeichnet die Einkaufsmeile im Bochumer Stadtteil Langendreer als Problemzone. Anwohner sehen vor allem die „Zwischenfall“-Immobilie als Brutstätte der unwillkommenen Schädlinge. Die Anwendung von Rattengift zeigt Wirkung doch die Bewohner sind verunsichert.

Der Schreck in der Morgenstunde war gewaltig bei Janina Meinhardt im Lottoladen an der Alten Bahnhofstraße 213. Eine Ratte hatte sich in den Laden verlaufen. Anwohner am Alten Bahnhof klagen schon länger darüber, dass die Schädlinge vermehrt im Bereich Leifacker und In den Langenstuken gesichtet werden.

Meinhardt trieb das Tier mit Hilfe eines Schrubbers auf die Straße, wo der unerwünschte Besucher sich nach rechts zur Bäckerei Schmidtmeier wandte und dort „Männchen machte“. Die dortige Mitarbeiterin Fatima El Bouch hat schon viel gehört und gesehen. „Eine Arbeitskollegin hat vor Dienstbeginn um 5.30 Uhr ein ganzes Rudel am Stern über die Straße laufen sehen“, erzählt sie. Claudia Augustinowski im gegenüber liegenden Kodi-Markt erinnert sich, dass ihre Chefin Klaudia Spindel vor ein paar Wochen ebenfalls Rattenbesuch hatte. Nachdem die Schädlingsbekämpfer nicht sofort handelten, griff die engagierte Frau zur Selbsthilfe und entfernte das Tier höchstpersönlich.

Problemzone Alter Bahnhof

Cäcila Steinhauser vom Gesundheitsamt kennt das Problem und die Problemzone. Dort, am Alten Bahnhof, seien bereits Köder ausgelegt worden, sagt sie. „Es dauert, bis die Tiere von innen austrocknen und sterben.“ Bis dahin seien sie langsamer und werden sichtbarer.

„Heute stellt in dicht besiedelten Gebieten der Rattenbefall das größte Problem dar“, ist auf der Website der Stadt Bochum zu lesen. „Die Tiere sind sehr intelligent und stellen nur geringe Anforderungen an ihren Lebensraum. Allerdings benötigen sie einen Rückzugsbereich (Kanalisation, verlassene Gebäude, Müllhalden, unbenutzte Grundstücke) sowie Nahrung. Beides finden sie in der Nachbarschaft von Menschen.“ Wie am Alten Bahnhof.

Dutzende tote Ratten auf der Straße

Mitarbeiter des Kodi-Immobilienbesitzers Klaus Maiweg haben bereits Löcher und Rohre verschlossen, dichte Bodendeckerpflanzen entfernt – und das Gift hat auch schon Wirkung gezeigt: Am Leifacker lagen eines Tages ein Dutzend tote Ratten auf der Straße. Dies nicht gerade zur Erheiterung der Anwohner, die natürlich verunsichert sind.

Rattenproblem beschäftigt auch die lokale Politik

Die Fraktionen von SPD und Grünen haben das Rattenproblem im Bereich Alter Bahnhof/Ümminger Straße auf der Agenda. Auch sie haben in den letzten Wochen Klagen von Geschäftsleuten und Anwohnern gehört.

Gemeinsam stellten die Parteien in der jüngsten Bezirksvertretungssitzung einen Antrag an die Verwaltung mit der Aufforderung, Ursachenforschung zu betreiben und dem Gremium Lösungsvorschläge zu unterbreiten.

Janina Karas, die Leiterin des Pflegedienstes, hat ihr Büro seit 2011 im Kodi-Haus am Leifacker direkt neben den Mülltonnen, wo die Arbeiter in den letzten Tagen intensiv gegraben und planiert haben. „Schon damals habe ich von Ratten gehört.“ Es seien Fallen aufgestellt worden, von denen Anlieger im Gespräch mit Rolf Stephan (Café Cheese) gesagt haben sollen, dass die Ratten darauf getanzt haben. „Dann war aber eine Weile Ruhe“, erinnert sich Karas.

Ex-Dorfmeister André Lipinski hat die Nager auch schon an der Eislebener Straße gesehen. Jürgen Meinhardt und andere Anlieger aber sind sich sicher, dass die Brandruine des Zwischenfall Heimat und Brutstätte vieler Ratten sei. „Dort muss endlich etwas passieren.“ Leider – siehe Zweittext – scheint sich aber bei dieser Immobilie rein gar nichts zu bewegen.

Bauruine bleibt vorerst stehen 

Nach dem Abriss der Brandruine an der Ecke Ümminger Straße/Alte Bahnhofstraße war dort Großes geplant. Die IL Immobilienleasing GmbH aus Düsseldorf wollte dort eigentlich bauen: „In jedem Fall einen Mix aus Gewerbe und Wohnen, wobei im Erdgeschoss wieder eine Ladenzeile entstehen soll“, hatte Geschäftsführer Manfred Zabel zuletzt noch erläutert.

Im Grundbuch hatte es eine Eigentumsvormerkung mit Datum des 25. Februar 2013 gegeben, die allerdings längst gestrichen ist. „Wir haben im April 2013 einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides erhalten“, sagt Stadtsprecher Oliver Trappe: „Diesen mussten wir im Mai zurückgeben, da er unvollständig war. Es fehlten Unterlagen.“

Vom Gebäude geht keine Gefahr aus

Im Juni 2013 habe es noch Gespräche mit der Baufirma gegeben, danach jedoch keinen weiteren Kontakt. Im Februar dieses Jahres gab es zudem ein bauordnungsrechtliches Verfahren. In diesem wurde festgestellt, dass von dem Gebäude keine Gefahr ausginge. Die Nachbarn sehen das aber völlig anders.

IL Immobilienleasing ist derzeit nicht mehr erreichbar. Ihre Internetpräsenz ist gelöscht und die zuvor noch aktiven Rufnummern sind inzwischen nicht mehr vergeben. Langendreer muss also offenbar weiterhin mit der Ruine leben.