Bochum. Nach einer folgenschweren Attacke eines American Stafforshires hat das Verwaltungsgericht zugunsten des Hundeshalters entschieden: Die Richter ließen den Hund, der zuvor vom Ordnungsamt sichergestellt worden war, frei. Die Stadt habe „rechtswidrig“ gehandelt.

Dreieinhalb Monate saß der American Staffordshire „Jack“ (3) im Tierheim. Das Ordnungsamt hatte ihn am 17. April nach einer folgenschweren Attacke auf einen kleineren Hund ohne Vorankündigung zu Hause „sichergestellt“ und ins Tierheim gebracht. Doch diese Aktion war „rechtswidrig“, wie das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen jetzt beschloss.

Jacks Herrchen, der Handwerker Rainer Behle aus Bochum-Laer, fuhr mit dem Gerichtsbeschluss vom vorigen Donnerstag sofort zum Tierheim. Auf der Rückfahrt saß der Rüde mit im Auto. Am Montag sagte Behle (49) rückblickend: „Ich hatte Schlafstörungen und schlechte Gedanken, weil ich Jack unheimlich vermisst habe. Ich hatte immer gedacht: Was macht er gerade? Geht es ihm gut, nicht gut? Das ist, als wenn einem ein Stück aus dem Leben herausgerissen wird.“

„Ein Grund, den Hund sicherzustellen, bestand nicht“

Am 16. April hatte Jack in der Nähe seiner Wohnung einen so genannten Shih Tzu attackiert - so schwer, dass dieser ein Auge verlor. Behle aber sieht den Vorfall keineswegs so schuldbeladen, wie es das Ordnungsamt tat und noch tut. Seinen Angaben zufolge hatte Jack damals mit Maulriemen und Leine in einem Transporter gehockt, mit dem er, Behle, nur ganz kurz etwas abladen wollte. Als er nach nur zwei Minuten der Abwesenheit zurück gekommen sei, sei der - nicht angeleinte - Shih Tsu einer Nachbarin auf den Wagen zugestürmt. Da sei Jack durchs Fahrerfenster herausgesprungen - die Leine war nicht fixiert - und habe den Nachbarshund mit seiner Kralle verletzt.

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Tags darauf standen ein Stadt-Mitarbeiter, drei Polizisten (angeblich mit Maschinenpistole) und zwei Tierheim-Mitarbeiterinnen bei Behle auf der Matte. Sie brachten Jack zwangsweise ins Tierheim. Dessen Herrchen war entsetzt und klagte gegen die Maßnahme. Sein Rechtsanwalt Tim Illner: „Ein Grund, den Hund sicherzustellen, bestand nicht. Der Hund ist keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.“ Nicht einmal bei der Sicherstellung von sechs fremden Personen in seiner eigenen Wohnung sei er aggressiv gewesen.

Jack soll zur Hundeschule

Die Verwaltungsrichter kreiden dem Ordnungsamt nun an, mit der unangekündigten Sicherstellung des Hundes, dessen Rasse in weiten Teilen der Bevölkerung als „Kampfhund“ bezeichnet wird, zu forsch vorgegangen zu sein. Sie hätten Behle quasi überrumpelt. Das Amt hätte Jack nicht sofort einkassieren, sondern Behle in einem normalem „Verwaltungsakt“ erst genug Zeit zur ausführlichen Stellungnahme einräumen müssen. Außerdem sei überhaupt keine akute Gefahr in Verzug gewesen.

Behle, der Jack vor zwei Jahren aus dem Tierheim erworben hatte, will jetzt die Hundeschule besuchen und auch einen Wesenstest mit dem Hund machen.