Bochum. . Nach den Tumulten in einem Hörsaal der Ruhr-Uni Bochum ist eine heftige Debatte über den oder die Verursacher für die gewalttätige Eskalation entbrannt. Die Antifa und linke Gruppen sehen aufgrund von Video-Sequenzen den Hochschullehrer als Verantwortlichen. Der bleibt bei seiner Darstellung.

Vier Tage nach dem Tumult mit fünf leicht Verletzten in einer Jura-Vorlesung widersprechen sich die Darstellungen des Ablaufs mittlerweile deutlich. Während die Polizei weiter Zeugen befragt, um sich ein möglichst umfassendes Bild der Vorgänge im Ruhr-Uni-Hörsaal zu machen, kursiert im Internet ein Video, das belegen soll, dass die Eskalation während der Outing-Aktion eines bekannten Dortmunder Neonazis von Prof. Georg Borges ausgegangen sei.

Gegenüber unserer Redaktion äußerte sich einer der beteiligten Antifaschisten: „Ich kann nur sagen, wir wollten die Studenten darüber aufklären, mit wem sie da zusammen studieren. Wir wollten keine Gewalt anwenden, auch nicht gegen den Neonazi.“ Man habe sich auch nicht vermummt, sondern verkleidet, sei also nicht etwa aggressiv als „schwarzer Block“ aufgetreten. Sie hätten einen Redebeitrag über den Hintergrund des Dortmunder Neonazis, der sich ebenfalls im Hörsaal als Student aufhielt, halten wollen. Doch dies sei unterbrochen worden. Auch habe er keinerlei Schlagstöcke oder andere Waffen gesehen. Die ursprüngliche Absicht sei eine friedliche, aufklärende Aktion gewesen.

Darstellung der „RUB-Antifa“

In einer Darstellung der „RUB-Antifa“ dazu heißt es: „Direkt nach Betreten des Hörsaals wurde der Professor aggressiv und brüllte die beteiligten Personen an, den Raum zu verlassen. Nach kurzer Zeit begann er, Menschen, die einen Redebeitrag verlesen wollten, zu schubsen, um diese aus dem Raum zu drängen. Hierbei stieß er eine Person massiv gegen die Brust und schlug auf die mitgebrachte Kamera einer anderen Person ein. Daraufhin kam es zu einem Handgemenge.“

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Der Polizei sind diese und andere Videos und Fotografien bekannt. Zu der Frage, ob das besagte Video nun eine andere Lesart der Auseinandersetzung zulasse oder sogar nur eine Sicht der Dinge erlaube, hieß es: „Zum konkreten Ermittlungsstand machen wir keine Aussagen, das ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft.“ Generell gelte allerdings, dass Fotos oder Video-Sequenzen immer nur einen Ausschnitt des Gesamt-Geschehens vermittelten.

Debatte belastet Professor

Prof. Georg Borges bleibt gegenüber unserer Redaktion bei seiner Darstellung des Geschehens. Er kenne das Video und betont: „Der entscheidende Teil ist leider auf der Aufnahme nicht zu erkennen.“ Was er meint: Zu sehen ist, dass er plötzlich auf einen als Weihnachtsmann verkleideten Aktivisten losgeht. „Genau in dem Moment zuvor bin ich von dieser Person geschlagen worden, was auf dem Video jedoch verdeckt ist“, erläutert Borges. Ihn belaste die jetzige Debatte im Internet sehr.

Beunruhigt sei er aber insbesondere darüber, dass am Donnerstag plötzlich Flugblätter „Achtung Neonazi-Kader an der RUB“ mit dem Foto des Dortmunder Rechtsextremisten an der Türe seines Sekretariates in der Hochschule geklebt hätten. „Meine Sekretärin hat Angst.“ Er selbst habe zwar jetzt keine Angst, habe aber als Hochschullehrer durchaus einen Ruf zu verlieren.