Bochum. . Beim 32. WAZ-Nachtforum Medizin im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer standen Formen und Ursachen des Volksleidens „Schwindel“ im Fokus. Trotz vieler Ursachen sind und bleiben HNO-Ärzte wichtige Ansprechpartner.
Der Andrang war groß in der Cafeteria des Knappschaftskrankenhauses am Donnerstagabend. Mit dem Thema „Schwindel“ trafen die Ärzte und die WAZ-Redaktion ins Schwarze. 240 Besucher folgten den Vorträgen der Ärzte und konnten Fragen an die Experten richten. Prof. Dr. Uwe Schlegel, der den Abend fachlich leitete, wunderte das wohl kaum, weiß er doch: „Schwindel ist nach Schmerz der zweithäufigste Grund für einen Arztbesuch. Jeder vierte von uns erkrankt mindestens einmal an einer ausgeprägten Schwindelerkrankung“, sagte der Direktor der Neurologischen Klinik zu Beginn seines Vortrags über verschiedene Formen des Schwindels.
"Eine wunderbare Erkrankung"
Phobischer Schwankschwindel etwa sei durch einen schwankenden Gang gekennzeichnet und könne z.B. durch eine schlechte Hirndurchblutung ausgelöst werden, schilderte er. Dahingegen zeige sich Lagerungsschwindel, wenn die Position des Kopfes stark verändert würde, wie beim Aufstehen aus dem Bett, was dann zu Drehschwindelattacken führe. „Lagerungsschwindel ist neurologisch eine wunderbare Erkrankung, weil wir da gut helfen können“, sagte Schlegel.
Dr. Wenke Grönheit erläuterte, dass der häufig vorkommende Lagerungsschwindel von Otolithen ausgelöst werde. Diese kleinen Kristalle im Gleichgewichtsorgan werden abgesprengt und schwimmen in den Bogengängen des Innenohres herum, was zu Sinnesreizungen führen kann, die den Schwindel auslösen. Mit Lagerungsmanövern, bei denen der Patient sich „bewegen muss, auch wenn es unangenehm ist“, wie Grönheit betonte, würden die Kristalle ausgeschwemmt. Andere Formen des Schwindels könnten auch durch Krankengymnastik und Koordinationsübungen behandelt werden, damit der Körper sich anpasse, so die Mediziner. Sie betonten, dass die Mitarbeit der Patienten enorm wichtig sei.
„Grundsätzlich ist akuter Drehschwindel ein mehr als berechtigter Anlass, in die Notfallaufnahme zu kommen, weil auch eine ernsthafte Erkrankung wie Schlaganfall dahinter stecken kann“, sagte Grönheit. Wichtig sei ein ausführliches Patientengespräch, das Prof. Schlegel beim Nachtforum, gemeinsam mit einer Patientin, vorführte. Grönheit erläuterte eine wichtige Untersuchung, um die Schwindelform festzustellen: Die Mediziner beobachten während des Lagerungsmanövers die Bewegungen des Augapfels.
Hals-Nasen-Ohrenärzte sind erste Ansprechpartner
Die vielen möglichen Ursachen für Schwindel zeigten auch die Fragen der Zuhörer, die WAZ-Redaktionsleiter und Moderator Thomas Schmitt entgegennahm. Während der eine wissen wollte, ob Diabetes zu Schwindel führen kann, fragte der nächste, ob er von einer beschädigten Halswirbelsäule her rühren kann. Ersteres gelte als Faktor, zweites gehöre in den Bereich der „Mythen“, so Schlegel.
Um Licht in das Dickicht der Ursachen zu bringen, erläuterte Dr. Andreas Jähnert internistische Faktoren. Dazu gehören Herzerkrankungen, Gefäßverengungen, Blutarmut, Blutzuckerentgleisungen, Nervenstörungen durch Diabetes mellitus, Alkoholmissbrauch und viele Medikamente, die als Nebenwirkung zu Schwindel oder Benommenheit führen können.
Trotz zahlreicher Ursachen für Schwindelerscheinungen seien Hals-Nasen-Ohrenärzte erste Ansprechpartner, weil das Gleichgewichtsorgan im Ohr liege, sagte Schlegel, als eine Zuhörerin über ihre Odyssee von einem Arzt zum anderen berichtete. Intensiv mit Schwindelerkrankungen beschäftige sich das Schwindel-Zentrum in Essen und das Deutsche Schwindel- und Gleichgewichtszentrum in München. „Das Bundesgesundheitsministerium investiert Millionen, um Schwindel zu erforschen“, informierte Schlegel.
Jähnert empfahl die Broschüre „Schwindel“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Interessierte können sie im Internet (www.bmbf.de) runterladen.