Bochum. . Knuth Meyer-Soltau nennt sich Fananwalt. Der Bochumer Rechtsanwalt springt rund um Fußballspiele ein, wenn es Ärger mit der Polizei, dem Ordnungsdienst oder anderen gibt. „Die Polizei schießt oft über das Ziel hinaus und das ist nicht hinnehmbar“, sagt er.

Mit seiner schwarzen Stadionjacke ist Knuth Meyer-Soltau die Aufmerksamkeit bei den Spielen des VfL Bochum gewiss. „Fananwalt“ ist in großen weißen Buchstaben auf die Brust gedruckt, auf der Rückseite steht die Telefonnummer des Fananwalts. Knuth Meyer Soltau ist einer von nur wenigen Fananwälten in Deutschland.

Knuth Meyer-Soltau in Arbeitskleidung.
Knuth Meyer-Soltau in Arbeitskleidung. © Dietmar Wäsche / WAZ Fotopool

Seit 15 Jahren hat der Strafverteidiger eine Kanzlei in Bochum, seit 22 Jahren besucht der gebürtige Hamburger die Heimspiele des VfL. „Vor drei Jahren habe ich meinen Beruf einfach mit dem Hobby verknüpft“, erklärt der 48-Jährige beim Gespräch in der WAZ-Redaktion. Eng zusammen arbeitet der Rechtsanwalt mit dem Fanprojekt Bochum. „Unsere Zusammenarbeit ist prima, wir profitieren von ihm. Bei rechtlichen Fragen hilft Knuth Meyer-Soltau uns sofort, die Wege sind sehr kurz“, erklärt Thomas Fischer vom Fanprojekt.

In diesem Jahr hat Knuth Meyer-Soltau schon rund 50 Fußballfans juristisch vertreten, die meisten vom VfL Bochum, aber auch Fans aus Wuppertal und Frankfurt gehören mittlerweile zu seinen Mandanten. „Ich bin selbstverständlich nicht nur für Bochumer da“, sagt Meyer-Soltau und lacht.

In den meisten Fällen seien es Widerstände gegen Vollstreckungsbeamte oder Verstöße gegen das „Sprengstoffgesetz“ (Pyrotechnik), mit denen sich Meyer-Soltau juristisch befasst. Fast immer droht den Tätern ein mehrjähriges bundesweites Stadionverbot – die Höchststrafe für den Fußballfan. Gegen wen ein Stadionverbot verhängt wird, entscheidet am Ende der Verein selbst. Unabhängig von der Rechtsprechung übrigens.

Vorwürfe gegen die Polizei

„In fast allen Fällen ist so ein Stadionverbot aber nicht schuldangemessen“, findet Meyer-Soltau und nennt das Beispiel eines Verwaltungsmitarbeiters, der sich nur geschützt haben soll, als die Polizei-Hundertschaft in den Bochumer Fanblock eilte. „Durch Videomaterial haben wir das beweisen können“, berichtet Meyer-Soltau. Es folgte ein Freispruch. „Wäre der Mann verurteilt worden, hätte er nicht nur drei Jahre kein Stadion gesehen, er wäre sogar vorbestraft gewesen“, erklärt Meyer-Soltau. Dass es gewaltbereite Fans gibt, stellt der Rechtsanwalt nicht in Frage. „Die Polizei schießt aber oft über das Ziel hinaus und das ist nicht hinnehmbar“, meint der Bochumer Anwalt.

Anwalt beklagt „Datensammelwut“ 

Dies bei den Heim- und Auswärtsspielen zu erkennen und einzugreifen, sieht der Bochumer neben der Fan-Verteidigung als seine Hauptaufgabe an. Dass er sich dabei deutlich als Fananwalt zu erkennen gibt, notfalls sogar mit seinem Ausweis, könne durchaus hilfreich sein. „Mir hat noch niemand die Videokamera weggenommen. Das kann bei normalen Fans schon mal anders laufen“, versichert Meyer-Soltau.

Bei Festnahmen wird er ebenfalls tätig, der Bochumer mischt sich ein und versucht, Inhaftierungen zu verhindern.

Eine weitere Aufgabe besteht darin, die Datensammelflut der Polizei einzudämmen. Eine zeitaufwendige Aufgabe. Der Fananwalt spricht von „Datensammelwut.“ Meyer-Soltau: „Ich frage mich, warum ich mich beim Verlassen eines Zuges oder Busses abfilmen lassen muss.“ Ein Mandant habe sich am Hauptbahnhof in Kaiserslautern den VfL-Schal über die Nase gezogen, er sei dann wegen eines Verstoßes gegen das Vermummungsverbot angezeigt worden.

Polizist entschuldigte sich

Beim Auswärtsspiel in Osnabrück, es war vor drei Jahren Meyer-Soltaus erste Fahrt als Fananwalt, habe die Polizei die angereisten Bochumer „eingekesselt und bedrängt“, sodass es zu Körperkontakt gekommen sei. Der Fananwalt befürchtete eine Eskalation und sprach den Einsatzleiter an. „Ich habe ihn gefragt, ob die Polizei die Fans nicht kontrolliert zum Stadion begleiten kann. Es funktionierte dann glücklicherweise.“ In diesem Fall habe sich der Polizist sogar entschuldigt. Mit den Worten: „Das war unnötig, aber ich bin eben auch nur ein Mensch.“