Bochum. . Nach einem furchtbaren Kletterunfall muss ein Bochumer für Schadensersatz sorgen. Er hatte seine Bekannte aus Bochum an einer Felswand an einem Seil gesichert, dann aber einen Fehler gemacht. Das Oberlandesgericht entschied, dass er umfassend für den Schaden haften muss.

Es ist der Alptraum eines jeden Klettersportlers: Man kämpft sich in große Höhe vor, hat aber noch keinen sicheren Stand - und dann lässt plötzlich und unerwartet das Sicherungsseil nach. Dieses Unglück ist am 2. Juni 2011 einer damals 39-jährigen Physiotherapeutin aus Bochum im Klettergarten am Isenberg an der Ruhr in Hattingen passiert, ein alter Steinbruch. Jetzt hat der Bochumer Rechtsanwalt Bastian Junghölter am Oberlandesgericht Hamm einen Rechtsstreit gewonnen, mit dem die Verunglückte einen sechsstelligen Schadenersatz erhalten könnte. Von einer Querschnittslähmung blieb sie zwar verschont, dennoch leidet sie bis heute körperlich wie psychisch unter den Folgen des Absturzes.

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Die Bochumerin war damals mit einem Bekannten unterwegs, mit dem sie schon öfter geklettert sein soll. Über ihnen zog sich eine blockartige Felswand fast senkrecht empor. Der Mann aus Bochum stand unten und sicherte mit einem Seil, während sie selbst sich am Fels hocharbeitete. Das Seil war ganz oben in der Wand in ein Umlenkgerät eingehängt und gleichzeitig in den Klettergurt der Frau eingebunden. Als sie oben angekommen war, löste ihr Bekannter aber fatalerweise die Seilbremse, ohne vorher - wie unter Kletterpartnern üblich - abzuwarten, dass die Frau ihm das Kommando „Stand“ zurief. Nun ungesichert, raste die Frau in die Tiefe und blieb mit schweren Knochenbrüchen und Organ-Quetschungen am Wandfuß liegen.

Unfallopfer bis heute in Therapie

Weil die Bergung im unwegsamen Geländes so schwierig war, rief die Feuerwehr zwei Helikopter zu Hilfe. Ein Bundeswehrhubschrauber zog die Schwerstverletzte mit einer Seilwinde aus dem Klettergarten. Ein Rettungshubschrauber flog sie ins Bochumer Bergmannsheil geflogen. Bis heute befindet sie sich in Therapie. Sie arbeitet zwar wieder in ihrem Beruf, aber eingeschränkt.

Anwalt Junghölter hat am Landgericht Bochum und nun auch am Berufungsgericht in Hamm durchgesetzt, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung, die bisher keinen Cent Schadensersatz gezahlt haben soll, umfassend haftbar ist. Begründung des 9. Zivilsenats: Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sich Sportler wie zum Beispiel bei Kampfspielen oder Wettkämpfen gewissen Verletzungsrisiken aussetzen und nur bei erheblichen Regelverstößen haftbar gemacht werden könnten. Beim gesicherten Klettern läge wohl eine andere Gefahrenlage vor, denn es bestehe „eine strikte Aufgabenverteilung, bei der sich der Kletternde auf das Klettern und der Sichernde auf die Sicherung des Kletternden konzentrieren könnten“. Außerdem sei die Kletterin ja auch hier wegen einer gewichtigen Regelverletzung gestürzt, und das begründe auch bei Sportarten mit erheblicher Verletzungsgefahr eine Haftung.

Nicht jeder darf dort klettern

Nachdem das OLG die Haftungsfrage grundsätzlich geklärt hat, will Junghölter nun einen sechsstelligen Betrag von der Versicherung einfordern. Sollte man sich nicht außergerichtlich einigen, wird er in Kürze beim Landgericht Bochum eine Klage einreichen.

Der Klettergarten am Isenberg wird vom Deutschen Alpenverein (DAV) betrieben, Sektion Essen. Wer im DAV nicht Mitglied ist, darf dort nicht klettern. Die Schwierigkeitsskala, die sich von eins bis zwölf bewegt, liegt dort bei fünf bis sechs. Für den einen ist das ein lockeres Training, für den anderen aber schon unüberwindbar.