Bochum. Die Dr.-C.-Otto-Straße verbindet Linden mit Essen, verläuft dabei mittig durch Dahlhausen. Die Veränderungen am Rande der Straße stehen symptomatisch für einen Stadtteil, der sich im Wandel befindet.
Wer vormals in die Dr.-C.-Otto-Straße einbog, hatte mit einer Besonderheit zu kämpfen. Alle 20 Minuten kam einem die Straßenbahn entgegen. Zumindest dann, wenn man von Linden aus in Richtung Dahlhausen fuhr (1). Inzwischen ist die „Geisterbahn“ Geschichte, das Teilstück bis zum Krüzweg zweispurig ausgebaut. Doch ist dies nicht die einzige Veränderung auf und an der Dr.-C.-Otto-Straße in den vergangenen Jahren. Und der Wandel hält an.
So entsteht nur ein paar Meter weiter auf dem Gelände des früheren Amtshauses gerade eine neue Kindertagesstätte (2). Daneben befindet sich eine Anlage mit
seniorengerechten Wohnungen. Die Vielschichtigkeit des Ortsteils Dahlhausen wird dort schon auf den ersten Blick sichtbar.
Mannigfaltigkeit auf engem Raum
Alexander Henke wohnt seit 1997 unweit der Dr.-C.-Otto-Straße. Er schätzt die Mannigfaltigkeit des Stadtteils zwischen Essen und Linden. Nicht nur Jung und Alt, sondern unterschiedliche Kulturkreise leben auf engstem Raum zusammen. „Dahlhausen stand vor Jahren mal auf der Kippe. Das soziale Umfeld wurde immer schwieriger. Durch den Zuzug junger Familien hat sich das Erscheinungsbild aber enorm verändert“, schildert der 28-Jährige.
Die Dr.-C.-Otto-Straße ist für ihn so etwas wie der „Broadway“ des Bochumer Südwestens, verläuft mittig durch Dahlhausen mit einer nördlichen und einer südlichen Seite. Noch vor dem Eintritt ins Zen-trum mit der verkehrsberuhigten Zone liegt oberhalb die evangelische Lutherkirche, unterhalb die St. Michael-Kirche, in der aber keine katholischen Messen mehr gelesen werden. Gruppen wie die Kolpingsfamilie halten zumindest im Ansatz das Gemeindeleben im früheren Pfarrheim aufrecht.
Nah am Wasser gebaut
Alexander Henke wohnt seit 1997 an der Silberbank, nur einen Steinwurf von der Dr.-C.-Otto-Straße entfernt. Und irgendwie befindet er sich dort in seinem Element. Der Bezug zur Ruhr in unmittelbarer Nähe ist dem Elektrotechniker, bei der Emschergenossenschaft im Bereich Wasserwirtschaft tätig, wichtig. Schätzt er in den Ruhrauen die Ruhe, die Natur, taucht er in seiner Freizeit auch gerne mal ab – bei und mit der Tauchsportgemeinschaft Biber Bochum. Dort ehrenamtlich als Geschäftsführer im Vorstand aktiv, steht für den 28-Jährigen die Unterwasserwelt im Fokus. Urlaube unternimmt er gerne in Regionen, in denen es unter dem Meeresspiegel viel zu entdecken gibt; in Kürze etwa in Griechenland. Mit den Bibern stehen im Alltag eher die heimischen Seen auf dem Programm, das Training findet zudem in den Bädern Hofstede bzw. Höntrop statt. Der „gebürtige“ Eppendorfer ist Anhänger der SG Wattenscheid 09, kommt allerdings nicht mehr all zu häufig dazu, sich die Spiele im Lohrheidestadion anzusehen. Neben Bibern und Lebensgefährtin braucht auch das Haus in Dahlhausen derzeit viel Aufmerksamkeit. Henke vergrößert das alte Zechenhaus, das er vor Jahren von seinen Eltern übernommen hat – und versucht, die meisten Arbeiten in Eigenregie zu tätigen. „Ein stressiger, aber auch schöner und nachhaltiger Kraftakt“, wie er selbst sagt. Gut, dass die Ruhrauen zur Entspannung fast vor seiner Tür liegen.
Zu Füßen von St. Michael steht das Haus der Studentenverbindung „Silesia“. Es beginnt das Geschäftsviertel Dahlhausens. „Das ist schon ein Vorteil: Einkaufsmöglichkeiten sind zu Fuß zu erreichen, die Straßenbahn hält hier genauso wie unterschiedliche Buslinien. Mit der S-Bahn ist man schnell in Essen“, sagt Henke. Wobei er mit dem Bahnhof am Otto-Wels-Platz ein leidiges Thema anspricht. „Der Bahnhof müsste doch auch außerhalb der eigentlichen Bestimmung wieder genutzt werden können. Früher fanden Lesungen und Konzerte statt. Das wären auch heute kulturelle Highlights, die Dahlhausen gut täten.“ Ein Stück weit das gesellschaftliche Leben auf dem Bahnhofsvorplatz bestimmen Feste: Vom Adventsmarkt bis zum interkulturellen Treff. Natursteine sollen dort künftig dafür sorgen, dass die Füße trocken bleiben. Der Umbau läuft.
Ebenso wie der Verkehr nun deutlich runder am Ortskern vorbei fließt. Zum Sattelgut entstand eine Spur für Linksabbieger, zwei Kreisverkehre entzerren die Situation zur Kassenberger bzw. Eiberger Straße (3). „Besonders die Kreisel sorgen für Entspannung“, findet Henke. Denn auch in Richtung Eisenbahnmuseum hat sich viel getan, nicht nur der Ruhrauenpark, beliebt bei jungen Familien, ist entstanden.
Zwischen Lidl und Willi-Geldmacher-Straße wuchs eine weitere Möglichkeit für seniorengerechtes Wohnen. Das Rosalie-Adler-Zen-trum feierte kürzlich 20-jähriges Bestehen, es folgen an der Dr.-C.-Otto-Straße weitere kleinere Betriebe (4) bis zum großen „Dr. Otto“-Werk.
Auf dem
Zubringer herrscht naturgemäß ordentlich Betrieb. Henke: „Mit dem neuen Landschaftspark wird der Verkehr wohl noch zunehmen.“
Das rund 3,7 Hektar große Gelände soll einmal den Bahnhof und das Eisenbahnmuseum über eine Promenade vernetzen, das Wohngebiet mit der Ruhraue verbinden. Vor allem fürs Eisenbahnmuseum – leicht abseits – ergibt sich der Vorteil. Es trägt die letzte große Hausnummer an der Dr.-C.-Otto-Straße, ist eine weit bekannte Marke. Vom Ex-Bahnbetriebswerk zum Museum, liefert auch diese Anlage ihren Beitrag zum Dahlhauser Wandel.
Unternehmer Carlos Otto gab Straßennamen
Die Straße ist, wie es in einer städtischen Mitteilung heißt, „nach einem Firmengründer/-inhaber mit örtlicher Bedeutung“ benannt.
Gemeint ist Dr. Carl(os) Otto, geb. 1938 in Mirando/Mexiko, gestorben 1897 in Ahnweiler. Am 1. August 1872 gründeten Otto, die Bergwerksbesitzer-Familie Werner Hiby, der Industrielle Louis Berger und der Hüttendirektor Franz Giesse die Firma Dr. C. Otto & Comp. in Dahlhausen bei Bochum.
Zweck der Gesellschaft war die „fabrikmäßige Herstellung und Verwertung von feuerfesten Produkten aller Art, die Fabrikation und Verwertung von Koks, sowie die Gewinnung und Verwertung sämtlicher Rohmaterialien und Zwischenprodukte dieser Fabrikationen.“
Ein Standortvorteil in Dahlhausen war die im Bau befindliche Ruhrtal-Bahn. Die Firma entwickelte sich zum weltweit führenden Unternehmen im Koksofenbau, da sie 1882 die Gewinnung der Kohlenwertstoffe (Teer, Ammoniak, Benzol und Gas), die bei der Verkokung anfallen, einführte.