Bochum. Theater: Das ist auch jede Menge Handwerk. Das erfuhren 17 Leserinnen und Leser, die am Mittwoch zum Abschluss der Aktion „Die WAZ öffnet Pforten“ hinter die Kulissen des Bochumer Schauspielhauses blicken durften.

Sie ist krumm und dick. Einfach hässlich. Einfach unwiderstehlich. „Geben Sie mal her“, grinst Sylvia Sommerfeld und setzt sich den mächtigen Riechkolben auf. Die WAZ-Gruppe lacht: Die Plastiknase von Räuber Hotzenplotz sieht wahrhaft zum Schießen aus.

Exklusive Momente schaffen, Erlebnisse möglich machen, die sonst unmöglich sind: Für ihre Leser öffnete die WAZ in den Sommermonaten gemeinhin verschlossene Pforten. Die zwölfte und letzte Station führte am Mittwoch auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Willkommen im Schauspielhaus.

17 WAZ-Leser sind gespannt. Alle kennen Bochums berühmten Musentempel, sind hier mehr oder weniger häufig zu Gast. Hinter die Kulissen des Theaterbetriebes jedoch durfte noch niemand gucken.

Jeder zehnte Mitarbeiter ist Schauspieler

Beatrix Feldmann, Leiterin der Statisterie und gute Seele des Hauses, überrascht schon vor der Führung mit Zahlen, mit denen so niemand gerechnet hat. Gerade mal jeder zehnte der 350 Mitarbeiter ist Schauspieler (exakt sind’s 33). Weitere 50 sind dem künstlerischen Bereich zuzurechnen, etwa die Regisseure oder Bühnenbildner. Heißt: Drei Viertel der Belegschaft sorgt abseits der Scheinwerfer dafür, dass die Mimen und sonstigen kreativen Köpfe allabendlich vor Publikum glänzen können.

Wo und wie das geschieht, sehen, hören, riechen und fühlen die WAZ-Leser in den folgenden 90 Minuten. Im denkmalgeschützten Großen Haus (780 Plätze) mit dem großartigen Charme der Wirtschaftswunderzeit (Tulpenlampen!) bestaunen sie die Technik hinter der Bühne. Kopf in den Nacken: Die Galerien sind 22 Meter hoch. Links und rechts wird gesägt und gehämmert: Das Bühnenbild für die Spielzeit-Premiere von Tschechows „Onkel Wanda“ am 20. September ist schon fast fertig.

Eigene Werkstätten

Jeder Schauspieler bewältige pro Spielzeit sechs bis sieben Stücke, erzählt Beatrix Feldmann. Das Ensemble sei klein, auf Kante genäht. „Krankheit gibt’s nicht. Fieber zählt nicht.“ Ein Beruf aus Leidenschaft, der auch Leiden schafft.

„Die Unvernünftigen sterben nicht aus“, steht ab 21. September nebenan in den Kammerspielen (400 Plätze) auf dem Programm. Die Leser begutachten die Drehbühne, die eigens für das Handke-Stück installiert wurde. Die Aufbauten werden in der theatereigenen Schreinerei und Schlosserei erstellt. Eine Damen- und Herrenschneiderei, ein Malersaal mit zehn Theatermalern und ein Schuhmacher (den gibt’s nur an zwei weiteren Theatern) gewährleisten zudem, dass das Schauspielhaus quasi ein Selbstversorger ist.

Theater ist Handwerk

Theater, das ist auch und vor allem Handwerk. „Für fünf Schauspieler, die auf der Bühne stehen, arbeiten 30 Kollegen im Hintergrund“, rechnet Beatrix Feldmann vor, während im Malersaal auf Holzböcken die Fassaden und Treppen für das neue Musical „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ weiß bepinselt werden. „Kenn ich“, schmunzelt eine WAZ-Leserin – doppeldeutig.

Eindeutig ist der Spaß, den die WAZ-Gruppe zum Abschluss der Führung in der Maske hat. Perücken (alle selbst hergestellt, meist aus Echthaar), Theaterblut („Universal Effekt“), Schminke in Massen, Requisiten: Hier schlägt das Herz des Schauspielhauses.

An einem der Spiegel hängt die Nase von Räuber Hotzenplotz. Einfach unwiderstehlich...