Werne/Langendreer. Seit einem Jahr verteilt die Stadtteil-Jury Geld für Bürger-Projekte in Werne und Langendreer. Um jeden Cent wird leidenschaftlich gerungen.
Zehn Anträge sind im Büro der Stadtteil-Manager eingegangen und für diskussionswürdig befunden worden. Zehn Tagesordnungspunkte also, die an diesem Abend von der Stadtteil-Jury abgearbeitet werden müssen. Das sieht nach einer langen Sitzung aus. Denn in der Runde der Ehrenamtlichen wird gerne und leidenschaftlich diskutiert, ehe eine Entscheidung getroffen. Darüber, ob die eingereichten Bürger-Projekte finanziell gefördert werden sollen.
Denn darum geht es bei diesem Instrument des Stadterneuerungs-Programms „Soziale Stadt“ für Werne und Langendreer/Alter Bahnhof (W-LAB): bürgerschaftliches Engagement fördern.
Und das auch von Bürgern selbst. Dafür wurde die Stadtteil-Jury gebildet. In ihr sitzen sieben per Zufallsgenerator aus der Einwohnermeldedatei gewählte Bürger, sechs Vertreter örtlicher Gruppen, Vereine und Verbände sowie Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche (SPD).
Um jeden Cent wird gerungen
13 Jury-Mitglieder treffen sich mehrmals im Jahr, um über die Anträge zu beraten. „Das ist wie eine Bezirksvertretung im Kleinen“, sagt Andrea Busche, die das Gremium „gut durchmischt“ findet. Und die es für sehr engagiert hält: „Die machen sich ihre Entscheidung nicht leicht. Es ist faszinierend mitzuerleben, wie hier um jeden Cent gerungen wird. Da werden sich auch um 200 Euro richtig Gedanken gemacht.“
Das kann Hubert W. Wagner nur bestätigen. „Ist ja keine Selbstbedienungsladen hier“, sagt er, einer der Bürger, die zufällig erkoren wurde, um mit über die 80 000 Euro zu bestimmen, die aus dem Verfügungsfonds für Bürger-Projekte pro Jahr zur Verfügung stehen. Viele der Ideen, über die er sich Gedanken macht, findet Wagner „toll und sinnvoll, einige lehne ich aber auch ab“. Die Arbeit in der Jury habe ihn verändert, sagt Wagner: „Sie hat in mir noch mehr Interesse geweckt für Stadtteilangelegenheiten.“
Das Geld sinnvoll einsetzen
Das Stadtteilleben „ist mein Herz“, sagt Britta Klever. So etwas wie den Stadterneuerungs-Prozess müsse man doch unterstützen. Findet auch Anja Wojtisiak: „Ich finde, es ist unsere Pflicht, Verantwortung zu übernehmen.“ Beide zählen ebenfalls zur „Bürger-Fraktion“ in der Jury und freuen sich, über ihre ehrenamtliche Tätigkeit auch ganz neue Seiten ihrer Heimat kennengelernt zu haben. „Auf dem alten Teil des Ümminger Friedhofs war ich noch nie“, nennt Anja Wojtisiak ein Beispiel.
Grünes Licht für 26 Bürger-Ideen
Auch Stadtteil-Managerin Helga Beckmann lobt die Jury: „Sie ist sehr kritisch und engagiert, etwa was Patenschaften für Projekte angeht.“
In den vergangenen zwölf Monaten wurden 19 Bürger-Projekte positiv beschieden, von den aktuell zehn gab es für sieben grünes Licht.
Diese lokale „Horizonterweiterung“ freut auch Kurt Mittag vom Ludwig-Steil-Haus-Verein. „Mittlerweile waren wohl auch alle aus der Jury mal bei uns im Bürgertreff“, hofft er, über die Jury-Kollegen auch neue Mitstreiter für sein großes Anliegen zu finden: die Vereine im Stadterneuerungs-Gebiet weiter zu vernetzen. Doch in erster Linie geht es natürlich darum, bürgerschaftlichen Ideen eine Finanzspritze zu setzen. „Und das ist eben nicht ganz locker zu sehen“, findet Peter Kracht, der in der Jury den Bereich „Kunst und Kultur“ abdeckt. „Wir müssen das Geld schon sinnvoll einsetzen.“ Sprach’s und setzt sich an der großen Konferenztisch. Denn jetzt geht sie los, die Sitzung mit den zehn Anträgen.